Überhöhte Insulinrechnungen

US-Amazon-Apotheke PillPack muss fast 6 Millionen Dollar zahlen

München - 04.05.2022, 13:45 Uhr

PillPack gab Patienten regelmäßig mehr Insulinstifte als verschrieben. (c / Foto: Jaroslavs Filss / AdobeStock)

PillPack gab Patienten regelmäßig mehr Insulinstifte als verschrieben. (c / Foto: Jaroslavs Filss / AdobeStock)


Die Online-Apotheken-Tochter PillPack des Internetriesen Amazon muss rund 5,8 Millionen US-Dollar für überhöhte Insulinrechnungen an die US-Bundesregierung, 30 Bundesstaaten und den District of Columbia zahlen. Das Unternehmen will mittels eines Vergleichs Vorwürfe ausräumen, wonach es mehr Insulin-Injektionsstifte abgegeben habe, als die Patienten benötigten und damit zu viel Geld für staatliche Krankenversicherungsprogramme ausgegeben hat.

Wie aus einer Presseerklärung der Staatsanwaltschaft des südlichen Bezirks von New York hervorgeht, hat PillPack im Rahmen eines Vergleichs zugegeben, Patienten regelmäßig eine ganze Packung Insulinstifte gegeben zu haben. Dabei seien die von den staatlichen Gesundheitsprogrammen Medicare und Medicaid vorgeschriebenen Abgabemengen überschritten worden.

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Ein Sprecher von Amazon sagte zu dem Vorgang: „Wir haben unsere Praktiken zur Verteilung von Insulinpens 2019 proaktiv überprüft und geändert. Davor war es unter den Apotheken üblich, vorverpackte Insulinpens nicht zu öffnen, um sicherzustellen, dass die Kunden genügend lebensrettende Medikamente erhalten. Einige haben dabei möglicherweise mehr Insulinpens bekommen, als die ärztlichen Verschreibungen erlaubten oder sie benötigten.“ Der Sprecher führte weiter aus, dass diese Praxis keine Auswirkungen auf die Patientensicherheit gehabt habe. Zudem sei den Kunden nie mehr als die abgegebene Menge in Rechnung gestellt worden.

Dagegen stellte die US-Staatsanwaltschaft fest, dass die Apotheken die staatlichen Gesundheitsprogramme mit korrekten Informationen versorgen und die Verschwendung von Medikamenten verhindern müssten. PillPack habe dieses Vertrauen missbraucht.

Amazons starke Rolle im US-Gesundheitsmarkt

Amazon ist ein mächtiger Akteur auf dem US-Gesundheitsmarkt. Der Konzern betreibt Aktivitäten auf den Gebieten der virtuellen und persönlichen Pflege, der Versorgung mit medizinischen Produkten sowie in der Diagnostik und Pharmazie. Amazon hatte die Onlineapotheke PillPack im Jahr 2018 für 750 Millionen US-Dollar übernommen. Im November 2020 ging PillPack in die neugegründete Sparte Amazon Pharmacy ein.

Ende vergangenen Jahres waren die Amazon Pharmacy-Führungskräfte TJ Parker und Elliot Cohen, die auch zu den Mitbegründern von PillPack gehörten, zu Beratern des Unternehmens degradiert worden, wie das US-Medium Axios berichtete. Gleichzeitig übernahm Neil Lindsay, der ehemalige Leiter von Amazon Prime, die Leitung von Amazon Pharmacy.

US-Gesetz für erschwingliches Insulin in Vorbereitung

Unabhängig von dem PillPack-Vergleich stimmte das US-Repräsentantenhaus für einen Gesetzesentwurf, der die Insulinausgaben von Diabetikern begrenzen soll. Bislang müssen Diabetiker in den USA hunderte Dollar pro Monat für ihr Insulin ausgeben. 

Nach einem Bericht der Nachrichtenagentur AFP soll mit dem Gesetz verhindert werden, dass in den USA Menschen mit Diabetes aus finanziellen Gründen an dem für sie lebenswichtigen Insulin sparen. Damit das Gesetz in Kraft tritt, muss allerdings noch der Senat grünes Licht geben. Dafür müssten außer den Demokraten von US-Präsident Joe Biden auch zehn Republikaner zustimmen.

Der Entwurf sieht vor, dass private Krankenversicherungen die Preise für eine Monatsration Insulin auf maximal 35 Dollar (31,50 Euro) deckeln. Ein Teil der Diabetiker soll ab 2023 davon profitieren, ab 2024 soll die Regelung für alle gelten.

In den USA leiden 7,4 Millionen Erwachsene unter einem Diabetes, der Insulininjektionen nötig macht. Die Kosten dieser Behandlung sind in den Vereinigten Staaten laut einer 2020 im Auftrag der Regierung erstellten Studie achtmal höher als in anderen Industriestaaten. 

Untersuchungen zufolge mussten in der Vergangenheit mehr als ein Viertel der Typ-1-Diabetiker ihr Insulin aus Kostengründen rationieren. Aktivisten zufolge stieg dieser Anteil während der Coronapandemie auf bis zu 50 Prozent.



Thorsten Schüller, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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