Neuer Verein gegründet

So wollen die E-Rezept-Enthusiasten elektronische Verordnungen pushen

Berlin - 12.05.2022, 10:45 Uhr

Mit Enthusiasmus fürs E-Rezept: Christian Klose, Ralf König, Manuela-Andrea Pohl, Bernhard Calmer gehören zum Vorstand des neuen Vereins, der auch mit finanziellen Anreizen zum E-Rezept locken will. (v.l.). (s / Foto: e-rezept-enthusiasten)

Mit Enthusiasmus fürs E-Rezept: Christian Klose, Ralf König, Manuela-Andrea Pohl, Bernhard Calmer gehören zum Vorstand des neuen Vereins, der auch mit finanziellen Anreizen zum E-Rezept locken will. (v.l.). (s / Foto: e-rezept-enthusiasten)


Mehr E-Rezept wagen will jetzt ein neuer Verein: Die E-Rezept-Enthusiasten haben sich zusammengefunden, um bei der Einführung der elektronischen Verordnungen aufs Tempo zu drücken. Mit dabei sind der Apotheker und ehemalige Spahn-Berater Ralf König sowie Christian Klose, seinerzeit im BMG zuständig für die Digitalisierung. Auf der Liste der Mitglieder finden sich aber auch die Shop Apotheke, Zava und die Zur-Rose-Tochter eHealth-Tec.

Während die einen beim E-Rezept auf die Bremse steigen, wo immer es möglich ist, geht es anderen nicht schnell genug mit der Einführung. Am vergangenen Dienstag hat sich nun ein neuer Verein gegründet, dessen Ziel es ist, dem Start der elektronischen Verordnungen neuen Schwung zu verleihen: Die E-Rezept-Enthusiasten, deren erster Vorsitzender Apotheker Ralf König aus Nürnberg ist, glauben fest daran, dass das Konzept E-Rezept Leistungserbringer sowie Patientinnen und Patienten überzeugen wird – man müsse ihnen nur einen Anreiz bieten, sich damit auseinanderzusetzen.

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Wie König am gestrigen Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Berlin erläuterte, will der noch junge Verein zu diesem Zweck ein Förderprogramm aufsetzen, mit dem Praxen und Apotheken belohnt werden sollen, die es schaffen, innerhalb von maximal zwei Wochen 100 bis 200 E-Rezepte auszustellen beziehungsweise zu beliefern. Aktuell stellen demnach nur etwa zehn Praxen bundesweit regelmäßig E-Rezepte aus – einige andere hätten zwar schon wenigstens einmal davon Gebrauch gemacht, in die täglichen Abläufe seien die elektronischen Verordnungen aber zumeist noch nicht integriert. Für sie gelte es, den „Schmerzpunkt“ zu überwinden und nun anzufangen, ihren Patientinnen und Patienten regelmäßig E-Rezepte anzubieten.

Schmackhaft machen will man dies den Leistungserbringern mit einem finanziellen Anreiz. Wer die Kriterien erfüllt hat, kann sich König zufolge bei den E-Rezept-Enthusiasten melden und muss dann noch einen Fragebogen ausfüllen, welche Hindernisse sich bei der Nutzung gezeigt haben und wie die Patientinnen und Patienten auf die Rezeptumstellung reagiert haben. Die genauen Vorgaben werde der Verein voraussichtlich am kommenden Freitag festlegen.

Woher kommt das Geld?

In den Fördertopf einzahlen sollen übrigens nicht nur die Vereinsmitglieder: Aktuell bemühen sich die E-Rezept-Enthusiasten um einen Gemeinnützigkeitsstatus. Bekommen sie diesen zugesprochen, dürften sie auch Spenden von Dritten annehmen – König zufolge soll die Entscheidung darüber zeitnah fallen. Daher könne er aktuell auch noch keine Zahlen nennen, was die Höhe der Förderung angeht.

Initiatoren wollen Druck auf Politik und Software-Hersteller erhöhen

Bezüglich der Verteilung der Fördergelder sei aber weder eine regionale Ballung noch eine Konzentration auf einzelne Software-Hersteller gewünscht ist. Denn um den Erkenntnisgewinn zu optimieren, brauche es möglichst viele verschiedene Kombinationen von Praxis- und Apotheken-Programmen. Zudem hoffen die E-Rezept-Enthusiasten, dass mit ihrer Initiative nicht nur der Druck auf Politik und Selbstverwaltung steigt, das Projekt E-Rezept voranzutreiben, sondern im Idealfall durch eine erhöhte Nachfrage seitens der Ärzte- und Apothekerschaft auch auf die Software-Hersteller.

Evaluation geplant

Die neu gewonnen Erfahrungen mit dem E-Rezept will der Verein auch wissenschaftlich begleiten lassen, informieren die E-Rezept-Enthusiasten in einer Pressemitteilung. Demnach soll Professor Steffen Hamm, der an der Ostbayerische Technische Hochschule Amberg-Weiden Digital Healthcare Management lehrt und Mitglied des Vereins ist, das geplante Förderprogramm mit Fokus auf die beteiligten Leistungserbringer evaluieren. Parallel werde die Initiative Patients4Digital (P4D), die ebenfalls zu den E-Rezept-Enthusiasten zählt, eine breit angelegte Versichertenumfrage durchführen, um ein umfassendes Bild vom Status Quo der Einführung der elektronischen Verordnung in Deutschland zu zeichnen.

Kurz nach der Pressekonferenz wurde gestern bekannt, dass das E-Rezept wohl ab September zur Pflichtanwendung für die Apotheken werden soll – für Ärztinnen und Ärzte kommt der Pflichtstart stufenweise je nach Region. Aus Königs Sicht hätte das Timing kaum besser sein können, sagt er der DAZ. „Das bestätigt uns darin, dass wir für unsere Initiative den idealen Zeitpunkt erwischt haben. Wir wollen mithelfen, die flächendeckende Einführung des E-Rezepts bestmöglich vorzubereiten – dazu haben wir jetzt die Chance.“

Wer steckt hinter den E-Rezept-Enthusiasten?

Der Name Ralf König dürfte manchen Kolleginnen und Kollegen noch ein Begriff sein: Bis zum Jahreswechsel saß der Apotheker im Think Tank „Health Innovation Hub“ (hih), der Ex-Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens beriet. Doch wer ist noch mit an Bord bei den E-Rezept-Enthusiasten?

Zweiter Vorsitzender neben König ist der Nürnberger Hausarzt Nicolas Kahl. Die beiden kennen sich bestens aus dem Versorgungsalltag: Sie haben sich gemeinsam an das E-Rezept herangewagt und nutzen es inzwischen sogar bevorzugt, wie Kahl bei der Pressekonferenz berichtete. „Das, was Mühe macht, sind Muster-16-Verordnungen.“ Denn zum Beispiel bei Hilfsmitteln kommt das E-Rezept derzeit noch nicht zum Einsatz. Den Vorstand komplettieren Manuela-Andrea Pohl von der Noventi SE, Bernhard Calmer von der CompuGroup Medical und Christian Klose. Klose war unter Spahn im BMG für die Themen Gematik, Telematikinfrastruktur und E-Health zuständig und arbeitet jetzt für IBM, ist den E-Rezept-Enthusiasten aber ausdrücklich als Privatperson beigetreten.

Auch Shop Apotheke, Zava und eHealth-Tec sind dabei

Mit im Boot sitzen aber auch Unternehmen, denen viele Apothekerinnen und Apotheker skeptisch gegenüberstehen, etwa der niederländische Arzneimittelversender Shop Apotheke und der Telemedizinanbieter Zava. Auch die Zur-Rose-Tochter eHealth-Tec, die den E-Rezept-Fachdienst mit entwickelt, ist dabei. Die Gematik hatte diesen Auftrag vor etwa eineinhalb Jahren an IBM vergeben, das Unternehmen arbeitet dabei aber unter anderem mit der DocMorris-Schwester zusammen. Die Nachricht kam seinerzeit in der Apothekerschaft und auch bei einzelnen Politiker:innen gar nicht gut an.

Unter den Mitgliedern finden sich darüber hinaus die easyApotheke Holding AG, der Apotheken-Softwarehersteller Pharmatechnik, die Plattform-Initiative gesund.de, der Wort&Bild-Verlag und der Arztsoftware-Hersteller medatixx. Auch die D-Trust – Bundesdruckerei ist dabei, ebenso wie die Software-Schmieden eHealth Experts und Vemedy, Professor Steffen Hamm, die Unternehmensberatung Konzept A, die Patienteninitiative Patients4Digital und der Leiter des Bereichs Digitale Transformation der Unabhängigen Patientenberatung, Marcel Weigand, allerdings ebenfalls als Privatperson.



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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