Start-Up Apocourier wirbt mit rechtssicherer Lösung

„Verfolgen einen anderen Ansatz als andere Quick-Commerce-Anbieter“

Stuttgart - 13.05.2022, 07:00 Uhr

(Screenshot: apocourier.de)

(Screenshot: apocourier.de)


Mit Apocourier aus Gerlingen bei Stuttgart drängt ein weiterer Anbieter in das Geschäft der Arzneimittelbelieferung. Die Firma versteht sich als Bindeglied zwischen Apotheken und Lieferdiensten und legt mit einer eigens entwickelten Transportbox Wert auf Rechtssicherheit bei den Auslieferungen. Gründer und Vorstandschef Oliver Bordt erläutert im Gespräch mit der DAZ die Idee hinter dem Unternehmen und seine Pläne. 

DAZ: Wie entstand die Idee zur Gründung des Unternehmens? 

Oliver Bordt: Als langjährig in der Digitalbranche Tätige, hatten meine Geschäftspartnerin Katrin Hopf und ich die Idee aus einer Alltagssituation heraus. Ich stand während der Pandemie in einer Apotheke, und das benötigte Medikament war nicht vorrätig. Einen Botendienst hatte die Apotheke nicht. 

Apocourier-Gründer Oliver Bordt 

Vor der Apotheke sah ich jedoch das Fahrzeug eines Lieferdienstes. Ich fragte den Apotheker, warum er diesen nicht nutze, und er antwortete, das sei apothekenrechtlich nicht möglich, weil eine Apotheke sicherstellen müsse, die Hoheit über die Auslieferung zu haben. Das sei mit einem externen Lieferdienst aber nicht machbar. So entstand die Idee, dass es auch für Medikamente rechtlich sicher sein müsse, eine schnelle, zeitlich flexible und zuverlässige Belieferung des Kunden durch die Apotheke zu gewährleisten.

Unser Ansatz war deshalb, den Apotheken die Möglichkeit zu geben, mit herkömmlichen Lieferdiensten zusammenzuarbeiten, ohne die Hoheit über die Auslieferung zu verlieren, sämtlichen pharmazeutischen Beratungsverpflichtungen gerecht zu werden und die pharmazeutische Qualität der Vor-Ort-Apotheke an die Haustür zu bringen. So entstand die Idee der gesicherten und jederzeit durch den Apotheker steuerbaren Auslieferung über unser Apocourier-System.

Wir verstehen uns als B2B-Lösung für Vor-Ort-Apotheken und verfolgen einen anderen Ansatz als bisherige Quick-Commerce-Anbieter im Bereich Arzneimittel. Wir lassen Kundenbeziehungen dort, wo sie hingehören – in der Apotheke. Unser Fokus liegt darin, ein Bindeglied zwischen den Apotheken und gewöhnlichen Lieferdiensten zu schaffen. Insofern unterscheiden wir uns fundamental von anderen Anbietern im Markt.

Investor Peter Menk

DAZ: Wann wurde Ihr Unternehmen gegründet? Wer sind die Gründer, wer die Eigentümer?

Bordt: Nach den Erfahrungen und Schlüsselerlebnissen haben wir uns unmittelbar an die Konzeption gemacht. Mit Katrin Hopf habe ich Mitte 2020 die richtige Partnerin für unser Projekt gefunden. Katrin hat die langjährige Erfahrung ihres Familienunternehmens Hopf Kunststofftechnik GmbH mit eingebracht. Gegründet haben wir die Apocourier GmbH dann Anfang 2021.

Mit Peter Menk haben wir jetzt als Angel-Investor einen ersten weiteren Gesellschafter, der uns mit seiner Erfahrung und seiner Marktkenntnis bei der Weiterentwicklung und dem Roll-Out unterstützt.

DAZ: In welchen Städten sind Sie aktiv, in welchen Regionen planen Sie den Markteintritt?

Bordt: Wir haben eine intensive und erfolgreiche technische Entwicklungstestphase hinter uns und freuen uns sehr, dass unser System jetzt in den ersten Städten – Hamburg, Stuttgart, Berlin und Nürnberg – in der Pilotphase aktiv ist und von Vor-Ort-Apotheken eingesetzt bzw. getestet wird.

„Apocourier bietet selbst keine Transport- oder Kurierleistungen an“

DAZ: Mit wie viel Apotheken arbeiten Sie derzeit zusammen? Was ist Ihre Zielgröße?

Bordt: Wir arbeiten derzeit noch mit einer überschaubaren Anzahl von Apotheken im zweistelligen Bereich zusammen, mit der Zielsetzung möglichst viel zu testen. Uns ist wichtig, dass das System vor dem Roll-Out reibungslos funktioniert und einfach mit den Warenwirtschaftsystemen der Apotheken verknüpft werden kann. An den entsprechenden Schnittstellen arbeiten wir aktuell mit Hochdruck.

Der Fokus von Apocourier liegt auf dem Transport verschreibungspflichtiger Arzneimittel. Hier gelten besondere qualitative Anforderungen. Deshalb haben wir großen Wert auf belastbare Testläufe und das Feedback von erfahrenen Apothekern Wert gelegt, welche die Produktentwicklung intensiv begleiten.

Unsere Zielgruppe sind alle Apotheken, die ihre Kunden im Wege des Botendienstes oder im Wege des Versandhandels ohne Kompromisse bei der pharmazeutischen Qualität mit Arzneimitteln beliefern möchten.

Während andere Konzepte darauf setzen, dass Apotheker mitmachen, damit es der Nachbar nicht tun kann, macht unser Konzept dann Sinn, wenn sich möglichst alle benachbarten Apotheken den Aufwand für den Botendienst teilen.

Haben Sie eigene Kuriere oder arbeiten Sie mit Fremdfirmen zusammen?

Bordt: Apocourier bietet selbst keine Transport- oder Kurierleistungen an. Unser System ermöglicht Apotheken aber den Rückgriff auf bestehende Kurierdienste oder Last-Mile-Netzwerke. Wir bringen Vor-Ort-Apotheken und Kurier- sowie Last-Mile-Netzwerke und Lieferdienste zusammen.

Unser Apocourier-System ist auf Ebene der Boten beziehungsweise Kuriere offen. Die Vor-Ort-Apotheken können unser System mit eigenen Boten oder den Boten anderer Apotheken nutzen. Zudem kann sich grundsätzlich jeder Bote bzw. Lieferdienst in der App anmelden und nach Freigabe durch den Apotheker Lieferungen ausführen. Damit wollen wir den Vor-Ort-Apotheken einen Zugriff auf einen sehr großen Pool an qualifizierten Boten ermöglichen. Natürlich arbeiten wir bereits daran, den Apotheken entsprechende Angebote von und mit externen Lieferdiensten anzubieten.

„Die bisherige Entwicklung haben wir als Gesellschafter selbst finanziert“

DAZ: Wie sehen ihre Pläne für 2022 aus?

Bordt: Im Jahr 2022 geht es für uns darum, starke Partnerschaften zu formen. Wir wollen uns als Partner der Vor-Ort-Apotheken, der Apothekenkooperationen und der Apothekenplattformen präsentieren und platzieren und so eine Skalierung unseres Geschäftsmodells erreichen. Hierzu streben wir auch Partnerschaften mit Anbietern von Warenwirtschaftssystemen und hochqualifizierten Kurier- und Lieferdiensten an. Kurz: Wir werden Apocourier als den Systembetreiber im Bereich der Last-Mile-Arzneimittellogistik platzieren, der für höchste pharmazeutische Qualität und größtmögliche Flexibilität steht.

DAZ: Wie finanzieren Sie sich?

Bordt: Unsere bisherige Entwicklung haben wir als Gesellschafter selbst finanziert. In diesen Tagen ist Peter Menk als strategischer Investor dem Unternehmen beigetreten. Er begleitet uns bereits bei weiteren spannenden Gesprächen, über die wir zu gegebener Zeit informieren werden.

DAZ: Erheben sie Liefergebühren von den Kunden?

Bordt: Nein, wir stellen den unabhängigen Apothekerinnen und Apothekern ein System zur Verfügung, mit dem Medikamente ausgeliefert werden können. Ob für den Endkunden eine Gebühr anfällt, bleibt der konkreten Apotheke überlassen.

Platz für einen weiteren Kurierdienst?

DAZ: Müssen auf der anderen Seite die Apotheken für die Zusammenarbeit mit ihnen bezahlen?

Bordt: Apocourier erarbeitet aktuell zusammen mit Apothekern ein Vergütungssystem. Dieses wird nicht am Umsatz des Arzneimittels, sondern an der Bereitstellung des Systems anknüpfen.

Zudem schaffen wir mit unserem System einen finanziellen Mehrwert für die Vor-Ort-Apotheken. Die gesetzliche Vergütung für Botendienste in Höhe von 2,50 Euro erhalten nur Apotheken, welche die Vorgaben des § 17 Abs. 2 ApBetrO umsetzen. Beim Einsatz externer Boten ist insoweit erforderlich, dass eine durchgehende Weisungshoheit zwischen Bote und Apotheke gewährleistet wird – von der Apotheke bis zur Haustür des Kunden. Dies gewährleistet im Markt aktuell nur unser System. Deshalb schaffen wir Abrechnungssicherheit für die Apotheken.

DAZ: Welchen Umsatz und welches Ergebnis streben Sie an?

Bordt: Aktuell geht es uns primär um die Etablierung unseres Systems im Markt, um den Aufbau von Kundenbeziehungen und Partnerschaften. Natürlich setzen wir auf Wachstum – aber nachhaltig und bedarfsorientiert. Wir möchten uns am Ende durchsetzen.

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DAZ: Es gibt bereits mehrere andere Arzneimittel-Kurierdienste. Sehen sie Platz für einen weiteren?

Bordt: Wir unterscheiden uns von Arzneimittel-Kurierdiensten dadurch, dass wir selbst keiner sind. Apocourier hat mit der Apocourier-Box und -App ein System entwickelt, mit der die Vor-Ort-Apotheken rechtssicher auf bestehende Last-Mile-Logistik Netzwerke zurückgreifen können. So können die Apotheken von neuen Quick-Commerce-Lösungen profitieren, ohne den eigenen Kundestamm an Lieferdienste zu verlieren. Die für die Apotheke wichtige Kundenbindung bleibt erhalten. Daher unterscheidet sich Apocourier grundlegend von den aktuell in die Diskussion geratenen Arzneimittel-Kurierdiensten, deren Ziel es ist, sich selber als Portal für den Bezug von Medikamenten zu etablieren.

Sie betonen die Rechtssicherheit Ihres Geschäftsmodells. Impliziert dies, dass andere Lieferdienste nicht oder weniger rechtssicher unterwegs sind?

Bordt: Ja, so beurteilen wir das. Im Bereich des pharmazeutischen Botendienstes, gem. § 17 Abs. 2 ApBetrO, ist unser System das einzige System am Markt, welches sämtliche Qualitätsanforderungen lückenlos und zuverlässig umsetzt und gewährleistet. Nur der Einsatz des Apocourier-Systems ermöglicht einen rechtssicheren Einsatz externer Boten durch Gewährleistung einer durchgehenden Weisungshoheit.

Zudem steht unser System – anders als Kurierdienste und Plattformen – in keinem Konflikt zum apothekenrechtlichen Zuweisungs- und Makelverbot gemäß § 11 ApoG. Mit uns bewegen sie sich apothekenrechtlich nicht in der Grauzone, sondern auf gesichertem Terrain.



Thorsten Schüller, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

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von Anita Peter am 13.05.2022 um 8:16 Uhr

Also neben den Kurierdienst fallen dann auch noch Kosten für das Bindeglied zum Kurierdienst an. Haben sich diese Leute eigentlich informiert, was die Apotheke an einer Packung RX oder einem Nasenspray verdient?

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: .

von Sabine am 13.05.2022 um 15:09 Uhr

Glaube das wissen sie schon, aber das ist denen doch egal. Hauptsache es gibt genug Doofe, die mitmachen.

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