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Bundessozialgericht
DocMorris-Flyer in DAK-Mitgliedermagazin war rechtswidrig
Verstoß gegen die Neutralitätspflicht
Die schriftlichen Urteilsgründe liegen noch nicht vor. Doch wie das Gericht in seinem Terminbericht ausführt, konnten sich die Kläger von Beginn an auf das vertragliche Beeinflussungsverbot stützen – und nunmehr auch auf die 2020 eingefügte entsprechende Regelung im Sozialgesetzbuch V. Das beanstandete Verhalten sei eine rechtswidrige Beeinflussung im Sinne dieser Regelungen.
Deren Sinn und Zweck sei zum einen, das Recht der Versicherten auf freie Apothekenwahl zu sichern (§ 31 Abs. 1 Satz 5 SGB V). Doch es gehe auch um die Neutralitätspflicht der Krankenkassen im Apothekenwettbewerb – diese sei dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung seit jeher immanent, betont das Bundessozialgericht. Davon ausgehend liege eine rechtswidrige Beeinflussung nicht erst dann vor, wenn eine Krankenkasse selbst und gezielt ihre Versicherten auf eine bestimmte Apotheke hinweise, damit diese dort Rezepte einlösen. Es genüge bereits, wenn sie ihrer Mitgliederzeitschrift eine Werbebeigabe wie die von DocMorris beifüge, die auf eine Einlösung von Rezepten abziele. Dies gehe zulasten aller weiteren Apotheken und sei ein Verstoß gegen die Neutralitätspflicht. Dass auch alle diese anderen Apotheken in dieser Weise in der Mitgliederzeitschrift werben könnten, sei ausgeschlossen, so das Gericht. „Das macht deutlich, dass von der Krankenkasse mit der Beifügung der Werbebeilage eine Auswahlentscheidung getroffen worden ist, die zudem in ihrem wirtschaftlichen Eigeninteresse liegt“.
Distanzierung im Impressum nutzt der DAK nicht
Die Kasse habe sich auch nicht dadurch freizeichnen können, dass sie sich im Impressum erklärte, die in der Zeitschrift enthaltene Werbung diene zur Refinanzierung der Zeitschrift und stelle keine Empfehlung dar. Denn das nehme der rechtswidrigen beeinflussenden Wirkung der Werbung auf die DAK-Versicherten zugunsten von DocMorris nichts. Maßgeblich für die Bewertung einer solchen Werbebeilage als Beeinflussung von Versicherten sei nämlich nicht, wie diese als Verbraucher und mündige Leser die Werbung verstehen. Entscheidend sei, wozu die Kasse rechtlich gegenüber den Klägern verpflichtet ist. Die Bewertungsmaßstäbe folgten dabei nicht aus dem zivilrechtlichen Lauterkeitsrecht, sondern aus dem öffentlich-rechtlich geordneten Leistungserbringungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung.
Letztlich stellt das Gericht noch fest: Weil die DAK bis zum Schluss ihre Werbebeilage verteidigt hat, steht den Klägern der zukunftsgerichtete Anspruch auf Unterlassung zur Abwehr künftiger Rechtsverletzungen zu.
Für Graue zeigt das heute ergangene Urteil: „Es ergibt immer Sinn, gegen Krankenkassen vorzugehen, die gegen Vertragsrecht verstoßen – auch wenn der Prozess lange dauern kann“.
Bundessozialgericht, Urteil vom 1. Juni 2022, Az.: B 3 KR 5/21 R
1 Kommentar
Doc-Mo Flyer
von Dr. Radman am 01.06.2022 um 17:46 Uhr
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