Die wichtigsten Fragen und Antworten

Risikoerfassung hoher Blutdruck – was Apotheker wissen müssen

Stuttgart - 22.06.2022, 17:50 Uhr

Apotheken dürfen für die „Standardisierte Risikoerfassung hoher Blutdruck“ 11,20 Euro abrechnen. (c / Foto: Andrei Tsalko / Adobe Stock)

Apotheken dürfen für die „Standardisierte Risikoerfassung hoher Blutdruck“ 11,20 Euro abrechnen. (c / Foto: Andrei Tsalko / Adobe Stock)


Endlich ist bekannt, welche vergüteten Dienstleistungen Apotheker:innen erbringen können. Eine der beiden einfachen ist die „Standardisierte Risikoerfassung hoher Blutdruck“. Was steckt eigentlich dahinter? Wer darf sie durchführen und welche Patienten haben Anspruch? Hier die wichtigsten Fragen und Antworten.

Die standardisierte Risikoerfassung bei Bluthochdruck“ ist eine der beiden einfachen Dienstleistungen, das heißt jede Apotheke sollte fachlich in der Lage sein, sie sofort zu erbringen. Und nein, es geht dabei nicht nur um Blutdruckmessen, wie es in der Apotheke bisher schon getan wurde, sondern es steckt noch ein bisschen mehr dahinter. Patient:innen erhalten vielmehr ein Angebot, den Erfolg ihrer medikamentösen Blutdruckeinstellung standardisiert in der Apotheke kontrollieren zu lassen – so ist es auf der ABDA-Webseite zu lesen. Denn: Werden bei der Blutdruckmessung in der Apotheke auffällig erhöhte Blutdruckwerte gemessen, soll die Apotheke die Patient:innen an die betreuende Ärztin oder den betreuenden Arzt verweisen.

Ziel sei eine frühzeitige Anpassung bzw. Intensivierung einer antihypertensiven Therapie bzw. eine Förderung der Therapietreue (Adhärenz). Langfristig sollen vor allem blutdruckbedingte Endorganschäden wie Schlaganfall, Myokardinfarkt, Herzinsuffizienz oder Nierenfunktionsstörungen vermieden werden, heißt es.

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Die wichtigsten Punkte, wie die Apotheke vorzugehen hat und was zu beachten ist, haben wir im Folgenden zusammengestellt.

Worin besteht die Dienstleistung?

  • Dreimalige standardisierte Blutdruckmessung bei Patient:innen mit bereits diagnostiziertem Bluthochdruck unter Verwendung der Standardarbeitsanweisung (SOP) nach BAK „Blutdruckmessung in der Apotheke“: 5-minütige Ruhephase vor Beginn der Messung (Zeit kann genutzt werden, um den Informationsbogen auszufüllen), drei aufeinanderfolgende Messungen mit einem Zeitabstand von mindestens 1 bis 2 Minuten.
    (abda.de > Leitlinien und Arbeitshilfen > Blutdruckmessung > Arbeitshilfe: SOP Blutdruckmessung in der Apotheke)
  • Der „Informationsbogen Blutdruck (bei bestehendem Bluthochdruck), der als elektronisch ausfüllbares PDF und als Druckversion verfügbar ist, gibt Interpretation, Ableitung, entsprechender Maßnahmen und Dokumentation der gemessenen Werte vor – aus der zweiten und dritten Messung wird zunächst ein Mittelwert gebildet, in Abhängigkeit davon erhalten Patient:innen eine konkrete Empfehlung zu Maßnahmen. Werden bestimmte Grenzwerte überschritten, wird eine zeitnahe ärztliche Abklärung empfohlen.
  • Die BAK stellt ein Fließschema zur Verfügung, das den Ablauf abbildet (abda.de > Standardisierte Risikoerfassung hoher Blutdruck > Arbeitsmaterialien > Prozessbeschreibung).

Wie erfolgt die Bewertung?

Der Mittelwert aus zweiter und dritter Messung wird in ein Ampelschema eingeordnet, das der gemeinsamen Leitlinie der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) und der Europäischen Gesellschaft für Hypertonie (ESH) entlehnt ist. Bei der Einstufung in Risikokategorien (grün, gelb, rot), von der sich dann die empfohlenen Maßnahmen ableiten, spielt neben den gemessenen Werten auch das Alter eine Rolle. Wenn diastolischer und systolischer Wert in verschiedene Kategorien fallen, soll die höhere gewählt werden. Werte über 180/110 sollten nicht eingestuft werden, da sie einen Notfall darstellen können. Betroffene sollen sich umgehend ärztlich untersuchen lassen.

Patient:innen im roten Bereich sollten zeitnah einen Arzttermin vereinbaren.

Wird bei Verwendung eines entsprechenden Geräts auf bislang unbekannte Arrhythmien hingewiesen, sollte das dokumentiert und den Patient:innen geraten werden, sich innerhalb von vier Wochen in der Arztpraxis vorzustellen.

Anspruch und Qualifikation

Was passiert mit dem ausgefüllten Informationsbogen?

Das Original wird der/dem Versicherten mitgegeben. Eine Kopie wird gemeinsam neben der unterschriebenen Vereinbarung und der Quittierung der Dienstleistung in der Apotheke aufbewahrt.

Wer hat Anspruch darauf?

Patient:innen mit nach Selbstauskunft diagnostiziertem Bluthochdruck und Verordnung eines Antihypertensivums mit folgendem ATC- Code:

  • C02 (Clonidin, Moxinidin, Doxazosin)
  • C03 (Diuretika)
  • C07 (Betablocker)
  • C08 (Claciumkanalblocker)
  • C09: (ACE-Hemmer, Sartane)

Die Therapie muss vor mindestens zwei Wochen begonnen sein.

Die letzte abgerechnete Blutdruckmessung in der Apotheke muss mindestens 12 Monate zurückliegen; Ausnahme: bei Umstellung der antihypertensiven Therapie besteht erneut ein Anspruch mindestens zwei Wochen nach Einlösen der Verordnung über die neuen Arzneimittel

Wer kann die Dienstleitung erbringen?

Pharmazeutisches Personal ist zur Durchführung berechtigt, es bedarf keiner Zusatzqualifikation.

Was gibt es für organisatorische Voraussetzungen?

Die BAK empfiehlt die Messung und die anschließende Beratung in einem geeigneten Raum beziehungsweise einem abgeschirmten Bereich, der eine vertrauliche Beratung ermöglicht.

Es wird zudem empfohlen, Verantwortlichkeiten und Arbeitsabläufe im Apothekenteam festzulegen, dazu gehört beispielsweise die Ansprache bei der Rezepteinlösung.

Als Zeitbedarf werden 15 Minuten veranschlagt, es empfiehlt sich daher bei Terminvergabe Stoßzeiten zu vermeiden.

Folgende Materialien werden benötigt:  Validiertes Blutdruckmessgerät (Empfehlung: vollautomatisierte Dreifachmessung), Maßband, geeignete Manschetten für unterschiedliche Oberarm- und Handgelenksgrößen, gegebenenfalls Taschenrechner

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Müssen die Patient:innen etwas unterschreiben?

Wie bei den anderen Dienstleistungen muss auch hier eine schriftliche Vereinbarung zwischen Patient:innen und Apotheke geschlossen werden.

Diese enthält unter anderem eine

  • Beschreibung der Inhalte
  • und die Voraussetzungen

Der/die Patient:in unterschreibt vorab, dass er/sie die Voraussetzungen erfüllt und quittiert im Nachgang, die Dienstleistung erhalten zu haben. Die unterschriebene Vereinbarung bleibt in der Apotheke, der/die Patient:in erhält eine Kopie.

Patient:innen binden sich bezüglich der vereinbarten Dienstleistung an die jeweilige Apotheke. Erhalten sie die gleiche Dienstleistung nach einem Jahr oder bei Umstellung der Medikation erneut, braucht es keine neue Vereinbarung. Es reicht eine weitere Quittierung des Erhalts und die Bestätigung der Anspruchsvoraussetzungen. Die Dokumente sind zusammen aufzubewahren.

Von der Vereinbarung gibt es jeweils eine Lang- und eine patientenverständlichere Kurzfassung. Letztere ist auf wesentliche Inhalte beschränkt. Wird die kurze Version verwendet, soll in die Fußzeile ein Hinweis, wo die ausführliche Vereinbarung zu finden ist, zum Beispiel ausgelegt in der Apotheke oder auf der apothekeneigenen Homepage.

Die beiden Vereinbarungen finden Sie unter abda.de > Pharmazeutische Dienstleistungen > Standardisierte Risikoerfassung hoher Blutdruck > Vereinbarung über die Dienstleistung 
 > Kurzfassung der Vereinbarung zwischen Apotheke und Versicherten
 > Langfassung der Vereinbarung zwischen Apotheke und Versicherten

Muss zusätzlich noch eine Einwilligungserklärung zum Datenschutz unterschrieben werden?

Nein, das ist nicht notwendig.

Patientenansprache und Honorar

Wie kann man die Patient:innen informieren?

Das Personal kann geeignete Patient:innen ansprechen. Die BAK empfiehlt einen Hinweis in der Software zu programmieren bei Abgabe von Antihypertensiva. Das Erbringen der Dienstleistung sollte im Kundenprofil gespeichert werden. Wichtig ist allerdings, erst zwei Wochen nach Beginn der Therapie beziehungsweise nach der Umstellung zu messen. Das muss bei der Terminvereinbarung berücksichtigt werden. Wird die Medikation schon länger unverändert eingenommen und hat der/die Patient:in innerhalb der letzten zwölf Monate die Dienstleistung nicht in Anspruch genommen, kann die Apotheke theoretisch sofort loslegen.

Wie viel Geld gibt es?

Für die „Standardisierte Risikoerfassung hoher Blutdruck“ gibt es 11,20 Euro netto

Wie wird abgerechnet?

Abgerechnet wird mit dem Apothekenbeleg für die Abrechnung pharmazeutischer Dienstleistungen (SB-pDL), einem nicht personalisiertem Vordruck. Jeweils zum Ende eines Quartals. Das Sonderkennzeichen für die „Standardisierte Risikoerfassung hoher Blutdruck“ ist die SPZN 17716872.

Pro Versicherten und Leistungstag ist jeweils ein eigener SB-pDL zu erstellen. Auf einem Beleg können theoretisch bis zu drei (Teil-)Dienstleistungen abgerechnet werden, wenn sie für ein und denselben Patienten am selben Tag erbracht werden.

Weil sich auf den Belegen Sozialdaten der Versicherten befinden, ist eine Einreichung direkt beim NNF nicht zulässig. Der NNF erhält vom Apothekenrechenzentrum nur die für die Ausschüttung notwendigen Informationen.

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Sonder-PZN, Belege und Auszahlung

So werden die Dienstleistungen abgerechnet

Arbeitsmaterialien der BAK

  • Vertraglich vereinbarte Leistungsbeschreibung
  • Prozessbeschreibung
  • Prozessbeschreibung im Power-Point-Format
  • Kurzfassung der Vereinbarung zwischen Apotheke und Versicherten
  • Langfassung der Vereinbarung zwischen Apotheke und Versicherten
  • Standardarbeitsanweisung Blutdruckmessung in der Apotheke
  • Informationsbogen Blutdruck (bei bestehendem Blutdruck) - Druckversion
  • Informationsbogen Blutdruck (bei bestehendem Blutdruck) - elektronisch ausfüllbar
  • Abrechnung
  • Muster Abrechnungsbeleg

Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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