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Abhilfe bei Lieferengpässen
Nicht lieferbar – und jetzt? Diese OTC-Alternativen kommen in Frage
Lieferengpässe betreffen bekanntermaßen nicht nur Rx-Arzneimittel – im Gegenteil. Es fehlen aktuell auch wichtige OTC-Präparate. Wohl dem, der auf der Suche nach Alternativen auf langjährige Berufserfahrung und einen viele, viele Produkte umfassenden Wissensschatz zurückgreifen kann. Für alle anderen, haben wir für einige Defekte Alternativen zusammengestellt.
Die Defektlisten in deutschen Apotheken werden seit Wochen immer länger und gerade in der jetzt beginnenden Erkältungssaison fehlen in der Sichtwahl viel alte Bekannte. Das stellt zwar nicht nur PhiPs und Kollegen mit wenig Berufserfahrung vor zusätzliche Herausforderungen, aber die ganz besonders. Oftmals ist den Patient:innen nur der Produktname bekannt – die Wirkstoffe allerdings weniger. Wer frisch von der Uni kommt, bei dem ist es gerade umgekehrt. Die Suche nach Alternativen wird zur Herausforderung. Um hier Abhilfe zu schaffen und den Kollegen den Switch auf andere Präparate zu ermöglichen, gibt es hier für ein paar der aktuell nicht oder nur eingeschränkt verfügbaren Produkte therapeutische Alternativen geordnet nach Indikationen.
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Schmerzen- und Fieber
Aus der Praxis bereits seit Wochen bekannt: die Nichtverfügbarkeit von Säften mit den Wirkstoffen Ibuprofen (u. a. Nurofen® Junior Fieber- und Schmerzsaft 40 mg/ml / 20 mg/ml, Ibuflam® Kindersaft 20 mg/ml bzw. Ibuflam® 40mg/ml, Ibu-ratiopharm® 2% und 4% Fiebersaft für Kinder) oder Paracetamol (u. a. ben-u-ron® Saft, Paracetamol-ratiopharm® Lösung). Hier stehen Rezeptur-Monografien zur Eigenherstellung wirkstoffhaltiger Suspensionen aus den jeweiligen Rezeptursubstanzen oder aufgrund der aktuellen Praxiserfahrung realistischer aus Tabletten zur Verfügung (Ibuprofen, Paracetamol). Alternativ kann auf Suppositorien ausgewichen werden, sofern sie für die meist keinen Patienten akzeptabel sind. Für Ibuprofen stehen aktuell Zäpfchen mit 60 mg oder 75 mg zur Verfügung. Die Dosierungen betragen nach Alter und Gewicht:
Nurofen Junior 60 mg Zäpfchen | Einzeldosis | Tagesdosis |
6-8 kg KG (3-9 Monate) | 1 x 60 mg | max. 3 x 60 mg |
8-12,5 kg KG (9 -24 Monate) | 1 x 60 mg | max. 4 x 60 mg |
Ibuprofen Pädia 75 mg Zäpfchen | ||
7,5 – 9 kg KG (8-12 Monate) | 1 x 75 mg | max. 3 x 75 mg |
10-12 kg KG (1-2 Jahre) | 1 x 75 mg | max. 4 x 75 mg |
Eine weitere – allenfalls wohl theoretische – Möglichkeit ist hier auch die rezepturmäßige Herstellung von Suppositorien aus den jeweiligen Tabletten Laut Rezepturexpertin Dr. Annina Bergner wird eine Herstellung von Zäpfchen aus FAM-Tabletten jedoch grundsätzlich nicht empfohlen, da die weiteren Hilfsstoffe die Herstellung stören können. Häufig sind Tabletten zudem überzogen und lassen sich somit nicht fein genug pulverisieren. Die Verwendung von Tabletten sei auch nicht notwendig, da andere Verfahren zur Verfügung stehen wie z. B. die Herstellung aus Suppositorien für Erwachsene.
Paracetamol (Gaben innerhalb von 24 Stunden):
Einzeldosis | Tagesdosis | |
3-4 kg KG (< 3 Monate) | 1 x 75 mg | max. 2 x 75 mg |
4-5 kg KG (< 3 Monate) | 1 x 75 mg | max. 3 x 75 mg |
4 kg KG (> 3 Monate) | 1 x 75 mg | max. 3 x 75 mg |
5-6 kg KG (> 3 Monate) | 1 x 75 mg | max. 4 x 75 mg |
7-8 kg KG (6-9 Monate) | 1 x 125 mg | max. 3 x 125 mg |
9-12 kg KG (9 – 24 Monate | 1 x 125 mg | max. 4 x 125 mg |
13-16 kg KG (2-4 Jahren) | 1 x 250 mg | max. 3 x 250 mg |
17 – 25 kg KG (4-8 Jahre) | 1 x 250 mg | max. 4 x 250 mg |
26 – 32 kg KG (8-11 Jahre) | 1 x 500 mg | max. 3 x 500 mg |
33-43 kg KG (11-12 Jahre) | 1 x 500 mg | max. 4 x 500 mg |
Ab 43 kg KG (ab 12 Jahren) | 1-2 x 500 mg | max. 8 x 500 mg |
Für Kinder ab 6 Jahren ist auch die Gabe von Ibuprofen-haltigen Tabletten mit 200 mg Wirkstoff oder die Gabe paracetamol-haltiger Tabletten mit alters- und gewichtsadaptierter Dosierung (z. B. eine halbe Tablette mit 500 mg Paracetamol) möglich.
Elektrolytsubstitution
Auch wer aktuell an Magen-Darm-Krankungen mit Erbrechen und/oder Durchfall leidet, ist von den aktuellen Lieferengpässen betroffen. So müssen wir noch auf nicht absehbare Zeit auf alte Bekannte wie Oralpädon® 240 mit diversen Geschmackrichtungen oder Elotrans® verzichten. Auch die meisten anderen als Alternative denkbaren Elektrolytpräparate, wie z. B. Sanotact® Elektrolyte plus oder Saltadol® Elektrolyt Pulver sind aktuell nicht auf dem deutschen Markt erhältlich. Es gibt leider auch nur wenige Alternativen. Eine davon kann Infectodiarrstop® LGG® der Firma Infectopharm sein. Neben Salzen und Kohlehydraten enthält dieses Produkt auch den Stamm eines Milchsäurebakteriums und ist zugelassen zur Behandlung von Durchfallerkrankungen bei Säuglingen und Kleinkindern. Die Dosierung erfolgt nach Körpergewicht, Schwere des Durchfalls sowie Zeitpunkt der Erkrankung:
Bei leichtem Durchfall gilt:
Säuglinge und Kleinkinder bis 23 Monate: 1 bis 2 Doppelkammerbeutel pro Tag und bei Kindern ab 2 Jahren 2 bis 3 Doppelkammerbeutel pro Tag. Handelt es sich um schwerere Durchfallerkrankungen gilt die innerhalb der ersten 4 bis 6 Stunden der Erkrankung die Gabe von 50 bis 100 ml Trinklösung pro kg KG :
4 kg KG | 200 – 400 ml |
8 kg KG | 400 – 800 ml |
12 kg KG | 600 – 1200 ml |
Ab 16 kg KG | 800 – 1600 ml |
Danach werden pro wässrigem Durchfall 10 ml Zubereitung pro kg kG verabreicht sowie das Dosierungsschema bei leichtem Durchfall. Eine andere, etwas aufwändigere, aber für Jugendliche und Erwachsene geeignete Option, wäre die rezepturmäßige Herstellung der einer der drei Varianten der oralen Glucose-Elektrolyt-Mischungen, die im NRF unter der Vorschrift 6.5 zu finden sind (ORS 40/60/New-ORS-WHO). Ihre Zusammensetzung und Herstellung kann man hier finden.
Mittel gegen Krämpfe im Magen-Darm-/ Unterleibsbereich
Seit einiger Zeit auch nicht mehr verfügbar sind die Filmtabletten Buscopan® bzw. Buscopan plus mit den Wirkstoffen Butylscopolamin bzw. in der Kombination mit Paracetamol. Handelt es sich bei den Beschwerden, um Krämpfe, deren Ursache eher im Magen-Darm-Bereich verortet werden (z. B. beim Reizdarm-Syndrom, Gallenkolliken) kann z. B. auf Präparate mit Pfefferminzöl zurückgegriffen werden. Pfefferminzöl wirkt magenberuhigend und entspannt die Bauchmuskulatur. Auch andere – meist pflanzliche Arzneimittel, z. B. mit Myrrhe, Kümmel, Kamille oder Kaffeekohle – können bei Diarrhoe, Meteorismus oder Krämpfen mit gutem Erfolg angewandt werden. So finden wir hier Alternativen in z. B. Carmenthin®, Myrrhinil-Intest® oder Buscomint®. Die Dosierungen sind wie folgt:
- Buscomint® (ab 12 Jahren und >40 kg KG): 3 x 1 Weichkapsel täglich.
- Carmenthin® (ab 12 Jahren): max. 2 x 1 Weichkapsel täglich.
- Myrrhinil-Intest® (ab 12 Jahren): bis zu 3 x 4 Tabletten täglich.
Bei belastender Schmerzbeteiligung muss das Schmerzmittel nicht gewechselt werden: Paracetamol in Tablettenform ist noch verfügbar.
Patientinnen mit Regelschmerzen müssen derzeit mit Schmerzmitteln und ggf. Wärme alleine auskommen.
Hustenlöser
Seit kurzem kommt es auch zu Schwierigkeiten, sich mit acetylcysteinhaltigen Arzneimitteln, z. B. ACC® Kindersaft oder Fluimucil® Kindersaft oder den entsprechenden Brausetabletten zu bevorraten. Hier besteht die Möglichkeit auf andere Wirkstoffe, wie beispielsweise Ambroxolhydrochlorid auszuweichen. Als Fertigpräparat stehen hier unter anderem Mucosolvan® Kinder Hustensaft oder die Produkte der Generikahersteller meist noch zur Verfügung. Kann auf feste orale Darreichungsformen ausgewichen werden, so gibt es mit dem gleichen Wirkstoff Lutschtabletten oder Retardformulierungen mit den altersadaptierten Dosierungen.
Sicherlich ist diese Liste nicht abschließend, bildet aber einige der aktuell am häufigsten verlangten, jedoch defekten Arzneimittel ab. Sollte sich in nächster Zeit nichts an der suboptimalen Lieferfähigkeit von Arzneimitteln im deutschen Gesundheitsmarkt ändern, so steht eine weitere Verschlimmerung der Versorgungslage zu befürchten, auch auf die Gefahr hin, nicht immer passende und therapieadäquate Lösungen zu finden.
4 Kommentare
Ursachenforschung und Lehren daraus ?
von Dr. Ralf Schabik am 07.11.2022 um 8:14 Uhr
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AW: Ursachenforschung
von Holger am 07.11.2022 um 13:09 Uhr
Lieferengpässe
von Alexandra am 05.11.2022 um 19:38 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Lieferengpässe: PharmaMall
von Dr. Ralf Schabik am 07.11.2022 um 7:54 Uhr
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