Inflation kann Unternehmerlohn für Apotheken aufzehren
Eine kommentierende Analyse
von Dr. Thomas Müller-Bohn
- Personalkosten
- Zusätzlicher Kassenabschlag
- Welches Betriebsergebnis als Ausgangswert?
- Fehlender Inflationsausgleich
Welche Folgen die Inflation wirklich haben kann, zeigt erst eine Rechnung. DAZ-Wirtschaftsexperte Thomas Müller-Bohn hat anhand einer Schätzung mit allgemein verfügbaren Daten ermittelt, dass das Betriebsergebnis einer Durchschnittsapotheke für 2023 bei einer ungünstigen Entwicklung auf die Größenordnung eines Apothekergehalts plus Gehaltsnebenkosten sinken kann. Doch ohne Unternehmerlohn gäbe es keinen Anreiz für den Betrieb einer Apotheke mehr.
von Dr. Thomas Müller-Bohn
Obwohl die Inflation allgegenwärtig ist, sind die Apothekerorganisationen bisher nicht mit einer Schätzung zu den Folgen für Apotheken öffentlich in Erscheinung getreten. Doch die DAZ hat nachgerechnet. Die Rechnung bezieht sich auf eine Durchschnittsapotheke gemäß dem Wirtschaftsbericht der ABDA. Diese hatte im Jahr 2021 etwa 300.000 Euro Personalkosten und etwa 219.000 Euro sonstige Kosten.
Aus den Tarifabschlüssen für Apothekenmitarbeiter und den Inflationsprognosen des Sachverständigenrates lassen sich Prognosen für die Kostensteigerungen ermitteln. Als weitere Belastung kommt ab 2023 der erhöhte Apothekenabschlag hinzu. Eine kleine Entlastung aus steigenden Preisen für Rx-Arzneimittel ist gegenzurechnen. Dies alles zusammen ergibt für 2022 eine Belastung von 34.800 Euro und für 2023 von 64.900 Euro, jeweils im Vergleich zu 2021. Die Rechenwege finden Sie in der aktuell erschienenen Ausgabe der DAZ.
Diese Belastung muss vom bisherigen Betriebsergebnis abgezogen werden. Das Ergebnis von 2021 ist allerdings durch zusätzliche Einnahmen aufgrund der Corona-Sonderleistungen verzerrt und daher als Grundlage für eine Hochrechnung nicht geeignet. Stattdessen kommen die Betriebsergebnisse von 2019 oder 2020 als Ausgangswerte in Betracht, das sind etwa 148.400 Euro oder etwa 165.700 Euro. Damit ist das Betriebsergebnis für 2022 auf 113.600 bis 130.900 Euro zu schätzen.
Es läge dann im günstigeren Fall nominell in einer Größenordnung wie 2013 (126.510 Euro), aber mit einer viel geringeren Kaufkraft als damals. Für 2023 würden sich je nach Ausgangswert 83.500 bis 100.800 Euro ergeben. Für den ungünstigen Fall liegt das in der Größenordnung der Personalkosten für einen angestellten Apotheker, einschließlich Gehaltsnebenkosten. Einen Unternehmerlohn gäbe es also im ungünstigen Fall nicht mehr und auch im günstigeren Fall wäre er viel zu gering, um irgendein unternehmerisches Risiko zu decken. Dann würde sich sogar der Betrieb einer Durchschnittsapotheke nicht mehr rechnen, noch weniger einer kleineren Apotheke.
Selbstverständlich ist das nur eine Modellrechnung mit groben Schätzungen. Viele Faktoren bleiben unberücksichtigt. Doch entscheidend ist die Größenordnung. Die Inflation bedroht die Apotheken viel stärker als jede andere Änderung der betriebswirtschaftlichen Erfolgsrechnung. Die Ursache für das Problem liegt offensichtlich in der Honorierung über den Festzuschlag, der keinen Inflationsausgleich enthält. Dies schlägt jetzt voll durch. Wirkungsvolle Abhilfe kann nur die Politik leisten, indem sie dauerhaft eine inflationsgesicherte Honorierung schafft. Die ganze Rechnung und weitere Konsequenzen finden Sie in der DAZ.
Dr. rer. nat. Thomas Müller-Bohn, Apotheker und Diplom-Kaufmann, Studium der Pharmazie (Uni Marburg) und der Betriebswirtschaftslehre (Uni Bielefeld), Promotion (Uni Bonn). Nach Tätigkeit in der öffentlichen Apotheke freier Wissenschaftsjournalist, auswärtiges Mitglied der Redaktion der Deutschen Apotheker Zeitung, Vortrags- und Seminartätigkeit, Autor mehrerer Bücher, Lehraufträge für Pharmakoökonomie (Uni Hamburg 2001 bis 2007, Uni Kiel seit 2003).
6 Kommentare
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von Anita Peter am 18.11.2022 um 6:55 Uhr
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von Anita Peter am 18.11.2022 um 6:50 Uhr
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