Das Landgericht Karlsruhe entschied bereits im Jahr 2021 auf die Klage der Wettbewerbszentrale, dass die Bewerbung eines Desinfektionsmittels mit den Hinweisen „Bio“, „ökologisch“ oder „hautfreundlich“ irreführend sei – und zwar sowohl im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb als auch der Biozidverordnung (Urteil vom 25. März 2021, Az. 14 O 61/20 KfH).
In zweiter Instanz urteilte hingegen das Oberlandesgericht Karlsruhe, dass jedenfalls der Begriff „hautfreundlich“ kein „ähnlicher“ und damit unzulässiger Begriff im Sinne des Art. 72 Abs. 3 Satz 2 BiozidV sei. Die Angabe „Bio“ oder die Bezeichnung als „ökologisches Universal-Breitband-Desinfektionsmittel“ hielt das Oberlandesgericht aber mit Blick auf die Ähnlichkeit mit den generell verbotenen Aussagen wie „umweltfreundlich“ oder „natürlich“ für unzulässig und damit auch wettbewerbswidrig. (Urteil vom 8. Juni 2022, Az. 6 U 95/21).
„Hautfreundlichkeit“ ist keine pauschal verharmlosende Aussage
Nun hat das Oberlandesgericht Karlsruhe erneut in zweiter Instanz in einem Verfahren der Wettbewerbszentrale entschieden. Hier wollte die Wettbewerbszentrale klären lassen, ob die Aussagen „sanft zur Haut“, „hautfreundliche Produktlösung“ oder „Hautverträglichkeit“ in der Werbung für einen Desinfektionsschaum zulässig sind. Sie machte auch hier geltend, die Aussagen seien gleichbedeutend mit den nach Art. 72 Abs. 3 BiozidV genannten verbotenen Aussagen wie „ungiftig“ oder „unschädlich“. Jedenfalls werde das niedrige Risikopotenzial herausgestellt.
Wie schon die Vorinstanz, das Landgericht Mannheim (Urteil vom 20. Oktober 2021, Az. 14 O 107/21), sah das Oberlandesgericht die Sache anders: Die Aussagen seien den per se durch die Verordnung verbotenen nicht ähnlich; sie relativierten das Risikopotenzial des Produkts oder seiner Wirkungen und deren Schädigungseignung nicht pauschal. Vielmehr beschrieben die Aussagen – wenn auch insoweit sehr allgemein – die Produktwirkung auf ein spezifisches Organ, nämlich die Haut des Menschen. Das sei zulässig (Urteil vom 9. November 2022, Az. 6 U 322/21).
Das letzte Wort hat der Bundesgerichtshof
Das letzte Wort ist in beiden Verfahren noch nicht gesprochen – Revision beim Bundesgerichtshof ist bereits eingelegt beziehungsweise geplant. Die Wettbewerbszentrale will mit einer höchstrichterlichen Rechtsprechung für Klarheit sorgen.
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