Weiterentwicklung von Google Lens

Künstliche Intelligenz – Hilfe für schlecht lesbare Rezepte

Düsseldorf - 06.01.2023, 09:00 Uhr

So manche handschriftliche Verordnung lässt ganze Apothekenteams rätseln – da sind Fehler vorprogrammiert. (Foto: imagebroker / IMAGO)

So manche handschriftliche Verordnung lässt ganze Apothekenteams rätseln – da sind Fehler vorprogrammiert. (Foto: imagebroker / IMAGO)


Etliche Tote und Millionenschäden sollen in der Medizingeschichte bereits auf das Konto schlecht lesbarer Handschriften von Medizinern gegangen sein. Auch wenn handschriftliche Rezepte und Verordnungen hier mittlerweile Seltenheitswert genießen, gibt es Ansätze, die verbleibenden unleserlichen Ausführungen mittels Künstlicher Intelligenz (KI) übersetzbar zu machen. Der Internetkonzern Google hat dazu einen Prototyp entwickelt.

Aller Digitalisierung zum Trotz gibt es sie immer noch – die handschriftlich ausgestellten Rezepte und Verordnungen. Und wahrscheinlich kennt jeder Apotheker aus seiner Berufserfahrung mindestens einen Fall, in dem erst die telefonische Nachfrage in der Praxis das eigentlich gemeinte Arzneimittel deutlich werden ließ, mit manchmal großen Überraschungen. So beschreibt das Fehlerberichts- und Lernsystem für Hausarztpraxen „Jeder Fehler zählt“ der Goethe-Universität Frankfurt am Main etliche Fälle, in denen nur ein umsichtiger Apothekenmitarbeiter Schlimmeres verhindern konnte.

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In der Vergangenheit gab es eine Reihe von Studien, die belegen sollten, dass es jährlich zahlreiche Tote und Millionenschäden durch unleserliche, handschriftlich ausgestellte Rezepte gab: Laut Medienberichten aus dem Jahr 2007 sollen in den USA jährlich bis zu 7.000 Menschen aufgrund unleserlicher Verordnungen verstorben sein. Eine britische Studie aus dem Jahr 1998 kam zu dem Schluss, dass Ärzte eine „schlimmere Handschrift produzieren als andere Berufe“ – selbst wenn man sie bat, „so ordentlich wie möglich zu schreiben“. Und eine Schweizer Pressemeldung aus dem Jahr 2010 befand, dass jährlich Millionenschäden in der Schweiz wegen unleserlicher Rezepte entstünden und bis zu 200 Tote zu beklagen seien.

Problem in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen – Google Lens soll helfen

Da dies derzeit aber die aktuellsten Studien zu dem Thema zu sein scheinen, muss das Problem mit zunehmend gedruckten und mittlerweile sogar ersten elektronischen digitalen Rezepten wohl deutlich kleiner geworden sein – aber es gibt es noch. Allerdings wohl überwiegend in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen. Hier setzt nun unter anderem der Internetkonzern Google an, der auf seiner gerade stattgefundenen Konferenz „Google for India“ eine Neuentwicklung für den südostasiatischen Markt präsentierte.

Gemeinsam mit Apothekern wolle man ein Tool entwickeln, das mithilfe von Künstlicher Intelligenz unleserliche Arztrezepte in klare Sprache übersetzen soll. Dazu soll das bereits existierende System „Google Lens“ ausgebaut werden, welches bereits in der Lage ist, Schrift per Video oder Foto in andere Sprachen zu übersetzen. Es soll dann möglich sein, die unleserlichen handschriftlichen Verschreibungen zu fotografieren. Google Lens soll mindestens die richtigen Arzneimittelnamen aus dem Rezept identifizieren, berichtet das Magazin Techcrunch.

„Dies wird als unterstützende Technologie für die Digitalisierung handschriftlicher medizinischer Dokumente dienen, indem es betroffene Menschen wie Apotheker unterstützt. Jedoch wird keine Entscheidung ausschließlich auf der Grundlage der von dieser Technologie bereitgestellten Ergebnisse getroffen“, hieß es in einer Erklärung von Google.

Noch nicht über das Prototyp-Stadium hinaus

Einen Prototyp demonstrierte ein Google-Mitarbeiter bereits bei der Konferenz. Es gibt jedoch noch kein offizielles Datum für eine mögliche Veröffentlichung dieses Entzifferungs-Werkzeugs.

Dass Google Lens mit seiner dahinter stehenden KI sehr leistungsfähig ist, lässt sich aus seiner Übersetzerfunktion ablesen. Tatsächlich gibt es unter anderem von Google bereits gut funktionierende Apps, die handschriftliche Eingaben via Pen oder mit dem Finger in Echtzeit in Text umwandeln können. „Google Handwriting Input“ ist eine solche App, die bereits eine gut funktionierende KI in der Texterkennung verlangt. Andere Apps wie etwa „Pen to Print“ können via OCR-(optical character recognition)-Erkennung auch handgeschriebene Dokumente erkennen und in Text umwandeln.

Auch eine im März in „Nature Scientific Reports“ erschienene Studie von Forschern aus Japan und Bangladesch beschäftigte sich mit dem Thema der unleserlichen handschriftlichen Verordnungen – in dem Fall anhand von Ärzten in Bangladesch: „Ärzte in Entwicklungsländern sind zu beschäftigt, um digitale Verschreibungen auszufüllen“, heißt es da. Somit gibt es wohl zwar hierzulande eher weniger Bedarf an dem neuen Werkzeug – einem Großteil der Menschheit könnte es aber in Zukunft sicherlich helfen.


Volker Budinger, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Warum hier noch ein Problem ?

von ratatosk am 09.01.2023 um 11:49 Uhr

Ist wohl wieder zumindest in Europa auch ein typisch deutsches Problem !! dank Unfähigkeit des Bfram und der Politik !
In Skandinavien gibt es schon seit Jahren die Versordnung, daß Rezepte ausgedruckt werden müssen. Zusätzlich wären dann die Daten auch schon richtig gespeichert, was ein großes zusätzliches Problem darstellt, wenn es nicht nachgetragen wird. Erfahrungsgemäß fehlen die Daten gerade oft in den Praxen die hingeschmierte Rezepte produzieren, von manchen Kliniken ganz zu schweigen.
Nicht mal zu so einfachen Lösungen ist unsere Politik in der Lage, da offensichtlich völlig überfordert.
Ein paar echte Noffallrezepte oder Hausbesuchsrezepte sind schon beherrschbar.

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