Pharmacon Schladming 2023

Verbessern digitale Helfer die Adhärenz?

Schladming - 17.01.2023, 15:15 Uhr

Professorin Stephanie Läer sprach beim Pharmacon über die Chancen, die digitale Anwendungen (bei Kindern und Jugendlichen) bieten. (Foto: DAZ / ck)

Professorin Stephanie Läer sprach beim Pharmacon über die Chancen, die digitale Anwendungen (bei Kindern und Jugendlichen) bieten. (Foto: DAZ / ck)


Digitale Gesundheitsanwendungen, sogenannte DiGA, sind mittlerweile in der Versorgung angekommen. Die Arzneimitteltherapie spielt dabei allerdings keine Rolle, ebenso wenig die Apotheker und Apothekerinnen. Dabei könnten digitale Helfer die Adhärenz (bei Kindern und Jugendlichen) wirklich verbessern.

Können digitale Anwendungen die Adhärenz bei Kindern und Jugendlichen verbessern? Diese Frage stellte Professorin Stephanie Läer im Rahmen ihres diesjährigen Pharmacon-Vortrags in Schladming. Denn mangelnde Adhärenz ist einer der Hauptgründe, warum Arzneimitteltherapien scheitern. 

Mobile, digitale Technologien sieht die Leiterin des Instituts für Klinische Pharmazie und Pharmakotherapie der Universität Düsseldorf als „riesige Chance“, die Therapietreue zu verbessern – zum Beispiel durch Erinnerungen an die Arzneimitteleinnahme oder die Selbstkontrolle von Krankheitssymptomen. Sie hält das für ein „völlig logisches Prinzip“, um die Adhärenz zu verbessern. Das Problem sei aber die dünne Beweislage, obwohl es für zahlreiche pädiatrische Indikationen digitale Helfer gibt, darunter Asthma, Diabetes oder Organtransplantationen. 

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Daher präsentierte Läer neben einer Studie mit Jugendlichen mit ADHS zwei Erwachsenenstudien, einmal mit Organtransplantierten und einmal bei Bluthochdruck, um die Frage nach der Adhärenz-Verbesserung zu beantworten. Die Daten sprachen eine eindeutige Sprache: Apps mit Einnahmeerinnerung und weiteren Funktionen wie Symptom-Scores oder einer Kontaktmöglichkeit mit dem behandelnden Arzt konnten in allen drei Studien die Therapietreue signifikant verbessern.

Keine DiGA zur Arzneimitteltherapie und keine Apotheker

Allerdings spielt die Arzneimitteltherapie Läer zufolge bei den derzeit vom BfArM zugelassenen DiGA bislang keine Rolle und auch die Apotheker:innen tun es nicht. Dabei konnte innerhalb von Studien schon gezeigt werden, dass digitale Technologien in den Händen von Pharmazeut:innen einen echten Unterschied für die Patient:innen machen können. 

Läer berichtet über eine Studie mit einem Screening-Angebot in der Apotheke für Vorhofflimmern – eine Diagnose, die ein häufiges Screening erfordert, da das Flimmern oft nur mit Unterbrechung auftritt und somit beim EKG in der Arztpraxis oft nicht detektiert wird. Ohne Antikoagulation haben diese Patient:innen ein erhöhtes Schlaganfallrisiko. Unter adäquater Medikation kann die Schlaganfallrate von 10 Prozent auf 1,5 Prozent fallen. Mittels eines digitalen Messstabs wurde in der Offizin eine EKG-Ableitung genommen. 90 Apotheken haben über vier Wochen 7.107 Patient:innen untersucht. Dabei wurde bei 256 Personen ein Vorhofflimmern neu entdeckt.

Eine weitere Studie befasst sich mit dem Einsatz digitaler Technologie bei Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes in Bosnien-Herzegowina, also einer Erkrankung mit geringer Therapieadhärenz in einer Gegend mit niedriger Gesundheitsinfrastruktur. Nur circa 50 Prozent sind Läer zufolge adhärent in der Insulintherapie, bei der Blutglucosetestung sind es nur 25 Prozent. Dabei kann schon eine Senkung des HbA1c um 1 Prozent das Risiko für Erblindung und andere Erkrankungen reduzieren. In dem Projekt sind Patient:innen und deren Familien digital mit Kinderärzten und -ärztinnen vor Ort, aber auch mit Diabetolog:innen und Apotheker:innen der Uni Düsseldorf und einer Online-Support-Gruppe vernetzt. So kann über das Netzwerk interveniert und unterstützt werden.

Angehende Apotheker sollen digitale Betreuung lernen

In Läers Augen sollte die digitale Betreuung Teil der apothekerlichen Ausbildung werden. An der Uni Düsseldorf sei das bereits der Fall. Studierende lernen hier ihrer Aussage zufolge die digitale Betreuung und die interprofessionelle Kommunikation. Perspektivisch werde die Bedeutung der Apotheker:innen bei digitalen Anwendungen zur Verbesserung der Arzneimitteltherapie zunehmen, vor allem in den Bereichen Adhärenz und Screening, davon ist Läer überzeugt. Die Pharmazeut:innen sollten ihre Kompetenz zur Adhärenz-Verbesserung einbringen und die Fortbildung für digitale Anwendungen intensivieren. Aktuell sei beispielsweise die Therapietreue in der Medikationsanalyse immer der Elefant im Raum. Ein entsprechendes Tool in den Händen der Apotheker könnte in ihren Augen ein Gamechanger sein und einen Unterschied für die Patient:innen machen.


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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