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BVDAK-Chef Hartmann im DAZ-Interview
„Eine Honorarerhöhung darf nicht allein den Inhabern zugutekommen“
„Ein Streik in Apotheken ist kaum noch zu verhindern“ – diese Aussage stammt vom Vorsitzenden des Bundesverbandes Deutscher Apothekenkooperationen, Stefan Hartmann. Doch für was will er eigentlich kämpfen? Zumal ein Streik ja eigentlich ein Instrument der Arbeitnehmer ist, er selbst aber Inhaber ist. Und wie sieht die Rechtslage aus? Wir haben mit ihm gesprochen.
DAZ: Sie haben kürzlich gesagt, ein Streik der Apotheken sei „kaum noch zu verhindern“. Steht die Aussage noch?
Stefan Hartmann: Grundsätzlich mehr denn je. Allerdings würde ich aufgrund unseres mittlerweile vorliegenden Gutachtens, zu den Möglichkeiten, die wir haben, auf uns aufmerksam zu machen, von einer „Demonstration“ sprechen. Es wird ja immer schlimmer. Die beim DAV-Wirtschaftsforum vorgelegten Zahlen sprechen eine sehr deutliche Sprache. So kann es nicht weiter gehen. Wir müssen einfach auf unsere Situation aufmerksam machen. Wir müssen als Berufsstand sehr viel lauter und sichtbarer werden. Die Öffentlichkeit bekommt davon bisher nicht viel mit, dass unsere letzte Honorarerhöhung 2013 war – und auch die war minimal. Die Personal- und Sachkosten steigen, während das Honorar sogar gekürzt wird. Wir laufen auf englische Verhältnisse zu. Diese Ertragsfalle führt dazu, dass viele Kollegen ihren Angestellten keine angemessenen Gehälter mehr werden bezahlen können. Dazu kommen die teilweise abartige Bürokratie, die weiter steigenden Lieferengpässe, die uns die Arbeit zusätzlich erschweren und die Versorgung der Patienten gefährden. Die Gesundheitspolitik sieht uns nur noch als lästige Kostenverursacher und beklagt einen Zustand, den sie selbst herbeigeführt hat. Perfide.
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Was wäre denn genau Ihre Forderung?
Mein Vorschlag ist sehr ungewöhnlich. Ich möchte eine Honorarerhöhung erkämpfen. Diese soll aber zu 60 oder 70 Prozent direkt in den Bundesrahmentarifvertrag fließen, damit vor allem auch unsere Mitarbeiter durch steigende Gehälter profitieren. Unser Gehaltsniveau ist im Vergleich zu anderen Branchen viel zu niedrig. Wir stehen im Wettbewerb um Fachkräfte aus der Pharmaindustrie und da haben Apotheken aktuell keine Chance. Circa 40 Prozent der Apotheken erwirtschaften ein Vorsteuerergebnis von weniger als 4 Prozent. Kleinere Apotheken tun sich immer schwerer, alle Kosten zu decken und vom Gewinn leben zu können. Genau diese Apotheken sind aber für die flächendeckende Versorgung immens wichtig. Es gibt Kollegen, die haben am Ende des Monats weniger Geld übrig als das, was ihre Mitarbeiter verdienen. Nicht umsonst schließt jeden Tag mehr als eine Apotheke; im 1. Quartal 2023 waren es bereits 129 Apotheken, bei 393 im gesamten Vorjahr. Um bessere Gehälter zahlen zu können, brauchen die Apotheken mehr Geld. Und das geht nur mit einem höheren Fixhonorar. Wir lassen gerade ausrechnen, welche Auswirkungen eine Erhöhung des Fixhonorars von beispielsweise 5 Euro auf den Bundesrahmentarifvertrag hätte.
Sie, als Arbeitgeber, wollen also protestieren, damit ihre Mitarbeiter am Ende mehr Geld bekommen?
Ganz genau. Wir sitzen mit unseren Teams nämlich in einem Boot. Ich wünsche mir, dass wir uns zusammentun und uns bemerkbar machen. Es kommt ja auch uns als Inhabern zugute, wenn unsere Mitarbeiter profitieren. Was spricht also gegen so eine gemeinsame Aktion? Klar muss aber sein: Eine Erhöhung des Honorars darf eben gerade nicht allein den Inhabern zugutekommen, sondern muss auch für die Mitarbeiterinnen unmittelbar spürbar positive Auswirkungen haben.
„Kein Streik, sondern eine Demonstration“
Wie sieht das denn rechtlich aus: Dürfen Apotheken überhaupt streiken?
Die geplante Aktion, dass Apothekenmitarbeiter flächendeckend ihre Tätigkeit niederlegen, ist jederzeit in Abstimmung mit den Apothekeninhabern möglich. Es handelt sich dabei nicht um einen Streik, sondern um eine Demonstration.
Um die Verpflichtungen nach § 23 Abs. 1 S 1 Apothekenbetriebsordnung erfüllen zu können, wäre es ausreichend nur über die Notdienstklappe zu bedienen.
Es könnte auch überlegt werden, dass sich Apotheken an dem geplanten Tag von der Dienstbereitschaft befreien lassen, einfach als Ausdruck ihrer Unzufriedenheit mit dem niedrigen Niveau der Vergütung. Unter Berücksichtigung, dass auch einem Apothekeninhaber die Möglichkeit eingeräumt werden muss, für seine Situation mit den grundrechtlich verbrieften Rechten zu kämpfen, mithin hier auch die für ihn geschützten grundrechtlichen Interessen eine Rolle spielen, wird man einer Apotheke die Berechtigung im Einzelfall, sich als Teil der Meinungsäußerung für eine bessere und angemessenere Vergütung für einen bestimmten Zeitraum vom Dienst befreien zu lassen, nicht absprechen können.
Die Versorgung von Krankenhäusern und Altenheimen muss an diesem Tag natürlich aufrechterhalten werden.
Die Patienten und Kunden der Apotheken würden an diesem Tage von den Apothekenmitarbeitern entsprechend und umfassend aufgeklärt werden.
Vielen Dank für das Gespräch!
3 Kommentare
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