Entbudgetierung

Ärzte-Krisengipfel: Virchowbund kritisiert „Spaltungsversuche“ Lauterbachs

Berlin - 10.01.2024, 10:45 Uhr

Wasser im Wein: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) mit den Vorsitzenden des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes am Dienstag in Berlin (Foto: imago images / Political-Moments)

Wasser im Wein: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) mit den Vorsitzenden des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes am Dienstag in Berlin (Foto: imago images / Political-Moments)


Für die Hausärztinnen und Hausärzte hatte Bundesgesundheitsminister Lauterbach nach dem Krisengipfel an diesem Dienstag gute Neuigkeiten: Die Entbudgetierung ihrer Praxen soll kommen. Dumm aus der Wäsche schauten die Fachärztinnen und Fachärzte. Für sie hatte er nur vage Versprechungen.

Auf der Pressekonferenz schien zunächst alles eitel Sonnenschein, aber hinter den Kulissen muss es gut gekracht haben: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will Hausärztinnen und Hausärzten entgegenkommen und ihre Forderungen nach Entbudgetierung umsetzen. Man stehe vor einer „sehr großen Reform“, sagte er an diesem Dienstag nach einem Krisengipfel mit mehreren Vertreterinnen und Vertretern der Ärzteschaft und der gesetzlichen Krankenversicherungen. Für die Fachärztinnen und Fachärzte hatte er allerdings nur vage Versprechungen im Gepäck.

Wie Lauterbach ausführte, werde die geplante Entbudgetierung in das Versorgungsstärkungsgesetz I aufgenommen und noch in diesem Januar vorgestellt. Angedacht sind unter anderem „Vorhaltepauschalen“ ähnlich wie in Krankenhäusern und eine Umstellung von Quartals- hin zu Jahrespauschalen. Profitieren sollen „Versorgerpraxen“, die sehr aktiv im Umgang mit Patientinnen und Patienten sind, so Lauterbach. Gleichzeitig würden die Hausärztinnen und Hausärzte mehr „Autorität“ erhalten und die Praxen „entökonomisiert“ werden.

Entlastet würden die Ärzte darüber hinaus, weil das Honorar nicht mehr an eine Einbestellung der Patientinnen und Patienten gebunden sei. Die Wartezimmer wären nicht mehr so voll. Auch der bürokratische Aufwand soll gesenkt werden.

„Große Honorarreform“

Lauterbach sprach von einer „großen Honorarreform“, die sehr kompliziert sei und verändern werde „wie in den Praxen gearbeitet wird“. All dies werde jedoch nur funktionieren, wenn es in Zukunft mehr Ärzte gebe. In diesem Zusammenhang kündigte er an, dass die Zahl der Medizinstudierenden um jährlich 5.000 erhöht werden soll, um eine „Mangelbewirtschaftung in den Praxen“ zu verhindern.

Der Hausärztinnen und Hausärzteverband begrüßte die Pläne des Ministers. Die Bundesvorsitzende Nicola Bühlinger-Göpfarth sagte, die Situation in den Praxen sei „extrem angespannt und spitzt sich weiter zu“. Sie hoffe daher, dass es bei der Beschäftigung der Regierung mit den Hausärzten nicht „bei einer Eintagsfliege bleibt“.

Und die Fachärztinnen und Fachärzte?

Wasser goss Sybille Steiner in den Wein. Das Vorstandsmitglied der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sprach hinsichtlich der Pläne von einem „Schritt in die richtige Richtung“. Sie hätte sich aber „konkretere Schritte“ für die Fachärztinnen und Fachärzte gewünscht. Für die hatte Lauterbach nur angekündigt, die Entbudgetierung und einen vollständigen Verzicht auf Arzneimittelregresse prüfen zu wollen.

Virchowbund: Protest geht weiter

Dementsprechend heftig waren die Reaktionen des Virchowbunds, der in einer Pressemitteilung im Anschluss ankündigte, dass die Proteste weitergehen müssten. Der Bundesvorsitzende Dirk Heinrich kritisierte, Lauterbach versuche die Ärzteschaft zu „spalten“ und das „Gesundheitssystem komplett umzubauen“. Der Krisengipfel sei „auf halbem Weg stehen geblieben“.

Lauterbach als „Vater der Wartelistenmedizin“

Laut Heinrich wolle der Minister die Fachärzte lieber in den Krankenhäusern statt in Praxen sehen. Lauterbach werde so „zum Vater der Wartelistenmedizin und des Endes der freien Arztwahl in Deutschland“, sowie einer „Zwei-Klassen-Medizin“.

Der Spitzenverband Fachärzte Deutschlands (SpiFa) zeigte sich nach den Gesprächen laut Pressemitteilung „ernüchtert“. Eine Kursänderung des Ministers sei nicht zu erkennen. So drohten sich die Versorgungsengpässe weiter zu verschärfen. Man begrüße zwar die Entbudgetierung der Hausärztinnen und Hausärzte, allerdings verkenne Lauterbach, dass die medizinische Grundversorgung der Bevölkerung in zunehmendem Maß von Fachärztinnen und Fachärzten übernommen werde.


Matthias Köhler, DAZ-Redakteur
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Für die Ärzte ist Geld da

von Rainer W. am 10.01.2024 um 11:11 Uhr

Für die Ärzte ist Geld da, 200 Millionen, und das sogar, ohne die Beiträge zu erhöhen. Da wird nicht gefragt, wie die Ärzte planen, das gegenzufinanzieren. Da wird nicht mit erhöhten Kassenbeiträgen Unmut in der Bevölkerung geschürt.

Ich gönne den Ärzten die Erhöhung, die sicher notwendig ist..

Dennoch frage ich mich, wann die Vertretung der Apotheken endlich kapiert, dass sie am Nasenring über die Politbühne gezogen, belogen, und der gesamte Berufsstand missachtet wird.

Während die Ärzte die zweite Erhöhung in folge innerhalb eines Jahres bekommen wird bei den Apotheken das zweite mal innerhalb von 12 Monaten gekürzt! Und das zur Zeit der größten Inflation seit bestehen der Bundesrepublik, obwohl das Honorar auf dem Stand von vor 20 Jahren eingefroren ist.

Wann zieht die Berufsvertretung endlich Konsequenzen? Entweder es folgen endlich spürbare Maßnahmen, um die Apotheken zu stärken, oder die Vertreter treten geschlossen zurück. Anscheinend fehlt aber für ersteres der Mut und für letzteres der Anstand.

Die Apotheken standen in Deutschland noch nie so schlecht da wie heute, und dieses Totalversagen lässt sich die ABDA auch noch mit 18% Erhöhung ihrer Beiträge bezahlen. Die Netiquette verbietet es mir, auszuformulieren, was ich von dieser Dreistigkeit halte.

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