Nahrungsmittelintoleranz

Milchkonsum bei Lactoseintoleranz mit verringertem Diabetes-Risiko assoziiert

Stuttgart - 26.01.2024, 10:45 Uhr

Lactoseintolerant zu sein bedeutet nicht, dass man gar keine Milch verträgt. 12 g Lactose am Tag, circa ein Glas Milch, löst bei vielen Betroffenen keine Symptome aus. (Pormezz/AdobeStock)

Lactoseintolerant zu sein bedeutet nicht, dass man gar keine Milch verträgt. 12 g Lactose am Tag, circa ein Glas Milch, löst bei vielen Betroffenen keine Symptome aus. (Pormezz/AdobeStock)


Lactoseintolerant sein und trotzdem Milch trinken? Das könnte laut einer Studie das Risiko, an Typ 2 Diabetes zu erkranken, verringern. Das Darmmikrobiom spielt dabei wohl eine entscheidende Rolle.

Den Einfluss von Milchkonsum auf die Gesundheit zu untersuchen, ist gar nicht so einfach. In asiatischen Ländern sind 60 bis 100 Prozent der Bevölkerung lactoseintolerant. Das Milchzucker abbauende Enzym Laktase wird nicht oder fast nicht exprimiert, wodurch es zu Blähungen und Bauchschmerzen kommt, wenn Milch getrunken wird. In Europa sind bis zu 40 Prozent von Lactoseintoleranz betroffen. In einer, in der Fachzeitschrift "Nature Metabolism" veröffentlichten Studie wurden die Daten von Lactosetoleranten und -intoleranten Teilnehmenden daher getrennt analysiert.

12.653 Personen wurden im Rahmen der „Hispanic Community Health Study/Study of Latinos“ befragt, ob sie lactosetolerant oder -intolerant sind und wie häufig sie Milch zu sich nehmen. Außerdem untersuchte das Forschungsteam das Darmmikrobiom, sowie die Werte von Metaboliten im Blut über einen mittleren Nachbeobachtungszeitraum von sechs Jahren.

Die Ergebnisse: Menschen, die lactoseintolerant sind, aber trotzdem Kuhmilch konsumierten, hatten ein um 30% verringertes Risiko für Typ-2-Diabetes, verglichen mit Lactoseintoleranten, die auf Milchprodukte verzichteten. Bei Personen, die Milch vertragen und verzehren, wurde dieser Zusammenhang nicht gefunden. Sozioökonomische, demographische und Verhaltensfaktoren wurden aus der Analyse herausrechnet. Eine Datenauswertung der UK Biobank erhärtete die Ergebnisse. Die UK Biobank ist ein biomedizinischer Datensatz, der genetische, medizinische und Lebensstil-Informationen von ungefähr einer halben Million Britinnen und Briten umfasst. Auch in diesem Datensatz zeigte sich eine Assoziation zwischen Milchkonsum und niedriger Diabetes-Inzidenz bei Lactoseintoleranten.

In der Studie wurde bei den lactoseintoleranten, milchkonsumierenden Teilnehmenden ein verändertes Mikrobiom festgestellt. Milchzuckerverarbeitende Gattungen, wie Bifidobakterien, traten häufiger auf, dafür die gastrointestinalen ubiquitären Prevotella seltener. Außerdem fanden sich im Blut Metabolite der Darmbakterien. Die Forschungsgruppe vermutet, dass diese bakteriellen, milchassoziierten Stoffwechselprodukte ursächlich für das geringere Auftreten von Typ-2-Diabetes sein könnten. Die lactoseintoleranten Milchtrinker wiesen einen niedrigeren Body-Mass-Index auf als die Milchvermeider.

Lactose als Bakteriennahrung

Da bei lactoseintoleranten Personen die Lactose unverdaut im Dickdarm ankommt, dient sie dort wahrscheinlich Bakterien als Nahrungsquelle. Diese wiederum scheiden dann Metabolite aus, die ins Blut gelangen und mit Zellen interagieren.


„Die Studie enthält keine ausdrücklichen Ernährungsempfehlungen, sondern hebt vielmehr die potenziellen Auswirkungen des Milchkonsums einer bestimmten Bevölkerungsgruppe auf das Darmmikrobiom und ihre Metaboliten sowie den potenziellen Zusammenhang mit einem bestimmten gesundheitlichen Ergebnis hervor. Es ist klar, dass es sich um eine bevölkerungsbezogene epidemiologische Beobachtungsstudie handelt, aus der keine kausalen Schlüsse gezogen werden können.“

Dr. Lonneke Janssen Duijghuijsen, Wageningen University & Research, Wageningen Food and Biobased Research, Niederlande


Dr. Lonneke Janssen Duijghuijsen, Wissenschaftlerin an der Wageningen University & Research am Institut Wageningen Food and Biobased Research, verdeutlicht, dass viele Personen, die das Milchzucker abbauende Enzym Lactase nicht oder wenig exprimieren, dennoch bis zu 12 g Lactose am Tag zu sich nehmen können, ohne Intoleranzsymptome zu entwickeln. Dies entspräche ungefähr einem großen Glas Milch.

„Die Fähigkeit, Lactose zu vertragen, ist von Person zu Person unterschiedlich. Einige können problemlos mehr als zwölf Gramm verzehren, während bei anderen schon bei geringeren Mengen Symptome auftreten können“, fasst Janssen Duijghuijsen zusammen. Die Forscherin sieht es als plausibel an, dass das Mikrobiom das Metabolom beeinflusst, da beide Systeme „eng zusammenhängen“. Sie gibt aber zu bedenken: „Es ist derzeit verfrüht, endgültige Schlüsse zu Zusammenhängen mit Typ-2-Diabetes herzustellen. Die Veröffentlichung deutet auf einen statistischen Zusammenhang hin, ohne einen kausalen Zusammenhang zu implizieren. In der Studie wird ein statistischer Zusammenhang zwischen dem Milchkonsum, bestimmten Metaboliten und der Häufigkeit von Typ-2-Diabetes vorgeschlagen. Es ist jedoch wichtig, darauf hinzuweisen, dass diese Assoziationen keinen endgültigen Beweis für einen ursächlichen Zusammenhang liefern.“

Spezifische Ernährungsempfehlungen sind daher aus der Studie nicht abzuleiten.


Juliane Russ, M.Sc., Volontärin


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