BPhD-Kolumne

Gesundheit ist ein Menschenrecht – leider steht Rassismus noch zu oft im Weg

26.03.2024, 09:15 Uhr

Anika Balkheimer, BPhD Beauftragte für Public Health. (Foto: BPhD)

Anika Balkheimer, BPhD Beauftragte für Public Health. (Foto: BPhD)


Tausende von Menschen gehen seit Wochen auf die Straße und protestierten gegen Rechtsextremismus. Der Auslöser: Die Berichterstattung über ein Geheimtreffen von Politiker*innen, bei dem den Angaben zufolge die massenhafte Deportation von Menschen mit Migrationshintergrund besprochen wurde. Ereignisse wie diese erinnern uns daran, wie wichtig es ist, auch unser eigenes Umfeld zu reflektieren. Anika Balkheimer, BPhD Beauftragte für Public Health, beschäftigt sich deshalb mit dem Thema Diskriminierung im Gesundheitssystem.

Der Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitor enthüllte 2023 in einem Bericht, dass die Benachteiligung von Patient*innen aufgrund ihrer Hautfarbe, Herkunft oder Ethnie in unserem Gesundheitssystem regelmäßig vorkommt. [1] Dabei sollte es doch selbstverständlich sein, dass die Gesundheitsversorgung fair und unabhängig der ethnischen Herkunft erfolgt. Oder wie die Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlich medizinischen Fachgesellschaft es treffend auf den Punkt bringt: „Angehörige von Heilberufen sind der uneingeschränkten Humanität verpflichtet.“ [2]

Jedoch zeigt sich eine andere Realität, denn Formen der Ausgrenzung sind tief und strukturell in unserer Gesundheitsversorgung verankert. Beispiele hierfür sind negative Reaktionen auf unzureichende deutsche Sprachkenntnisse, Stereotypisierung und Benachteiligung bei der Behandlung. Ein besonders markantes Beispiel ist das Phänomen des sogenannten „Morbus Mediterraneus“, das es sogar bis zu einem medizinisch klingenden Fachbegriff geschafft hat. [3] Menschen aus dem Mittelmeerraum würden danach Schmerzen übertrieben darstellen und schildern. Allerdings sind von diesem Irrglauben nicht nur Menschen aus dem Mittelmeerraum betroffen. Mehr als jede dritte rassifizierte Person gibt an, dass sie bereits das Gefühl hatte, dass ihre Beschwerden nicht ernst genommen wurden, weshalb ein Wechsel der Ärzt*innen stattfand. Die weitverbreitete Vorstellung, außer weißen Männern würden alle bei Schmerzen übertreiben, ist offensichtlich auch tief in unserer Gesellschaft verwurzelt. [4]

Die richtige Kommunikation stellt in diesem Zusammenhang oft ein großes, strukturelles Problem dar. Zum einen können sprachliche Schwierigkeiten aufgrund unzureichender Deutschkenntnisse der Patient*innen auftreten. Eine weitere Herausforderung stellt aber die Übermittlung von Gesundheitsinformationen dar, die weitreichendere Kompetenzen als nur sprachliche Fähigkeiten erfordert. Dafür benötigen Heilberufler*innen umfassendere Kompetenzen, wie kulturspezifische Kommunikationswege, Sensibilität für Tabus sowie ein Verständnis für den Wissens- und Bildungsstand der Patient*innen.

Nutzungsverhalten bei Gesundheitsversorgung

Auch das Verständnis von Gesundheit und Krankheit ist sehr eng verwoben mit der eigenen Kultur der Patient*innen. In Deutschland baut die Gesundheitsversorgung vorwiegend auf einem naturwissenschaftlich fundierten und medizinischen Wissen auf, in anderen Kulturkreisen herrschen oftmals gesamtheitlichere Denkweisen, in denen auch religiöse oder spirituelle Ansätze eine Rolle spielen können. Diese Unterschiede können dazu führen, dass Patient*innen ihre Symptome anders interpretieren und dem medizinischen Fachpersonal auf eine unterschiedliche Art und Weise schildern, was zu potenziellen Missverständnissen und Fehlbehandlungen führen kann. [5] Ebenfalls interessant ist, dass Menschen mit Migrationshintergrund im Vergleich zu Personen ohne Migrationshintergrund ein anderes Nutzungsverhalten der Gesundheitsversorgung aufweisen. Menschen mit Migrationshintergrund nehmen Angebote der Notfallversorgung vergleichsweise häufiger in Anspruch während präventiver Angebote, wie Vorsorgeuntersuchungen, seltener in Anspruch genommen werden. Zusammengefasst lässt sich also sagen, dass ein Migrationshintergrund die Chance auf eine adäquate Therapie reduzieren kann. [6]

Repräsentation bei klinischen Studien

Während also an der einen Stelle die Herkunft noch zu großen Einfluss ausübt, sollte sie an anderer Stelle eine bedeutendere Rolle spielen. Ein Beispiel hierfür ist das Thema der adäquaten Repräsentation in klinischen Studien. Es wird nach wie vor nicht ausreichend darauf geachtet, Personen verschiedener Abstammungen frühzeitig in Studien einzubeziehen, um sicherzustellen, dass die Ergebnisse auf alle Bevölkerungsgruppen übertragbar sind. Dass das einen Unterschied machen kann, zeigt ein Beispiel von Diabetes-Vorhersagetests aus Großbritannien. In diesem Fall waren die Testergebnisse bei europäischstämmigen Menschen wesentlich genauer als bei asiatisch- oder afrikanischstämmigen Menschen. [7]

Doch nicht nur in klinischen Studien oder der Forschung ist Unterrepräsentation ein großes Thema. Das Problem beginnt bereits wesentlich früher in der Lehre. So stellen medizinische Lehrbücher dermatologische Hauterkrankungen meistens nur am Beispiel von weißer Haut dar. Und das, obwohl sich pathologische Veränderungen oft stark unterscheiden. [8]

Kultur als Thema im Studium?

Aus eigener Erfahrung kann ich bestätigen, dass kulturelle oder ethnische Unterschiede in meinem bisherigen Studium kaum Beachtung fanden. Dabei wäre dies der richtige Rahmen, um immerhin ein Bewusstsein für das Thema zu schaffen. Zum einen sollten vermehrt Besonderheiten in Symptomen oder Krankheiten verschiedener Ethnien beigebracht werden, aber auch wie mit kulturellen Unterschieden umgegangen werden sollte. Wie bereits erwähnt, kann dies ebenfalls einen erheblichen Einfluss auf die Adhärenz der Patient*innen haben.

Auch in Apotheken ist das Thema Diskriminierung im Gesundheitswesen äußerst relevant und sollte daher verstärkt Beachtung finden. Als erste niederschwellige Anlaufstelle liegt es eben auch in der Verantwortung von Apotheker*innen, Missverständnisse und darauf resultierende Fehlbehandlungen aufgrund einer erschwerten Kommunikation zu vermeiden. Eine weitere Möglichkeit ist, auf geeignete präventive Angebote hinzuweisen, um dadurch insgesamt das Gesundheitssystem auch langfristig zu entlasten.

„Apotheke ist bunt“

In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu sehen, dass sich unter dem Motto „Apotheke ist bunt“ und „Wir lieben Apotheke... und wir lieben Menschen. Alle Menschen“ die letzten Wochen bereits viele Apotheken sowie Apotheker*innen für eine faire Gesundheitsversorgung ausgesprochen haben.

In unserer Rolle als Studierendenvertretung ist es uns ein zentraler Grundsatz und Anliegen, uns stets klar gegen jede Form von Diskriminierung im Gesundheitswesen und darüber hinaus auszusprechen. Jeder Mensch hat das Recht auf eine faire und hochwertige medizinische Betreuung, unabhängig von Ethnien, Herkunft oder anderen Unterscheidungsmerkmalen.

Es ist noch ein langer Weg, bis unsere Gesundheitsversorgung in Deutschland dem ebenfalls voll und ganz entspricht. Lasst uns gemeinsam daran arbeiten!

 


Quellen

[1] https://www.rassismusmonitor.de/fileadmin/user_upload/NaDiRa/Rassismus_Symptome/Rassismus_und_seine_Symptome.pdf

[2] https://www.awmf.org/fileadmin/user_upload/dateien/presse/2024/2024-01-31_PM_AWMF_Humanitaet.pdf

[3] https://flexikon.doccheck.com/de/Mittelmeersyndrom

[4] Rassismus und Diskriminierung im Gesundheitssystem keine Seltenheit (aerzteblatt.de)

[5] Migration und Gesundheit (rki.de)

[6] Migration und Gesundheit (rki.de)

[7] https://www.aargauerzeitung.ch/leben/das-rasseproblem-der-medizin-warum-herkunft-eine-rolle-spielen-sollte-es-aber-nicht-tut-ld.1238684

[8] https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Diskriminierung-von-People-of-Colour-in-der-Medizin,diskriminierung158.html


Anika Balkheimer, BPhD-Beauftragte für Public Health


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6 Kommentare

Sogenannte Diskriminierung

von R Wunn am 06.04.2024 um 22:29 Uhr

Es schlägt die Naivität einer mit woker Ideologie Gehirngewaschenen durch.
Empfehle das Buch: Woke Psychologie eines Kulturkampfes.
Möchte darauf hinweisen, dass gute Gesundheitsleistungen von Beitragszahlern abhängig sind, die auch selbst Sicherheit brauchen nicht selbst auf der Strecke zu bleiben. Banal! So ist aber der Mensch.
Vorsicht, der Begriff Rassismus wir immer unschärfer und weiter gefasst.
Als Naturwissenschaftler sollten wir auch dementsprechend logisch veranlagt sein zu eruieren ob Definitionen einen harten Kern haben

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Nicht konservativ, sondern rechtsextrem

von Christian am 27.03.2024 um 8:22 Uhr

Auch Wiederholungen, werter Herr Siebert, machen Ihre Fake News nicht wahr. Jetzt kommen sogar noch „amerikanische Oligarchen“ ins Spiel, um die deutschen Bauernproteste zu unterdrücken. Schwurbel lass grüßen! Verkennen Sie bewusst den Unterschied zwischen konservativ und rechtsextrem? Und es ist schon lustig, dass diejenigen, die lautstark ihre rechte Meinung kundtun, gleichzeitig die Meinungsfreiheit in Gefahr sehen, wenn ihnen Gegenwind ins Gesicht bläst.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Wer verbreitet hier Fake News?

von Christian am 27.03.2024 um 0:38 Uhr

"Privates Treffen vin AfD- und CDU-Politikern?" "Illegal abgehört?" Hier haben sich Rechtsextreme zum Stelldichein mit dem Chefideologen der Idenditären Bewegung Martin Sellner, der inzwischen Einreiseverbot nach Deutschland hat, getroffen, um ihre Remigrationsphantasien (Camouflage-Wort für Deportationen) auszutauschen. Wer verbreitet hier Fake News und hält uns für blöd?

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Wer verbreitet hier Fake News

von Stefan Siebert am 27.03.2024 um 6:48 Uhr

Noch einmal, Correctiv, eine von amerikanischen Oligarchen und deutschen Regierungen finanziertes Unternehmen, hat in propagandistischer Art und Weise Lügen verbreitet.
Gerade rechtzeitig, um die massiv aufkeimenden Bauernproteste im Land zu unterdrücken.
Ich dachte immer, wir leben in einem Land der Meinungsfreiheit. Wenn sich eine rechtskonservative Gruppe trifft, um Lösungen für die in die Irre laufende
Asylpolitik zu besprechen, ist das erstens ihr gutes Recht und zweitens alles andere als verwerflich.

Fake News?

von Belodwitz am 26.03.2024 um 10:37 Uhr

Das Wort "massenhafte Deportation" ist nie gefallen, dass hat selbst correctiv längst zugegeben.
Was für eine schlechte Recherche. Und die Lemminge springen massenhaft auf diese Lügengeschichte rein.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Fake News

von Stefan Siebert am 26.03.2024 um 10:51 Uhr

Ist unser Nachwuchs so blöd oder tut er nur so? Das ist ja kaum auszuhalten, diese Naivität und Dummheit.
Es war ein privates Treffen von Politikern der CDU und AFD plus Personen aus der Wirtschaft.
Es wurde offensichtlich illegal abgehört und durch die Medien groß verbreitet, dass Rechtsextreme Ausländer und Deutsche deportieren wollen. Alles erstunken und erlogen. Eine reine Inszenierung, um den konservativen Rand der Politik in den Dreck zu ziehen. Auf diesen Zug springt jetzt auch der BPhD auf. Und das auch noch mit Gendersternchen....es ist kaum noch auszuhalten. Das die DAZ so einen Artikel auch noch abdruckt, setzt dem Ganzen noch die Krone auf.

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