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Mikrobiom und enterohepatischer Kreislauf
Können Probiotika den Cholesterol-Spiegel senken?
Eine neu erschienene Studie hat den LDL-senkenden Effekt eines Probiotikums mit Milchsäurebakterien untersucht. Bei den wenigen Teilnehmenden konnten tatsächlich atheroprotektive Effekte gesehen werden. Welche physiologischen Mechanismen stecken dahinter?
Statine gehören zu den am häufigsten verschriebenen Arzneimitteln. Sie sind wirksam und sicher. Patienten und Patientinnen mit leicht erhöhten Cholesterol-Werten suchen möglicherweise in der Apotheke Rat, wie sie ohne Arzneimittel den LDL-Cholesterlospiegel senken können. In einem ausführlichen Beitrag hat sich die DAZ der Cholesterol-senkenden Ernährung gewidmet. Es gibt auch Probiotika, die versprechen, den LDL-Cholesterolspiegel positiv zu beeinflussen. Was hat es damit auf sich?
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Wie kommt man darauf, dass Probiotika den LDL-Cholesterolspiegel senken könnten?
Um diese Frage zu beantworten, muss der enterohepatische Kreislauf der Gallensäuren bekannt sein. Gallensäuren bestehen aus einem Cholesterol-Grundgerüst und sind wichtig, um Fette aus der Nahrung aufnehmen zu können.
Gallensäuren werden in der Leber gebildet und typischerweise mit den Aminosäuren Glycin oder Taurin konjugiert (primäre konjugierte Gallensäuren) bevor sie ins Duodenum gelangen. Im Darm erleichtern sie die Lipidabsorption. Über den enterohepatischen Kreislauf gelangen sie vom Colon über die Portalvene zurück zur Leber und der Kreislauf beginnt von vorne. Konjugierte Gallensäuren können auch als Signalmoleküle dienen, zum Beispiel bei der Cholesterol-Homöostase.
Im Colon werden Gallensäuren von dort ansässigen Bakterien unter anderem dehydroxyliert oder dehydrogeniert. Diese Reaktionen, die zu unkonjugierten Gallensäuren führen, werden von dem bakteriellen Enzym Gallensäure-Hydrolase (bile acid hydrolase, BSH) katalysiert. Dadurch entstehen sekundäre und tertiäre Gallensäuren, die schlecht bioverfügbar sind. Anstatt über den enterohepatischen Kreislauf zurück zur Leber zu gelangen, werden sekundäre und tertiäre Gallensäuren ausgeschieden. In der Leber müssen dann von neuem Gallensäuren synthetisiert werden. Dazu wird Cholesterol aus zellulären Speichern oder der Zirkulation benötigt. Daher können Bakterien des Darmmikrobioms mit BSH-Aktivität dazu beitragen, den Cholesterol-Spiegel zu senken.
Eine Spezies mit BSH-Aktivität ist zum Beispiel Lactobacillus. Der klinische Einfluss der Stämme KABP011, KABP012 und KABP013 der Spezies Lactiplantibacillus plantarum wurde nun in einer single-arm, Dosis eskalierenden, nicht-placebokontrollierten Studie untersucht. Die Untersuchung wurde vom Hersteller der Probiotikums finanziert.
L. plantarum gegen hohen LDL-Wert
20 gesunde Übergewichtige (25 bis 60 Jahre, Altersmedian bei 44 Jahren, 10 Frauen, Body-Mass-Index zwischen 25,0 und 29,9 kg/m2) nahmen an der Intervention teil. In der ersten Studienwoche wurden keine Probiotika-Kapseln eingenommen, in der zweiten Woche zwei Kapseln täglich, in der dritten Woche drei Kapseln und in der letzten Woche vier Probiotika-Kapseln am Tag. Eine Kapsel enthielt 1,2 mal 109 Kolonie-bildende Einheiten.
Im Serum der Teilnehmenden fanden sich am Studienende weniger konjugierte Gallensäuren. Die Studienautoren führen das darauf zurück, dass Gallensäuren verstärkt im Colon dekonjugiert wurden. Auch fanden sich in den Fäzes nach der Intervention signifikant mehr dekonjugierte Gallensäuren als in den Proben vor der Probiotika-Einnahme.
Während der Intervention sank der LDL-Cholesterolspiegel. Insbesondere sehr kleine LDL-Partikel (small dense LDL) reduzierten sich. Diese kleinen LDL-Partikel weisen ein besonders hohes atherogenes Potenzial auf, da sie die Gefäßwand leicht durchdringen können. Bei der Subgruppe mir LDL-Spiegeln über 130 mg/dl wurde die größte Reduktion des Cholesterol-Spiegels festgestellt. Im Allgemeinen wurde der LDL-Serumspiegel während der ersten Woche Kapsel-Einnahme am stärksten gesenkt.
Am Ende der Intervention mit Probiotika-Kapseln waren die LDL-Partikel zudem weniger oxidationsanfällig und die antioxidativen Eigenschaften des atheroprotektiven HDL waren verbessert. Oxidierte LDL-Partikel gelten als besonders gefäßschädigend, da sie bei bestehender Atherosklerose Entzündungsprozesse vorantreiben.
Die Studienautoren konkludieren: Die Einnahme von Probiotika mit L. plantarum-Stämmen hat positive Auswirkungen auf das Lipoproteinprofil. Unter anderem der LDL-Spiegel wurde reduziert. Die Veränderungen des Stoffwechselprofils deuten auf einen erhöhten Schutz vor atherosklerotischen Erkrankungen hin.
Limitationen der Studie
Zu beachten gilt, dass an der Studie gesunde Erwachsene mit allenfalls leicht erhöhtem LDL-Spiegel teilgenommen haben. Auch sind die Veränderungen des Mikrobioms, die Probiotika möglicherweise herbeiführen, nicht von Dauer: Wird das Präparat abgesetzt, sind auch die Effekte dahin.
Da in Probiotika für gewöhnlich physiologische Bakterien des Mikrobioms oder aus Nahrungsmitteln verwendet werden, sind schädliche Wirkungen unwahrscheinlich, wenn das Probiotikum nach geltenden Standards hergestellt wurde. Immunsupprimierte oder schwer erkrankte Patienten und Patientinnen sollten vor der Einnahme ärztlichen Rat einfordern. Als wissenschaftlich gesichert gilt der Einsatz von Probiotika bei Antibiotika-assoziierter Diarrhö. Auch beim Reizdarm wird der Einsatz bestimmter Stämme empfohlen.
Welche Probiotika mit BSH-aktiven Stämmen gibt es?
Neben L. plantarum gibt es auch andere Spezies, die eine BSH-Aktivität aufweisen und in klinischen Studien bereits Cholesterol-senkende Effekte aufgewiesen haben: Dazu gehören verschiedene Milchsäurebakterien, wie Lactobacillus reuteri, Lactobacillus casei, Lactobacillus rhamnosus, Bifidobacterium breve, Lactobacillus acidophilus, Bifidobacterium longum und Lactobacillus bulgaricus. Es gibt Probiotika, in denen diese Milchsäurebakterien einzeln oder kombiniert, verkapselt oder als lösliches Pulver vorliegen.
Literatur
Kühnast C. Wann ergibt der Einsatz von Probiotika Sinn? PTAheute vom 10. März 2023
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