DocMorris-Marktplatz

Gericht sieht keinen Verstoß gegen das Makelverbot

Berlin - 08.04.2024, 17:50 Uhr


Verstößt es gegen das Makelverbot, wenn von Apotheken, die am DocMorris-Marktplatz teilhaben möchten, eine Grundgebühr von fast 400 Euro verlangt wird? Das Oberlandesgericht Karlsruhe verneint dies. Eine 10-prozentige Transaktionsgebühr für OTC-Geschäfte über die Plattform hält es hingegen für unzulässig.

Die Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) wirft nicht nur auf die geschäftlichen Aktivitäten der EU-Arzneimittelversender ein waches Auge, sondern auch auf die diversen Plattformen, über die Arzneimittel vertrieben werden. Die einstige Zur- Rose-Tochter Tanimis, die seinerzeit noch im Impressum der DocMorris-Plattform stand (heute ist es die DocMorris Service B. V.) hatte sie bereits im Jahr 2021 wegen ihres Marktplatzes abgemahnt. Apotheken, die hier mitmachen wollen, sollen eine Grundgebühr von 399 Euro im Monat und eine 10-prozentige Transaktionsgebühr für OTC-Verkäufe zahlen.

Ist die Erhebung der Grundgebühr möglicherweise ein Verstoß gegen das Makelverbot (§ 11 Abs. 1a ApoG)? Demnach ist es Dritten verboten, (E-)Rezepte oder E-Token „zu sammeln, an Apotheken zu vermitteln oder weiterzuleiten und dafür für sich oder andere einen Vorteil zu fordern, sich einen Vorteil versprechen zu lassen, anzunehmen oder zu gewähren“. Wer 399 Euro im Monat zahlt, dürfte auch auf einen guten Umsatz mit E-Rezepten setzen – kann diese Grundgebühr also ein „Vorteil“ im Sinne der Vorschrift sein?

Und wie sieht es mit Blick auf die prozentuale OTC-Gebühr mit dem Beteiligungsverbot (§ 8 Satz 2 ApoG) aus?

§ 8 Satz 2 ApoG

Beteiligungen an einer Apotheke in Form einer Stillen Gesellschaft und Vereinbarungen, bei denen die Vergütung für dem Erlaubnisinhaber gewährte Darlehen oder sonst überlassene Vermögenswerte am Umsatz oder am Gewinn der Apotheke ausgerichtet ist, insbesondere auch am Umsatz oder Gewinn ausgerichtete Mietverträge sind unzulässig.

Die AKNR sieht im Marktplatz-Konzept von DocMorris einen Verstoß gegen diese apothekenrechtlichen Normen. Doch bevor die Kammer gegen die Niederländer klagen konnte, hatte DocMorris das Zepter selbst in die Hand genommen. Vor dem Landgericht Karlsruhe klagte das Unternehmen auf Feststellung, dass die AKNR wegen des Marktplatz-Konzepts keine wettbewerbsrechtlichen Ansprüche auf Unterlassung habe. Die AKNR reagierte mit einer Widerklage, in der sie genau diese Unterlassungsansprüche geltend machte. 

Ende 2022 machte das Landgericht DocMorris einen Strich durch die Rechnung: Es entschied, dass es gegen die beiden erwähnten apothekenrechtliche Vorgaben verstoße, eine Online-Plattform bereitzustellen, über die Apotheken Arzneimittel an Patienten verkaufen können, wenn dafür eine monatliche Grundgebühr und/oder eine umsatzabhängige Transaktionsgebühr für OTC-Verkäufe verlangt wird. Der AKNR sprach das Gericht das Recht zu, solche Verstöße wettbewerbsrechtlich untersagen zu lassen.

Klage von DocMorris erneut abgewiesen

Nun hat das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe diese Entscheidung in zweiter Instanz abgeändert. Zwar weist es die Klage von DocMorris weiterhin ab – aber die Ansprüche der AKNR kommen auch nicht mehr voll durch. So stellt das Gericht letztlich fest, dass das Bereitstellen einer digitalen Marktplatzinfrastruktur durch einen Dritten, über die teilnehmende Apotheken gegen eine monatliche Grundgebühr (auch) rezeptpflichtige Arzneimittel verkaufen können, dem Makelverbot nicht generell entgegenstehe.

Was ist ein Vorteil? 

Warum, legt das Gericht sehr ausführlich dar. Insbesondere müsse das Tatbestandsmerkmal des „Vorteils“ einschränkend ausgelegt werden. Vorliegend könne die Grundgebühr nicht als Vorteil gesehen werden, der gerade für ein „Weiterleiten“ oder „Vermitteln“ von elektronischen Verschreibungen versprochen bzw. gewährt werde. Vielmehr müsse ein „Konnex“ zwischen dem Vorteil und den genannten Handlungen bestehen. Dies könne dann der Fall sein, wenn die Vertragsbedingungen und insbesondere das Vergütungsmodell so ausgerichtet sind, dass ein Entgelt gerade für einen steuernden Einfluss des Dritten auf den Weg von Rezepten zur Apotheke gezahlt wird.

10-Prozent-Gebühr ist unzulässig

Untersagt bleibt dagegen auch nach Auffassung des OLG eine Vereinbarung, wonach beim OTC-Verkauf über die Plattform eine Gebühr von 10 % des Nettoverkaufspreises zu zahlen ist. Die während der Vertragsdauer eingeräumte schuldrechtliche Nutzungsbefugnis einer digitalen Marktplatzinfrastruktur sei nämlich ein „sonst überlassener Vermögenswert“ nach § 8 Satz 2 ApoG.

Aus dem Ende Februar ergangenen Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur grundsätzlichen Zulässigkeit von Apotheken-Plattformen, kann das OLG für den vorliegenden Fall übrigens nichts ableiten. Die Klägerseite hatte dieses zwar noch zu ihren Gunsten einbringen wollen – doch sie lief damit auf. Im EuGH-Fall ging es nämlich nur um rezeptfreie Arzneimittel, das Makelverbot betreffe aber nur Rx-Arzneimittel. Und auch zur Frage, ob eine umsatzabhängige Vergütung für die Überlassung eines „digitalen Verkaufsraums“ unter bestimmten Voraussetzungen zur Wahrung der Unabhängigkeit der Apotheker nach nationalen Bestimmungen ausgeschlossen werden kann, gebe das Luxemburger Urteil nichts her.

Die Revision zum Bundesgerichtshof hat das LSG zugelassen. Es ist also anzunehmen, dass nach wie vor nicht das letzte Wort gesprochen ist.

Urteil des OLG Karlsruhe vom 13. März 2024, Az.: 6 U 418/22


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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