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Gegen Lieferengpässe
Bundesrat will mehr Flexibilität in der Arzneimittelversorgung
Der Bundesrat fordert von der Bundesregierung ein Gesetz oder zumindest eine Strategie, um die Versorgung mit Arzneimitteln – insbesondere von Kindern und Jugendlichen – nachhaltig zu verbessern. Dazu soll auch Apotheken mehr Flexibilität zugestanden werden. Das Plenum beschloss eine entsprechende Entschließung, die Bayern und Baden-Württemberg angestoßen hatten.
In der Landespolitik hat man bekanntlich einen anderen Blick auf die Arzneimittelversorgung und auch auf die Rolle, die die Apotheken dabei spielen. Und so hatten Bayern und Baden-Württemberg vor einigen Wochen einen Antrag mit dem Titel „Verbesserung der Arzneimittelversorgung“ in den Bundesrat eingebracht.
Ausgehend davon, dass die bisher von der Bundesregierung initiierten Maßnahmen gegen Lieferengpässe nicht ausreichen, finden sich darin einige Vorschläge für Maßnahmen und Gesetzesänderungen, um die Situation nachhaltig zu verbessern. Sie setzen an bei den Importregelungen und den behördlichen Handlungsmöglichkeiten im Fall von Versorgungsmängeln, den Möglichkeiten für Apotheken (Austausch, Eigenherstellung), der Bevorratung sowie Anreizen für die Pharmaindustrie.
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Nach der Beratung des Antrags im Gesundheitsausschuss hatte dieser noch ein paar Nachbesserungsvorschläge gemacht, zudem hatte sich auch Nordrhein-Westfalen der Initiative angeschlossen. Diesen Freitag beschloss das Plenum nun, diese abgeänderte Entschließung anzunehmen.
Sachverstand in Apotheken nutzen
Unter anderem fordert der Antrag, den Apotheken mehr Spielraum beim Austausch nicht verfügbarer Arzneimittel einzuräumen: Sie müssten auch unabhängig von einer Listung („Dringlichkeitsliste“) von der Darreichungsform und nach dokumentierter, mindestens telefonischer Rücksprache mit dem Arzt oder der Ärztin von einem nicht auf der Substitutionsausschlussliste aufgeführten Wirkstoff abweichen dürfen. „Der hierfür erforderliche Sachverstand ist in den Apotheken vorhanden und sollte zum Nutzen einer besseren Patientenversorgung auch genutzt werden“, heißt es.
Zudem erneuern die Länder nochmals ihren Vorschlag, Paracetamol- und Ibuprofen-haltige Arzneimittel in für Kinder geeigneten Darreichungsformen auf Grundlage einer Standardzulassung von der Pflicht zur Zulassung freizustellen. Dazu soll das Bundesgesundheitsministerium in Zusammenarbeit mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte entsprechende Monographien in Kraft setzen. Die Antragsteller versprechen sich davon, dass Arzneimittelhersteller oder Apotheken, die über entsprechende Produktionskapazitäten verfügen, auf unbürokratische Weise Fiebersäfte und -zäpfchen herstellen und in Verkehr bringen, um einen steigenden Bedarf zu decken.
Begrenztes Abweichen von der „Hunderterregel“
Außerdem will der Bundesrat die Länder in die Lage versetzen, die Produktionskapazitäten ihrer Krankenhaus- oder öffentlichen Apotheken mit größeren Herstellungsbereichen zur Konsolidierung der Versorgungslage heranzuziehen. Dieser Punkt ist nach Empfehlung des Gesundheitsausschusses neu in den Antrag aufgenommen worden. Zielführend wäre aus Sicht der Länder eine „Rechtsänderung, die die Gestattung der Weitergabe selbst hergestellter Arzneimittel zwischen Apotheken und Krankenhausapotheken sowie die Gestattung des begrenzten Abweichens von der ‚Hunderterregel‘ des § 21 AMG auf begründetes Ersuchen der Länder erlaubt“.
Weiterhin soll ermöglicht werden, Restbestände von nach einem festgestellten Versorgungsmangel eingeführten Arzneimitteln auch später noch für einen gewissen Zeitraum abverkaufen zu dürfen.
Bevorratung auch mit Einzelimporten
Ferner plädieren die Länder dafür, dass sich auch öffentliche Apotheken mit einzelimportierten Arzneimitteln für den Bedarf einer Woche bevorraten dürfen, so wie es § 15 Apothekenbetriebsordnung für alle anderen Arzneimittel vorgibt; für bestimmte Wirkstoffe kann es auch der Vierwochen-Bedarf sein. Denn derzeit ist der Einzelimport nach § 73 Abs. 3 Arzneimittelgesetz nur zulässig, wenn für den akuten Bedarfsfall einer einzelnen Person bestellt wird. Vorräte dürfen öffentliche Apotheken nicht anlegen. Lediglich Krankenhausapotheken und krankenhausversorgenden Apotheken ist ein vorübergehender Vorrat im angemessenen Umfang gestattet.
Darüber hinaus verlangen die Länder von der Bundesregierung, eine nationale Strategie für die Bevorratung von Arzneimitteln zu entwickeln, die mit den Plänen der EU kompatibel ist. Auf Empfehlung des Gesundheitsausschusses ist dieser Aufforderung nun noch ein Halbsatz angefügt worden: Die Strategie soll sich dabei „im Wesentlichen auf die etablierten Versorgungsstrukturen“ stützen. Denn eine rein staatliche Bevorratung sehen die Länder dann doch kritisch. Sie wäre mit erheblichen Kosten für die öffentlichen Haushalte verbunden, zudem würden „mit hoher Wahrscheinlichkeit (…) die ‚falschen‘ Arzneimittel bevorratet werden“. Daher sollte man lieber die Expertise und Strukturen der bewährten Produktions- und Versorgungskette mit Arzneimitteln nutzen und einbeziehen.
Die Entschließung wurde der Bundesregierung zugeleitet. Diese entscheidet, ob und wann sie sich mit den Länderforderungen befasst. Es handelt sich lediglich um Empfehlungen, auch feste Fristvorgaben für die Regierung gibt es nicht.
1 Kommentar
Richtig , aber zu spät
von ratatosk am 29.04.2024 um 15:34 Uhr
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