Honorarumverteilung

Kassen wollen an Geld der Stadtapotheken ran

Berlin - 21.05.2024, 10:30 Uhr

Will bei Apotheken umverteilen: GKV-Vorständin Stefanie Stoff-Ahnis. (Foto: GKV-Spitzenverband)

Will bei Apotheken umverteilen: GKV-Vorständin Stefanie Stoff-Ahnis. (Foto: GKV-Spitzenverband)


Der GKV-Spitzenverband will das Apothekenhonorar von umsatzstarken Stadtapotheken hin zu Apotheken im ländlichen Raum umverteilen. Das sagte Vorständin Stefanie Stoff-Ahnis dem Reaktionsnetzwerk Deutschland.

Die Apothekenreform des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) steckt dem Vernehmen nach im Finanzministerium fest – aber laut Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) soll der entsprechende Referentenentwurf noch vor der Sommerpause ins Kabinett. Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) hat nun die Pfingst-Feiertage genutzt, um seine Position klarzumachen: Apotheken mit hohen Umsätzen sollen zukünftig weniger Geld pro abgegebener Packung bekommen, jene im ländlichen Raum einen „Versorgungsbonus“ bekommen. Das verriet GKV-Vorständin Stefanie Stoff-Ahnis dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

„Wir brauchen keine elf Apotheken fußläufig zum Münchner Marienplatz“, sagte Stoff-Ahnis laut dem Beitrag, der an diesem Montag veröffentlicht wurde. „Wir müssen aber dafür sorgen, dass Patientinnen und Patienten auch in der Uckermark, in Ostfriesland oder im Hunsrück eine Apotheke in der Nähe finden können.“

Mit diesen Plänen zur Umverteilung könnte die Gleichpreisigkeit von Arzneimitteln fallen. Für die ABDA ist dies allerdings eine „rote Linie“. Ähnlich lautende Vorschläge des Ökonomen Georg Götz, die dieser innerhalb seines Gutachtens zu Lauterbachs Apothekenreformplänen formuliert hatte, werden von der Standesvertretung weiterhin unter Verschluss gehalten – wobei unsicher ist, ob sie jemals veröffentlicht werden.

Lauterbachs Umverteilungspläne

Auch Lauterbach plant zur Sicherstellung der flächendeckenden Arzneimittelversorgung eine Umverteilung. Er will diese jedoch durch eine stufenweise Umstellung des prozentualen Teils des Apothekenhonorars auf den fixen bewerkstelligen. Die ABDA lehnt dies ab. Sie argumentiert, dass die Apotheken dann noch stärker von der Preisentwicklung isoliert würden als ohnehin bereits.

Unklar bleibt bei den Vorschlägen des Kassenverbands, welche Apotheken abgeben müssten und welche für einen „Versorgungsbonus“ infrage kämen. Offenbar schwebt dem GKV-Spitzenverband eine Verbindung von Umsatzstärke und geografischer Lage vor, das heißt, er geht davon aus, dass Stadtapotheken mit Blick auf den Umsatz besser dastehen als jene im ländlichen Raum.

Umsatz und Lage

Dazu heißt es von Stoff-Ahnis: „Apotheken, welche die Versorgung in der breiten ländlichen Fläche stemmen, verdienen eine wirtschaftliche Bevorzugung gegenüber Apotheken im hochfrequentierten Stadtkern.“ Diese wirtschaftliche Bevorzugung sollen „Apotheken, die wichtig sind für die Versorgung, aber aufgrund ihrer Lage nur eine geringe Anzahl an Arzneimitteln abgeben“, durch den erwähnten „Versorgungsbonus“ erfahren.

„Mythos Landapotheke“

Dem „Mythos Landapotheke“ hatte vor etwa einem Monat DAZ-Autor Thomas Müller-Bohn einen Beitrag gewidmet. Darin hält er unter anderem fest, dass es weder vom BMG noch von der ABDA verlässliche Daten dazu gibt, in welchen Lagen Apotheken tatsächlich geschlossen werden.

Darüber hinaus muss aber betont werden, dass auch in Städten eine angemessene Versorgung gegeben sein muss. Hier ist die Bevölkerungsdichte viel höher, als im ländlichen Raum und es wird eine gewisse Zahl an Apotheken benötigt, um alle versorgen zu können.


Matthias Köhler, Redakteur DAZ.online
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

DAV-Vorsitzender Hubmann: Kassen geht es nicht um Versorgung, sondern um „reinen Sparwahn“

Kritik an Kassen-Umverteilungsplänen

GKV-Spitzenverband will absatzschwache Apotheken zulasten der anderen unterstützen

Problematische Umverteilung

Problematische Idee zur Honorarumverteilung: Teil 2 der Analyse

Fehlanreize und allenfalls kurzfristige Vorteile für einzelne Apotheken

Problematische Idee zur Honorarumverteilung: Teil 1 der Analyse

GKV: Honorarkürzung soll Apotheken stärken

Die letzte Woche 

Mein liebes Tagebuch

Interview mit GKV-Vorstand Stefanie Stoff-Ahnis

„Der Versandhandel ist kein ‚Fremdkörper'“

5 Kommentare

Geldumverteilung

von K.R. am 22.05.2024 um 14:15 Uhr

Sehr geehrter Herr Lauterbach,
eine Stabilisierung der gegenwärtigen Versorgungsstrukrur ist unbedingt wünschenswert.
Ob das so sein muss, ist fraglich.
Im Moment wird von den Apothekeninhaber*innen sehr viel durch deren Engagement unsichtbar getragen.
Wenn eine Wende hin zu besserer Verteilung gewünscht wird, warum wollen Sie dann nicht alle Apotheken zu deren Marktwert aufkaufen und die Mitarbeiter wie in den Krankenhäusern bezahlen:
Apothekenleiter als Oberarzt etc.. Damit stünden Sie auch in der Personalberantwortung mit allen Konsequenzen. Außerdem können für OTC
- Erlöse Umsatzboni vereinbart werden.
Arzneimittelpreise verhandelt die GKV.
Das käme der derzeitigen Tendenz der nächsten Generation nach Workshop-Life-Balance sehr entgegen. Ob das die Versorgung wirklich verbessert,
wird sich zeigen.Sie könnten auch GKV- „Sitze“ wie bei den Ärzten einführen. Das ganze nennt man dann sozialistische Planwirtschaft. Wohin so etwas führt,konnte man 1989 beobachten ( ich spreche aus Erfahrung ).
Auf alle Fälle ist eine leistungsgerechte, inflationsausgleichende Lösung mit der Zahlungsmöglichkeit attraktiver Löhne anstrebenswert
Herzliche Grüße
K. R.
Apothekerin ( 39 Dienstjahre Vollzeit und mehr!)

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Geldumverteilung

von Holger am 22.05.2024 um 14:52 Uhr

Das ist eine schöne satirische Zusammenfassung, nur sollten Sie das bitte auch kennzeichnen, denn in der Schriftsprache sind ein Augenzwinkern oder eine veränderte Stimmfärbung eben nicht erkennbar.
(Wenn es keine Satire wäre, stünde es jedem Inhaber ja frei, seine Apotheke zu verkaufen und sich vom neuen Inhaber als Filialleiter anstellen zu lassen)

Gegen den Vergleich der Krankenhaussituation mit sozialistischen Strukturen muss ich mich allerdings verwehren. Seit Einführung des DRG-Systems haben wir da hartes Trimmen auf Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit - auf dem Rücken der Mitarbeiter, vor allem der Pflegekräfte und Ärzte, die dem maroden System seither auf breiter Front den Rücken zukehren.

Sie haben also negative Erfahrungen mit sozialistischen Systemen, ich habe negative mit kapitalgetriebenen. Wo ist die perfekte Mitte dazwischen?

Umverteilung

von Gerhard Zibulak am 21.05.2024 um 18:12 Uhr

Wo bleibt der Kommentar der ABDA zu diesem unqualifizierten Vorschlag der GKV Vorsitzenden?
Die ABDA sollte postwendend die Notwendigkeit von über 100 gesetzlichen Krankenkassen in Frage stellen!
Da wäre richtig Geld einsparbar.

» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten

AW: Umverteilung

von Holger am 22.05.2024 um 10:42 Uhr

Haben Sie Belege dafür, dass der Vorschlag unqualifiziert ist? Oder ist das lediglich Ihre persönliche und "gefärbte" Meinung? Die stünde Ihnen selbstverständlich zu - aber der Gegenseite halt genauso!

Mir liegen keine genauen Daten vor, aber es müsste sich doch herausfinden lassen, ob die Apothekenschliessungen der letzten Jahre eher in Innenstadtlagen oder eher in Randlagen bzw. in ländlichen Gebieten erfolgt sind? Ist da eine Häufung zu erkennen, wäre die Theorie der GKV zumindest nicht grundsätzlich verkehrt.

Ob wirklich Geld einzusparen ist durch die Zusammenlegung von Krankenkassen, da kann man geteilter Meinung drüber sein. Ist EINE zentrale "Bundesbehörde" wirklich der Inbegriff von Effizienz? Also ich habe da Zweifel. Genauso geht es bei den Apothekenschliessungen doch nicht um Einsparungen? Das sind unternehmerische Entscheidungen, die für die GKV keinen direkten Vorteil bringen, denn deren Kosten hängen doch von der Anzahl der Verordnungen ab, nicht von der Anzahl der Stellen, an denen die Verordnungen eingelöst werden.
Bei der GKV würde ich mir eher mehr Wettbewerb wünschen, sowohl auf der Beitragsseite wie auch auf der Leistungsseite.

AW: Umverteilung

von Apotheker am 25.05.2024 um 10:14 Uhr

Die Werbungskosten der 100 GKV machen 4% der jährlichen Kosten aus. Die Gesamtkosten des Apothekenhonorars sind dabei lediglich 2%. Sagen sie mir was wichtiger ist, die Versorgung oder die Werbung für den Wettbewerb der Kassen untereinander.

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.