Nacharbeit beim Cannabisgesetz

ABDA wünscht Klarstellung zur Preisbildung für Medizinal-Cannabis

Berlin - 22.05.2024, 10:45 Uhr

Die Grenzen zwischen Medizinal- und Genusscannabis drohen zu verwischen. (Foto: Schelbert)

Die Grenzen zwischen Medizinal- und Genusscannabis drohen zu verwischen. (Foto: Schelbert)


Die Ampel justiert bei den Regeln zur Cannabis-Legalisierung nach und führt zudem THC-Grenzwerte im Straßenverkehr ein. Die ABDA will darauf hinwirken, dass in diesem Zuge auch klargestellt wird, dass die Preisbindung für verschreibungspflichtiges Medizinal-Cannabis auch weiterhin gilt. Jetzt ließen sich die rechtlichen Vorgaben nämlich auch anders interpretieren.

Am vergangenen Donnerstag befasste sich das Bundestagsplenum zu später Stunde mit zwei Gesetzentwürfen: einem zur Änderung des Konsumcannabisgesetzes und des Medizinal-Cannabisgesetzes und einem zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und weiterer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften.

Hintergrund der Nachjustierung des erst am 1. April in Kraft getretenen Konsumcannabisgesetzes ist die Protokollerklärung, die die Bundesregierung anlässlich der zugehörigen Bundesratssitzung abgegeben hat. Man wolle den Bedenken und Wünschen der Länder Rechnung tragen, heißt es im Gesetzentwurf der Ampel-Fraktionen. So soll die im Konsumcannabisgesetz vorgesehene Evaluation erweitert und die Kontrolle von Anbauvereinigungen durch die Länder flexibilisiert werden. Außerdem sollen die Länder Handlungsspielraum beim Umgang mit Großanbauflächen erhalten. Darüber hinaus ist die Entwicklung eines Weiterbildungsangebotes durch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung für Suchtpräventionsfachkräfte der Länder und Kommunen vorgesehen. 

Weiterhin soll ein THC-Grenzwert im Straßenverkehr sowie ein Alkoholverbot für Cannabiskonsumenten eingeführt werden. Der Grenzwert soll der Neuregelung zufolge künftig bei 3,5 Nanogramm pro Milliliter liegen. Bei erstmaliger Überschreitung droht eine Strafzahlung von 500 Euro sowie ein einmonatiges Fahrverbot. 

Expertenanhörung im Gesundheitsausschuss

Beide Gesetzentwürfe wurden zur Beratung an den Gesundheitsausschuss des Bundestags verwiesen. Für den 3. Juni ist dort eine öffentliche Anhörung terminiert. Bereits am 6. Juni soll der Bundestag abschließend abstimmen.

Die vorgesehenen Änderungen betreffen die Apotheken zwar nicht. Dennoch hat die ABDA die Gelegenheit ergriffen und eine Stellungnahme zu dem Vorhaben verfasst. Sie möchte den Gesundheitsausschuss auf einen möglicherweise missverständlichen Punkt aufmerksam machen – in der Hoffnung, eine Klarstellung durch den Gesetzgeber zu erreichen. Dabei geht es um die Preisbildung für Medizinal-Cannabis.

Spezialgesetzliche Regelungen haben Vorrang

Was ist das Problem? Die ABDA erläutert: Durch die Schaffung spezialgesetzlicher Regelungen für dieses Arzneimittel im Medizinal-Cannabisgesetz findet das Arzneimittelgesetz (AMG) nunmehr nur noch Anwendung, sofern sich im Medizinal-Cannabisgesetz keine speziellen Regelungen finden. Für die Preisbildung von Medizinal-Cannabis gibt es solche speziellen Regeln nicht. Daher erfolgt die Preisbildung für das Rx-Arzneimittel weiterhin nach Maßgabe des § 78 AMG und der auf seiner Basis erlassenen Arzneimittelpreisverordnung.

Was die Apothekenpflicht von Medizinal-Cannabis betrifft, gibt es hingegen eine Spezialregel (§ 3 Abs. 2 MedCanG), die somit der allgemeinen Regelung (§ 43 Abs. 1 AMG) vorgeht. Rein praktisch war und bleibt Medizinal-Cannabis apothekenpflichtig. Nur ist es so, dass die Arzneimittelpreisverordnung ihren Anwendungsbereich ausdrücklich auf apothekenpflichtige Arzneimittel nach § 43 Abs. 1 AMG erstreckt. Die Befürchtung der ABDA: „Damit könnte vertreten werden, dass die Arzneimittelpreisverordnung auf Medizinal-Cannabis keine Anwendung findet, da sich die Apothekenpflicht für diese Arzneimittel nicht aus § 43 Absatz 1 AMG ergibt, sondern aus § 3 Absatz 2 MedCanG.“

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Eine Verletzung der Vorschriften der Arzneimittelpreisverordnung werde zwar weder als Straf- noch als Ordnungswidrigkeiten-Tatbestand geahndet, führt die ABDA aus. Jedoch habe man Verstöße in der Vergangenheit berufsrechtlich ahnden können – auf Grundlage der Berufsordnungen der Länder. Doch jetzt ist das wohl nicht mehr möglich, wie die ABDA feststellt: „Entsprechenden berufsrechtlichen Maßnahmen wegen etwaiger Verstöße gegen die Preisbildungsvorschriften bei der Abgabe von Medizinal-Cannabis seien aber nach der seit dem 1. April 2024 geltenden Rechtslage wegen des verfassungsrechtlichen Analogieverbots (Art. 103 Abs. 2 GG) die Grundlage entzogen. Auch die wettbewerbsrechtliche Verfolgung von Verstößen könnte erschwert werden.“

Tatsächlich sieht die Standesvertretung auch ganz konkreten Anlass für ihre Sorgen: Es gebe bereits Angebote, bei denen einzelne Anbieter von Medizinal-Cannabis in einen aggressiven Preiswettbewerb eingetreten seien. Durch „kollusives Zusammenarbeiten einzelner Beteiligter“ könne dabei auch die Grenze zwischen der Materie des Medizinal-Cannabisgesetzes und des Konsumcannabisgesetzes überschritten werden.

Damit es keine Missverständnisse gibt, sollte man aus ABDA-Sicht in § 1 Abs. 1 und 3 Arzneimittelpreisverordnung eine Klarstellung vornehmen, indem man schlicht auf den Verweis „nach § 43 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes“ verzichtet.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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