Arbeitsrechtliche Fragen

Wegen IT-Ausfall keine Arbeit möglich – muss der Lohn trotzdem gezahlt werden?

Berlin - 25.07.2024, 13:45 Uhr

Kein Computer funktionstüchtig, keine Arbeit? Es gibt sich noch andere Aufgaben in der Apotheke zu erledigen. (Foto: Schelbert)

Kein Computer funktionstüchtig, keine Arbeit? Es gibt sich noch andere Aufgaben in der Apotheke zu erledigen. (Foto: Schelbert)


Hat Ihre Apotheke am vergangenen Freitag mit dem weltweiten IT-Ausfall zu schaffen gehabt? Dass es immer wieder Situationen gibt, in denen die Technik in die Knie geht und Betriebe lahmlegt, wird ein realistisches Risiko bleiben. Das wirft auch arbeitsrechtliche Fragen auf: Muss das Gehalt gezahlt werden, wenn Arbeitnehmer*innen in solchen Fällen nicht ihrer gewohnten Tätigkeit nachgehen können?

Am vergangenen Freitag kam es durch ein fehlerhaftes Update weltweit zu IT-Ausfällen. Betroffen waren zahlreiche Branchen und Betriebe – auch Apotheken. Wenn es dabei zu Umsatzausfällen und sonstigen Schäden gekommen ist, stellt sich die Haftungsfrage, die bereits zahlreiche Rechtsabteilungen und Anwaltskanzleien beschäftigt. 

Eine andere Frage ist arbeitsrechtlicher Natur – sie kann sich auch in anderen Fällen in Apotheken immer wieder stellen. Wie wirkt sich der Ausfall eines wichtigen Computersystems, den weder der Arbeitnehmer noch der Arbeitgeber verschuldet haben und der die Weiterarbeit unmöglich macht, auf Entgeltansprüche aus?

Arbeitgeber tragen das Betriebsrisiko

Grundsätzlich gilt die Betriebsrisikolehre, das heißt: Arbeitgeber, also auch die Inhaberinnen und Inhaber von Apotheken, tragen das Risiko für Betriebsstörungen. Sie müssen dafür sorgen, dass der Betrieb läuft. „Das bedeutet, dass der Arbeitgeber auch dann zur Zahlung des Entgelts verpflichtet ist, wenn der Arbeitnehmer aufgrund eines technischen Defekts oder Ausfalls der IT-Infrastruktur nicht arbeiten kann“, erläutert der Berliner Rechtsanwalt Matthias Piwek gegenüber der DAZ. Es bleibt also beim Entgeltanspruch, es entstehen auch keine Minusstunden.

Dies ist überdies in den dienstvertraglichen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§ 615 BGB) zu entnehmen: Bei einem Annahmeverzug (Arbeitnehmer*in ist arbeitsbereit, aber die Apotheke ist es nicht), kann die vereinbarte Vergütung verlangt werden, eine Nachleistung muss nicht erbracht werden. Ein solcher Annahmeverzug kann entstehen, wenn es technische Störungen gibt und Computersysteme ausfallen.

Allerdings ist es möglich, dass der Arbeitsvertrag oder betriebliche Regelungen spezielle Klauseln enthalten, die etwas anderes zu den Auswirkungen von Betriebsstörungen auf den Entgeltanspruch regeln. Diese müssen dann zwar beachtet werden. Sie dürfen jedoch nicht zuungunsten der Arbeitnehmer von den gesetzlichen Bestimmungen abweichen, wie Piwek erklärt.

Wenn also klar ist, dass das Gehalt zu zahlen ist, sollten sich Apothekeninhaber*innen überlegen, welche Aufgaben ihre Angestellten ohne die nicht verfügbaren Systeme erledigen können. Sicher gibt es Liegengebliebenes im Backoffice oder auch denkbare Tätigkeiten in der Offizin. Allerdings können die Apothekenangestellten nicht für Aufgaben herangezogen werden, die völlig außerhalb ihres Berufsbildes liegen. 

Ein anderer Fall: Arbeitnehmer verschuldet Ausfall

Anders sieht die Sache nur aus, wenn der Arbeitnehmer selbst einen Ausfall des Computersystems zu vertreten hat. Für die Situation am vergangenen Freitag lässt sich dies klar verneinen. Aber sollte es mal dazu kommen, dass die IT in der Apotheke zum Beispiel durch unsachgemäße Handhabung, Fahrlässigkeit oder gar vorsätzliches Handeln lahmgelegt wird, kann dies finanziell negative – und sogar noch weitergehende – Folgen für den Arbeitnehmer haben.

Möglich ist etwa ein Lohnabzug: Etwaige Schadensersatzansprüche wegen (grober) Fahrlässigkeit oder Vorsatz können unter Umständen mit dem Entgelt verrechnet werden. Aber es ich auch denkbar, den Arbeitnehmer abzumahnen – gerade bei leichteren oder erstmaligen Verstößen kann man ihn so auf das Fehlverhalten hinweisen. Bei schwerwiegenden oder wiederholten Verstößen kann dann sogar eine fristlose Kündigung folgen. 


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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