Stellungnahme der Hochschullehrer

„Stillstand bei der Approbationsordnung ist ein Zeichen mangelnder Wertschätzung“

12.08.2024, 09:45 Uhr

So wie das BMG mit der Apothekerausbildung umgeht, wird niemand mehr Pharmazie studieren, befürchten die Hochschullehrer. (Foto: Anke Thomass / AdobeStock)

So wie das BMG mit der Apothekerausbildung umgeht, wird niemand mehr Pharmazie studieren, befürchten die Hochschullehrer. (Foto: Anke Thomass / AdobeStock)


Die pharmazeutischen Hochschullehrer machen sich Sorgen um das Ansehen der Ausbildung zum Apotheker für die öffentliche Apotheke. Dieses werde immer weiter herabgewürdigt, was den Fachkräftemangel weiter verstärken werde, heißt es in einer Stellungnahme. Durch das Apothekenreformgesetz und den Stillstand bei der Novellierung der Approbationsordnung sehen sie sich in ihrer Einschätzung bestärkt.

Die Konferenz der Fachbereiche Pharmazie (früher Verband der Professoren an Pharmazeutischen Hochschulen der Bundesrepublik Deutschland) vereint die an der Ausbildung zum Apotheker beteiligten Professoren an allen Pharmazie-Standorten im Land. In einer Stellungnahme haben diese ihre Sorge über die mangelnde Wertschätzung der Ausbildung zum Apotheker für die öffentliche Apotheke kundgetan. Das Ansehen dieser Ausbildung werde immer weiter herabgewürdigt.

Im Wesentlichen sind es drei Punkte, die die Professoren demnach in dieser Einschätzung bestätigen: 

  • das Apotheken-Reformgesetz (ApoRG), 
  • die kürzlich erfolgte Änderung des Pflichttextes bei der Werbung für OTC-Arzneimittel sowie 
  • der Stillstand bei der Novellierung der Approbationsordnung.

In Bezug auf die Apothekenreform teilen die Hochschullehrer die Auffassung der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft und verweisen auf deren Stellungnahme. Sie ergänzen, dass die Möglichkeit, eine Apotheke ohne approbierten Apotheker öffnen zu können, für sie einen Weg in die völlig falsche Richtung darstellt. In den Augen der Hochschullehrer missachtet der Ersatz von Apothekern durch PTA die hochwertige Ausbildung von Apothekern in Deutschland und gefährdet die Patientensicherheit, gerade vor dem Hintergrund, dass der Beratungsbedarf durch komplexe Therapien immer größer werde.

Gendergerechter Pflichttext: Hätte andere Möglichkeiten gegeben

Bei der Änderung des Pflichttextes wird die Erwähnung der Apothekerinnen und Apotheker vermisst – für die Pharma-Professoren ein weiteres Zeichen der Geringschätzung. Dieser war von „Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ zu „Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihre Ärztin, Ihren Arzt oder in Ihrer Apotheke“ geändert worden. Zwar hätten dies viele gar nicht wahrgenommen, für die Verantwortlichen der Pharmazeutenausbildung sei es ein großes Ärgernis. Es hätte andere, kürzere Möglichkeiten gegeben, um eine geschlechtergerechte Sprache einzuführen. Eine höhere Wertschätzung des fachlich anspruchsvollen Pharmaziestudiums durch eine passendere Formulierung wäre ein wichtiges Signal für alle approbierten Apotheker und den pharmazeutischen Nachwuchs.

„BMG missachtet die Notwendigkeit einer zeitgemäßen Ausbildung“

Den meisten Raum in der Stellungnahme erhält jedoch die Novellierung der Approbationsordnung. Es sei den Hochschullehrern durchaus bewusst, dass gerade im Gesundheitswesen viele dringende Fragen anstehen. Das seit langem andauernde Schweigen zu dem Entwurf der Novellierung der Approbationsordnung stelle jedoch eine Missachtung der Notwendigkeit einer zeitgemäßen, auf neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhenden Ausbildung der Apotheker dar. Die derzeit gültige sei schließlich 35 Jahre alt. Ein Runder Tisch hatte ein Positionspapier für eine Novellierung erarbeitet, das unter anderem vorsieht, das Studium von acht auf zehn Semester zu verlängern, um Raum für die notwendigen, neuen Inhalte zu schaffen. Dass man bislang keine Antwort vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) auf die Vorschläge erhalten habe, ist für die Hochschullehrer nicht verständlich. Im Sinne von zum Beispiel Patientensicherheit, Arzneimittelversorgung, wirtschaftlicher Konkurrenzfähigkeit sei die Sicherstellung einer hochqualifizierten Ausbildung essenziell. „Hierfür ist schnelles Handeln erforderlich, weshalb wir das BMG erneut dringlich auffordern, mit uns den Prozess der Neugestaltung der AAppO voranzutreiben.“

Verweis auf neue EU-Richtlinie

In diesem Kontext verweisen die Professoren auch auf eine neue EU-Richtlinie über Mindestanforderungen der Apothekerausbildung, die bis März 2026 eingeführt werden müssen. Die neuen Vorgaben führten zwangsläufig zu einer Verlängerung, weil die Inhalte nicht in acht Semestern untergebracht werden könnten. Wird die Richtlinie nicht umgesetzt, werden in Deutschland ausgebildete Apotheker nicht mehr in anderen EU-Ländern arbeiten können. Der vom Runden Tisch ausgearbeitete Vorschlag entspreche jedoch den neuen Vorgaben. „Wegen der unerlässlichen Notwendigkeit für eine zukunftsorientierte Ausbildung der Apotheker in Deutschland und der zeitlichen Vorgaben der EU wäre es sehr einfach, unseren Entwurf der Novellierung umzusetzen“, so die Hochschullehrer. Obwohl die Zeit dränge, sei man aber nicht darauf angesprochen worden.

Keine Lösung für den Fachkräftemangel – im Gegenteil!

All diese angesprochenen Punkte erfüllen die Professoren mit großer Sorge, wie man in Deutschland mit der Ausbildung der Apotheker umgeht, heißt es im Fazit. Wenn man mit den geplanten Maßnahmen versuche, dem Mangel an Apothekern entgegenzutreten, werde sicherlich genau das Gegenteil eintreten. Wer trotzdem noch Pharmazie studiere, werde sich noch häufiger, als das jetzt schon der Fall ist, für die Industrie entscheiden. Das Problem des Fachkräftemangels könne man nur lösen, indem man den öffentlichen Apotheker von immer mehr Bürokratie entlaste und ihnen eine solide, finanzielle Grundlage ermögliche. „Man darf aber nicht das Ansehen des Apothekers immer weiter herabwürdigen und so Schüler und Studierende von diesem Berufszweig abschrecken. Ohne Attraktivität für den öffentlichen Apotheker wird das jetzige System in Deutschland zusammenbrechen.“

Die Hochschullehrer hoffen daher, „dass das BMG diesem Trend Einhalt gebietet, indem es den Referentenentwurf zum ApoRG überdenkt, sich dem Vorschlag zur Änderung der Approbationsordnung widmet und die angesprochene Formulierung im Heilmittelwerbegesetz neu fasst“.

Die vollständige Stellungnahme finden Sie hier


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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