Wirtschaftstage des LAV Sachsen-Anhalt

Mand: „Apotheken degenerieren zu Arzneimittelabgabeläden“

Merseburg - 30.09.2024, 15:15 Uhr

Professor Dr. Elmar Mand sieht das Ende der inhabergeführten Apotheke nah, sollte eine Apothekenreform nach Karl Lauterbachs Vorstellungen kommen. (Foto. Moritz Hahn)

Professor Dr. Elmar Mand sieht das Ende der inhabergeführten Apotheke nah, sollte eine Apothekenreform nach Karl Lauterbachs Vorstellungen kommen. (Foto. Moritz Hahn)


Das Apotheken-Reformgesetz ist aus Sicht des Apothekenrechtsexperten Elmar Mand höchst gefährlich: Die vorgesehenen Strukturmaßnahmen höhlten das Leitbild des Apothekers in seiner Apotheke aus, die Ideen zur Vergütung seien eine „Katastrophe“ und nicht einmal die geplante Regelung zur Skonto-Rückkehr könne etwas verbessern.

Der Pharma- und Apothekenrechtler Professor Elmar Mand lässt kein gutes Haar an der geplanten Apothekenreform. Aus seiner Sicht können „alle froh sein“, wenn die Reform nicht über den Referentenentwurf hinauskommt. Das machte er am vergangenen Freitag bei den Wirtschaftstagen des Landesapothekerverbandes Sachsen-Anhalt deutlich.

Mand betrachtete die vorgesehenen Strukturmaßnahmen aus rechtlicher Sicht. Was die Honorar-Pläne betrifft, kritisierte er die Absenkung der prozentualen Vergütung von 3 auf 2 Prozent. Schon dies sei eine Katastrophe, Hochpreiser sind bereits jetzt ein Problem für viele Apotheken. Doch dieser Vergütungsanteil habe Apotheken bislang immerhin noch eine Teilhabe an den steigenden Kosten ermöglicht. Zwar soll die Kappung zunächst durch ein höheres Fixum kompensiert werden. Doch auch hier ist der Jurist skeptisch, zumal die Zuständigkeit für das Apothekenhonorar vom Bundeswirtschafts- ins Bundesgesundheitsministerium (BMG) verlagert werden soll. Dies sei schon deshalb „fatal“, weil das BMG für die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) zuständig ist. Damit werde es auch immer deren wirtschaftliche Lage im Blick haben und bei neuen Vergütungsregelungen berücksichtigen.

Verhandlungen sind auch keine Lösung

Doch von den ab 2027 geplanten Honorarverhandlungen zwischen GKV-Spitzenverband und Deutschem Apothekerverband hält Mand ebenso wenig. Als unparteiisches Mitglied der Schiedsstelle, die in Fällen gescheiterter Verhandlungen angerufen wird, kann er den Optimismus, der auch aus Reihen der Apothekerschaft wahrzunehmen war, nicht teilen. Er betonte das Machtgefälle zwischen GKV und DAV und verwies darauf, dass das Verhandeln nicht immer bedeute, dass das Honorar steige. Im Schiedsverfahren zu den Zytostatika-Preisen habe die GKV-Seite die Arbeitspreise halbieren wollen – der Schiedsspruch wird nun beklagt (wie auch die Schiedssprüche zu Cannabis und den pharmazeutischen Dienstleistungen). 

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Mand geht davon aus, dass auch ein Schiedsspruch zum Fixum vor Gericht landen würde. Und ein Verfahren vor den Sozialgerichten könne sich über Jahre hinziehen. Rechtssicherheit sieht anders aus. Aus seiner Sicht ist das Fixum ein klarer Fall für den Gesetz- bzw. Verordnungsgeber.

Nicht einmal die Skonto-Regelung ist sinnvoll

Misslungen ist laut Mand selbst die Regelung, mit denen Großhandelsskonti für Apotheken wieder erlaubt werden sollen. So wie sie derzeit formuliert sei, ändere sie nichts an der gegenwärtigen Situation. Sie sei ebenso wie die Begründung unverständlich und widersprüchlich und bringe damit nur neue Rechtsunsicherheit und -streitigkeiten. Das Problem: Die Gewährung von „handelsüblichen Rabatten oder Vergünstigungen“ soll „abweichend“ von der Regelung zum prozentualen Zuschlag (§ 2 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz AMPreisV) zulässig sein. Tatsächlich führe sie als solche aber gar nicht zu einer „Abweichung“. Möglicherweise sei es ein redaktionelles Versehen oder man hoffe schlicht, dass der Großhandel trotzdem wieder zu Skonti zurückkehre. 

Kurzum: Mand zufolge können die neuen Vergütungsregeln den Apotheken nicht die Finanzierung bieten, die nötig wäre, um ihren öffentlich-rechtlichen Versorgungsauftrag zu erfüllen.

Weg frei für Kapitalgesellschaften

Nicht zuletzt sind die geplanten Apotheken ohne Apotheker für Mand eine große Gefahr. Dieses „Angebot“, durch den Einsatz von PTA statt Approbierten weitere Kosten zu senken, degradiere Apotheken zu reinen „Arzneimittelabgabeläden“ unter „Fernleitung“. Und es führe zum Ende des Leitbilds des Apothekers in seiner Apotheke – mit gravierenden Folgen. Denn dieses Leitbild rechtfertige derzeit die Regelungen unter anderem zum Fremdbesitzverbot und dem eingeschränkten Mehrbesitz. Solche Normen könnten aber nicht mehr kohärent aufrechterhalten werden, wenn eine Apothekenleitung aus der Ferne einfach möglich wäre – sie verlören ihre verfassungsrechtliche Rechtfertigung. Und damit sei der Weg bereitet für Kapitalgesellschaften und Abgabestellen in Drogerien. 

Diese Strukturreform werde daher „völlig zu Recht von der Apothekerschaft vehement abgelehnt“, so Mand. Dabei sollte sie auch bleiben. Eine gewisse Hoffnung gibt dem Juristen, dass die Ampel-Koalition sich ohnehin schwertut und die Apothekenreform möglicherweise doch nicht kommt – „dann können alle froh sein“.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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