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Veklury®
Remdesivir
Nukleosid-Analogon bei COVID-19
Das Adenosin-Nukleotid-Prodrug Remdesivir (Veklury®) ist für die Behandlung von COVID-19-Patienten mit einer Pneumonie vorgesehen, die zum Zeitpunkt des Therapiebeginns eine nichtinvasive Sauerstoffzufuhr erfordert. Der Wirkstoff kann bei Erwachsenen und Jugendlichen ab zwölf Jahren und einem Körpergewicht von mindestens 40 kg zum Einsatz kommen.
Remdesivir
Wirkungsmechanismus
Die genetische Information des RNA-Virus SARS-CoV-2 wird im Zytosol der Wirtszelle in virusspezifische Proteine übergeführt. Hierbei wird die virale RNA zunächst durch die ebenfalls virale RNA-Polymerase vervielfältigt (RNA-Replikation), sodass zahlreiche Kopien der gesamten Virus-RNA entstehen. Hieraus werden Virusproteine hergestellt, die sich zu neuen Viren zusammenlagern.
Sie gelangen durch Exozytose aus der Wirtszelle und können weitere Wirtszellen infizieren. Der antivirale Wirkstoff Remdesivir ist ein Monophosphoramidat, das in den Wirtszellen in die pharmakologisch aktive Form des Nukleosid-Triphosphat-Metaboliten GS-443902 umgewandelt wird. Als Analogon von Adenosin-Triphosphat (ATP) konkurriert Remdesivir-Triphosphat mit dem natürlichen Substrat ATP um die Integration in die entstehenden RNA-Ketten. Dies führt während der viralen RNA-Replikation zu einer verzögerten Kettenterminierung und zum Kettenabbruch. Als Folge wird die weitere Vermehrung des Virus in den infizierten Zellen unterbunden.
Pharmakokinetik
Resorption: Remdesivir wird ausschließlich intravenös verabreicht, daher beträgt die Bioverfügbarkeit 100%.
Proteinbindung, Verteilung: Die Plasmaproteinbindung von Remdesivir liegt bei 88%. Das Verteilungsvolumen wurde noch nicht ermittelt.
Metabolismus: Remdesivir wird zunächst durch Esterasen in den Zwischenmetaboliten GS-704277 überführt. Im Anschluss erfolgen eine Phosphoramidat-Spaltung und eine Phosphorylierung, die zur quantitativen Bildung des pharmakologisch aktiven Remdesivir-Triphosphats GS-443902 führt. Über eine Dephosphorylierung von allen phosphorylierten Metaboliten entsteht letztlich der inaktive Nukleosid-Metabolit GS-441524, der selbst nicht mehr effizient rephosphoryliert wird.
Exkretion: 74% einer Dosis erscheinen überwiegend in Form von GS-441524 im Urin. 18% werden in den Fäzes wiedergefunden. Die Eliminationshalbwertszeiten von Remdesivir und GS-441524 liegen im Bereich von einer bzw. 27 Stunden.
Dosierung, Art und Dauer der Anwendung
An Tag 1 werden 200 mg Remdesivir als Bolusgabe intravenös verabreicht. Für die folgenden Tage liegt die empfohlene Dosierung bei einmal täglich 100 mg. Die Behandlungsdauer sollte insgesamt mindestens fünf und maximal zehn Tage betragen. Bei älteren Patienten über 65 Jahren und bei leichter bis mäßiger Niereninsuffizienz ist keine Dosisanpassung erforderlich. Remdesivir sollte jedoch bei Patienten mit schwerer Nierenfunktionsstörung und einer geschätzten glomerulären Filtrationsrate (eGFR) unter 30 ml/Minute nicht angewendet werden. Derzeit ist nicht bekannt, ob bei Patienten mit Leberinsuffizienz eine Dosisanpassung erforderlich ist. Sicherheit und Wirksamkeit von Remdesivir bei Kindern unter zwölf Jahren oder einem Gewicht unter 40 kg wurden bislang nicht geprüft.
Kontraindikationen
Bei Überempfindlichkeit gegen Remdesivir besteht eine Kontraindikation. Bei Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz oder Alanin-Aminotransferase(ALT)-Werten oberhalb des Fünffachen der normalen Obergrenze sollte die Behandlung ebenfalls nicht begonnen werden.
Unerwünschte Wirkungen
Während der Anwendung von Remdesivir kommt es sehr häufig zu erhöhten Transaminase-Werten. Häufig wird über Kopfschmerzen, Übelkeit und Hautausschläge berichtet. Selten treten Überempfindlichkeitsreaktionen und infusionsbedingte Reaktionen auf. Ebenso sind Bradykardien möglich, die entsprechende Inzidenz wurde noch nicht bestimmt.
Wechselwirkungen
Bislang liegen keine Erfahrungen zum Interaktionspotenzial von Remdesivir vor. Die Substanz ist ein Substrat von Biotransformationsenzymen wie Esterasen, CYP2C8, CYP2D6 und CYP3A4 sowie des Organo-Anion-Transporters OATP1B1 und des P-Glykoprotein(P-gp)-Transporters. Entsprechende Induktoren und Inhibitoren sollten daher mit Vorsicht in Kombination eingesetzt werden. So könnte der CYP450- und P-gp-Induktor Rifampicin zu stark reduzierten Remdesivir-Wirkspiegeln führen. Von einer gleichzeitigen Anwendung wird daher abgeraten. Der mittelstarke CYP450- und P-gp-Induktor Dexamethason hat dagegen nach derzeitigem Kenntnisstand keine klinisch relevante Wirkung auf die Bioverfügbarkeit von Remdesivir. Aufgrund von In-vitro-Untersuchungen wird die gleichzeitige Anwendung von Remdesivir und Chloroquinphosphat oder Hydroxychloroquin-Sulfat nicht empfohlen. Zwischen den Wirkstoffen kommt es möglicherweise zu antagonistischen Wirkungen, die zu einer eingeschränkten antiviralen Aktivität führen. Remdesivir zeigte sich in vitro als Inhibitor von CYP3A4 sowie der Transporter OATP1B1 und OATP1B3. Bis zur Klärung der klinischen Bedeutung dieser Befunde sollte zu entsprechenden Substraten ein Einnahmeabstand von zwei Stunden eingehalten werden, da anderenfalls die Gefahr von verstärkten Wirkungen und Nebenwirkungen dieser Substanzen besteht. Remdesivir induziert zumindest in vitro das Enzym CYP1A2 und potenziell auch CYP3A. Bei Substraten mit geringer therapeutischer Breite muss mit einer eingeschränkten Wirkung gerechnet werden.
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen
Falls während der Applikation von Remdesivir Symptome einer Überempfindlichkeitsreaktion auftreten, sollte die Infusionszeit auf bis zu 120 Minuten ausgedehnt werden. In schweren Fällen ist die Applikation jedoch sofort zu beenden. Vor Therapiebeginn und während der Anwendung von Remdesivir sollte die Leberfunktion überwacht werden.
Patienten mit bereits bestehender Leberinsuffizienz dürfen nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung mit dem antiviralen Wirkstoff behandelt werden. Bei ALT-Spiegeln oberhalb des Fünffachen der normalen Obergrenze sowie bei einer Erhöhung der ALT-Spiegel mit Symptomen einer Leberentzündung oder ansteigenden Bilirubin-, alkalische-Phosphatase- oder INR-Werten sollte die Behandlung mit Remdesivir unterbrochen werden. Im Tierexperiment an Ratten und Affen zeigte sich durch Remdesivir eine schwere Nierentoxizität. Obwohl die klinische Relevanz für den Menschen bislang ungeklärt ist und der zugrunde liegende Mechanismus weiter untersucht werden muss, ist besondere Vorsicht geboten. Vor und während der Behandlung ist insbesondere bei entsprechend prädisponierten Patienten eine engmaschige Kontrolle der Nierenfunktion angeraten. Ebenso ist zu berücksichtigen, dass das Remdesivir-Präparat Hexakis- und Heptakis-O-(4-sulfobutyl)cyclomaltoheptaose-Natriumsalz enthält, das über die Niere ausgeschieden wird. Insbesondere bei Patienten mit bereits verminderter Nierenfunktion kann es zu einer Ansammlung der Substanz in der Niere kommen, was sich möglicherweise nachteilig auf die Nierenfunktion auswirkt.
Schwangerschaft und Stillzeit
Wegen bisher nur sehr begrenzter präklinischer und klinischer Daten darf die Anwendung von Remdesivir bei Schwangeren nur in kritischen Fällen erfolgen. Frauen im gebärfähigen Alter müssen während der Behandlung wirksame Verhütungsmittel anwenden. Es ist nicht bekannt, ob Remdesivir in die Muttermilch übergeht, im Tierexperiment war dies der Fall. Um eine Schädigung des gestillten Säuglings auszuschließen, muss eine Entscheidung getroffen werden, ob auf die Therapie verzichtet oder das Stillen unterbrochen werden soll. Hierbei ist zu beachten, dass auch die Gefahr einer Übertragung von SARS-CoV-2 auf den Säugling besteht.
Handelspräparat Veklury®
Hersteller
Einführungsdatum
Zusammensetzung
100 mg Remdesivir pro Durchstechflasche
Sonstige Bestandteile
Hexakis- und Heptakis-O-(4-sulfobutyl)cyclomaltoheptaose-Natriumsalz (1:6,2 bis 6,9), Salzsäure (zur Einstellung des pH-Wertes), Natriumhydroxid (zur Einstellung des pH-Wertes), Wasser für Injektionszwecke
Packungsgrößen, Preise, PZN
1 Durchstechflasche, Preis noch nicht mitgeteilt (nur krankenhausversorgende Apotheken), PZN 16756148
Indikation
Behandlung der Coronavirus-Krankheit 2019 (COVID-19) bei Erwachsenen und Jugendlichen (im Alter von mindestens zwölf Jahren und mit einem Körpergewicht von mindestens 40 kg) mit einer Pneumonie, die eine zusätzliche Sauerstoffzufuhr erfordert (Low- oder High-Flow-Sauerstofftherapie oder eine andere nichtinvasive Beatmung zu Therapiebeginn)
Dosierung
Tag 1: einmalige Initialdosis von 200 mg Remdesivir als intravenöse Infusion; ab Tag 2 einmal täglich 100 mg Remdesivir; die gesamte Behandlungsdauer sollte mindestens fünf und nicht mehr als zehn Tage betragen.
Kontraindikationen
Überempfindlichkeit gegen Remdesivir
Unerwünschte Wirkungen
Die häufigsten Nebenwirkungen bei gesunden Probanden waren erhöhte Transaminasen-Werte (14%). Die häufigste Nebenwirkung bei Patienten mit COVID-19 war Übelkeit (4%).
Wechselwirkungen
Es wurden noch keine klinischen Interaktionsstudien mit Remdesivir durchgeführt. Das Gesamtpotenzial für Wechselwirkungen ist derzeit unbekannt.
Warnhinweise, Vorsichtsmaßnahme
Bei Anzeichen oder Symptomen einer klinisch bedeutsamen Überempfindlichkeitsreaktion muss die Anwendung von Remdesivir unverzüglich beendet und eine geeignete Behandlung eingeleitet werden. Während der Anwendung von Remdesivir sind Leber- und Nierenfunktion zu überwachen.
Literatur
[1] Fachinformation zu Veklury®, Stand Juni 2021
[2] Beigel JH, Tomashek KM, Dodd LE, Mehta AK et al. Remdesivir for the treatment of COVID-19 - final report. N Engl J Med 2020;383(19):1813-1826
[3] EPAR summary for the public. Veklury® Remdesivir. EMA/676677/2020; European Medicines Agency; www.ema.europe.eu
01.06.2021