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Glosse: Die Millionen-Chance
Ein Jubiläum brachte den Beweis: Wer über seinen Schatten springt, kassiert Millionen. Was vor 25 Jahren mit 160000 Mark begann, summierte sich inzwischen zu Einnahmen von über 72,5 Millionen harter D-Mark. Alles dank Werbung am Mann (oder an der Frau). Den Anstoß gab am 27.Februar 1973 der damalige Fußballbundesligist Eintracht Braunschweig. Er vermietete die Heldenbrüste seiner Kicker für eine Schnaps-Idee von Spirituosenunternehmer Günter Mast, der die Trikots mit einem Hirsch-Porträt und dem Firmenemblem JÄGERMEISTER "schmückte". Die Ausnahme von damals ist längst die Regel geworden. Werbung auf dem Hemd ist für Fußballspieler zu einer wichtigen Einnahmequelle geworden. Und für Tennisspieler. Für Skifahrer. Für Rennfahrer sowieso. Für fast alle Sportler. Von Kopf bis Fuß ist alles auf Werbung eingestellt. Selbst die Hemden von Comoderatoren des Fernsehens sind nicht mehr vor eingestickter Firmenwerbung sicher. Non olet. Die Frage ist, warum folgen die ApothekerInnen nicht dieser einnehmenden Idee? Damit könnten sie schnell alle Umsatzsorgen beheben, könnten rote Zahlen bald in schwarze verwandeln. Schließlich müßte der Firma BAYER doch der Kittel einer Apothekerin wichtiger sein als den Kickern in Leverkusen. Je nach HOECHSTgebot und RATIOPHARMazeutischen Bewertungen könn- ten Aufnäher mit anerkanntem GULDENzeichen versteigert werden. Kein Apothekerkittel dürfte mehr ohne Werbeaufdruck verMERCKt werden. Von BEIERSDORF bis GRÜNENTHAL und TROMMSDORF könnten regionale Standortvorteile genutzt werden. WELLCOME, neue Zeit! Wo alles wirbt, darf die Pharmazie nicht einsam wachend abseits stehen. Schließlich ist das Arzneimittelwerk Dresden 1995 doch schon mit gutem Beispiel vorangegangen, als es dem Arbeitersamariterbund zehn zusätzliche Stellen für ambulante Pflegedienste finanzierte. Einzige Gegenleistung: Die gesponsorten Mitarbeiter mußten auf ihren Kitteln einen Werbeaufkleber der Firma tragen. Gesetzliche Regelungen und Standesvorschriften lassen das für Apotheken nicht zu? So dachte der Deutsche Fußballbund bis zum Oktober 1973 für seinen Bereich ja auch. Doch dann machte er den Weg endgültig frei für die Trikotwerbung. Folgt man dem österreichischen Beispiel, wäre sogar noch viel Platz zu vergeben. Rapid Wien beispielsweise trägt die Logos von sechs Firmen, verteilt auf Kragen, Ärmel, Brust, Rücken, Hosenbeine und Stutzen. Und die Fahrzeuge der FormelI sind vor lauter Werbung kaum noch zu erkennen. Und manche Sportler gleichen eher wandelnden Litfaßsäulen. Also nur Mut? Vorschriften können schließlich auch geändert werden. Warum sollte den Apothekern billig sein, was den Fußballern teuer ist? Halt, ein Argument könnte dagegenstehen: Der Apotheker will seine weiße Weste behalten. Um jeden Preis. Was dann ja wohl auch zu preisen wäre. Hans Mohl
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