Prisma

Fortpflanzung: Der Weg zum Wunschkind

Bei ungewollter Kinderlosigkeit müssen sowohl der Mann als auch die Frau untersucht und beraten werden, erläuterte Dr. Thomas Katzorke, Essen, bei der Interpharm Stuttgart. Während die häufigste Ursache der männlichen Sterilität mit Arzneimitteln nicht zu behandeln ist, stehen bei weiblicher Infertilität mehrere medikamentöse Möglichkeiten zur Verfügung.

Rund 10% aller Paare müssen lange auf ihr Wunschkind warten oder gar ganz darauf verzichten, Eltern zu werden. Die Gründe für eine Kinderlosigkeit liegen zu einem Drittel beim Mann, zu einem Drittel bei der Frau und zu einem weiteren Drittel bei Mann und Frau.

Verminderte Spermienqualität?
Die Ursachen für die zunehmende ungewollte Kinderlosigkeit sind vielschichtig; so spielen Veränderungen in der Altersstruktur und Umweltnoxen eine Rolle. Außerdem scheint die Spermienqualität in den letzten Jahren allgemein abzunehmen. Dafür werden zahlreiche Ursachen diskutiert: Über- oder Untergewicht, Alkohol- oder Nicotinabusus, Drogenkonsum, Schichtarbeit, extreme sportliche Betätigung, Virusinfektionen, Umweltnoxen wie organische Lösungsmittel, Pestizide, Blei-, Cadmium- und Quecksilberbelastung könnten eine Rolle spielen.

Bei über 30% der betroffenen Männern liegt eine idiopathische Subfertiliät vor, weitere mögliche Ursachen der Sterilität sind Krampfadern an den Hoden, Infektionen, anatomische Anomalien sowie allgemeine Erkrankungen. Die idiopathische Infertilität kann medikamentös nicht behandelt werden. Allerdings werden auch noch heute unterschiedliche Wirkstoffe eingesetzt, deren Wirksamkeit nicht erwiesen ist. Dazu gehören Gonadorelin (GnRH), Gonadotropine, Androgene, Antiöstrogene, Aromatasehemmer, Kallikrein und Pentoxyphyllin. Bei idiopathischer Fertilität und Kinderwunsch kann eine künstliche Befruchtung helfen, eventuell in Kombination mit einer operativen Samengewinnung.
Bei einem Hypogonadismus sollte zuerst Testosteron substituiert werden, anschließend kann eine weitere Behandlung erfolgen. Bei Erkrankungen der Hypophyse werden Gonadotropinpräparate eingesetzt. Bei hypothalamischen Fertilitätsstörungen ist eine Gonadorelin(GnRH)- oder Gonadotropintherapie erfolgversprechend.

Weibliche Infertilität: mehrere Behandlungsmöglichkeiten
Die häufigsten Ursachen weiblicher Sterilität sind Hormonstörungen. Die Therapie richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache. Bei einem erhöhten Prolaktinspiegel ist ein Prolaktinhemmer (Bromocriptin, Lisurid, Cabergolin, Quinagolid, Metergolin) indiziert. Bei einem erhöhten Androgenstoffwechsel werden zuerst antiandrogene Ovulationshemmer eingesetzt, adipöse Frauen sollten unbedingt abnehmen. Anschließend führt eine Stimulation mit Clomifen/FSH/LH zu guten Erfolgsquoten.
Die Endometriose ist eine weitere häufige Ursache für Infertilität. Sie wird medikamentös mit Danazol, Gestagenen und GnRH-Superagonisten (Enantone-Gyn®) behandelt. Im fortgeschrittenen Stadium kann ein operativer Eingriff erforderlich sein.

Ovarielle Stimulation mit nachfolgender Gonadotropintherapie
Bei einer Ovarialinsuffizienz werden zuerst die Ovarien durch Clomifen stimuliert (Gabe vom 5. bis 9. Zyklustag; eventuell mit einer Dosissteigerung im zweiten Zyklus).
Ist nach sechs Monaten keine Schwangerschaft eingetreten, folgt die Gonadotropintherapie. Gonadotropine steuern die Sexualfunktion des weiblichen und männlichen Organismus. Ältere Präparate wie Humegon®, Pergonal®, Menogon®, Fertinorm® werden aus menschlichem Urin gewonnen und sollten nach Möglichkeit nicht mehr verwendet werden, da sie zu einer erhöhten Abortrate (u. a. durch Fremdproteine und Medikamentenrückstände im Spenderurin) führen. Zur Gonadotropintherapie sind die gentechnisch hergestellten FSH-Präparate vorzuziehen (Puregon® und Gonal F®).
Die Ovulation kann durch Gonadotropinpräparate mit LH-Aktivität wie Choragon®, Pregnesin®, Predalon®, Primogonyl® induziert werden. Diese Methode gestattet eine exakte Terminierung des Eisprungs (36 bis 41 Stunden nach der Injektion). Zusätzlich kann die Gelbkörperfunktion durch HCG (humanes Choriogonadotropin) gefördert und die endometriale Sekretion durch Progesteron wie Hydroxyprogesteron (Proluton®) oder Utrogestan® gestützt werden. Eine Gonadotropinbehandlung bringt die Gefahr von Mehrlingsschwangerschaften und einer Hyperplasie der Ovarien mit sich.

Assistierte Reproduktion
Eine künstliche Befruchtung kann nach folgenden Verfahren durchgeführt werden:
- Superovulation
- Insemination
- In-vitro-Fertilisation (IVF)
- mikroassistierte Fertilisation (ICSI; Intracytoplasmatische Spermatozoeninjektion oder Mikroinsemination)
Vor der künstlichen Befruchtung muß eine ovarielle Hyperstimulation ausgelöst werden, um mehrere reife Eizellen zu gewinnen. Dazu wird häufig durch einen GnRH-Agonisten eine Entkopplung von Hypophyse und Eierstock durchgeführt. Mit Hilfe neuer antagonistischer Gonadorelinpräparate kann die ovarielle Stimulation noch vereinfacht werden.
Im Gegensatz zu den älteren Methoden, bei denen für eine Befruchtung ca. 100 000 Samenfäden vorhanden sein müssen, wird für die ICSI nur eine Samenzelle benötigt, die extrakorporal in eine Eizelle injiziert wird. Dieses Verfahren gehört mittlerweile zu den Standardmethoden; die Schwangerschaftsraten liegen bei IVF und ICSI zwischen 20 und 30% pro Behandlung. IVF und ICSI führen zu häufigeren Mehrlingsgeburten, die Fehlbildungsrate ist aber nicht erhöht.

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