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Arzneimittelgesetzgebung: Bundesregierung bringt 8. AMG-Novelle auf den Weg
Keine Arzneimittel zu Dopingzwecken Neu in das Arzneimittelgesetz (AMG) aufgenommen werden sollen Vorschriften zum Verbot von Arzneimitteln zu Dopingzwekken im Sport. Ziel ist dabei in erster Linie der Schutz der Gesundheit, während die Gewährleistung der sportlichen Fairneß den Gremien des Sports obliegt. Nach dem Gesetzentwurf ist es künftig verboten, Arzneimittel zu Dopingzwecken im Sport in den Verkehr zu bringen, zu verschreiben oder bei anderen anzuwenden. Diese Regelung gilt für den Sport insgesamt und erfaßt neben dem Leistungssport auch den Breitensport. Von der Neuregelung sind Arzneimittel betroffen, die Stoffe der im Anhang des Übereinkommens gegen Doping aufgeführten Gruppen von Dopingwirkstoffen enthalten, sofern diese Stoffe zu anderen Zwecken als der Behandlung von Krankheiten in den Verkehr gebracht, verschrieben oder angewandt werden und das Doping bei Menschen erfolgt oder erfolgen soll. Das Bundesgesundheitsministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung weitere Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen zu bestimmen, auf die diese Regelungen Anwendung finden, um eine Gefährdung der Gesundheit des Menschen durch Doping im Sport zu verhüten. Entscheidend dafür, daß diese Bestimmung greift, ist, so die Gesetzesbegründung, der konkrete Bestimmungszweck, d.h. die Verwendung des Arzneimittels zu Dopingzwecken. Dies bedeute, so die Begründung weiter, daß die mit dem Inverkehrbringen, der Verschreibung oder der Anwendung beabsichtigte Verwendung auf eine Steigerung der Leistung bei sportlichen Aktivitäten abzielt. Eine Einnahme zur Leistungssteigerung liege insbesondere vor, wenn mit dem Arzneimittel die körperlichen Kräfte oder die Ausdauer erhöht werden sollen. Darunter falle auch die Stärkung des Muskelwachstums im Zusammenhang mit ≥Bodybuilding". Es sei unerheblich, ob die Leistungssteigerung auf sportliche Aktivitäten im Wettkampf, im Training oder in der Freizeit abzielt. Von dem Verbot nicht erfaßt wird nach der Begründung die Verwendung von Arzneimitteln – auch wenn sie Stoffe der genannten Wirkstoffgruppen enthalten – zum Zwecke der Behandlung von Krankheiten oder zu einem anderen Zweck als ≥zu Dopingzwecken", also außerhalb sportlicher Betätigung, z.B. durch Schüler vor Prüfungen. Arzneimittel, die pharmazeutische Unternehmer mit der durch die zuständige Bundesoberbehörde zugelassenen Indikation ≥Leistungssteigerung" oder ähnlichen Indikationen in den Verkehr bringen, fallen daher nicht unter das Verbot; entsprechendes gilt für die nach §105 AMG fiktiv zugelassenen Arzneimittel. Die Begründung stellt ferner klar, daß die Regelungen für Dopingmittel zur Anwendung beim Menschen gelten. Für Tiere ist das Doping durch §3 Nr. 11 des Tierschutzgesetzes erfaßt, nach dem die Anwendung von Dopingmitteln an einem Tier bei sportlichen Wettkämpfen oder ähnlichen Veranstaltungen verboten ist.
Ausnahmen von der Registrierungspflicht
Die für homöopathische Arzneimittel bestehende Ausnahme von der Registrierungspflicht bei einer Jahresproduktion von bis zu 1000 Packungen soll aus Gründen der Arzneimittelsicherheit eingeschränkt werden. Die Ausnahme von der Registrierungspflicht soll grundsätzlich nicht gelten
• für Arzneimittel aus Stoffen menschlicher oder tierischer Herkunft, aus Viren oder Mikroorganismen,
• für Arzneimittel mit einem zu geringen Verdünnungsgrad (Abstand von der in verschreibungspflichtigen Arzneimitteln enthaltenen Menge des betreffenden Wirkstoffs) sowie
• grundsätzlich für Arzneimittel, bei denen im Falle einer beantragten Registrierung ein Versagungsgrund (u.a. unerwünschte Arzneimittelrisiken, keine Herstellung nach einer Vorschrift des homöopathischen Arzneibuchs) vorliegen würde.
Homöopathische Arzneimittel, für die ein Registrierungsantrag gestellt wurde, sind von dieser Änderung bis zur Entscheidung über den Registrierungsantrag nicht betroffen.
Erleichterungen bei klinischer Prüfung Erleichtert werden soll die Durchführung klinischer Prüfungen. Gleichzeitig soll der Patienten- bzw. Probandenschutz ausgebaut werden. Dazu soll künftig bei multizentrischen Studien das Votum der für den Leiter der klinischen Prüfung zuständigen Ethik-Kommission maßgeblich sein. Bislang mußten die Voten aller Ethik-Kommissionen, die für die teilnehmenden Ärzte zuständig sind, vorliegen. Widersprüchliche Voten, zeitliche Verzögerungen und ein erheblicher Verwaltungsaufwand hatten die Durchführung klinischer Prüfungen erheblich erschwert. Es wird klargestellt, daß personenbezogene Patienten- bzw. Probandendaten aus klinischen Prüfungen von Vertretern des Auftraggebers oder der Überwachungsbehörden zwar eingesehen, vom Prüfarzt aber nicht weitergegeben werden dürfen.
Kein Versandhandel Weiterhin im Entwurf enthalten ist das Versandhandelsverbot für apothekenpflichtige Arzneimittel. Im AMG soll ausdrücklich festgeschrieben werden, daß diese Arzneimittel für den Endverbrauch nur in Apotheken und nicht im Wege des Versandes in den Verkehr gebracht werden dürfen. Außerhalb von Apotheken darf nach dem Gesetzentwurf mit Ausnahme der bereits heute im Gesetz vorhandenen Ausnahmen künftig mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln kein Handel getrieben werden. Damit wird der Gesetzesbegründung zufolge klargestellt, daß auch die unentgeltliche Abgabe von apothekenpflichtigen Arzneimitteln, die über die Notfallversorgung hinausgeht, ausgeschlossen ist. Es werde klargestellt, daß andere Personen als die am Arzneimittelverkehr beteiligten apothekenpflichtige Arzneimittel auch dann nicht entgeltlich abgeben dürfen, wenn es nicht berufs- oder gewerbsmäßig geschieht. Damit würden insbesondere Einzelfälle der Abgabe von ≥Ersatzdrogen" erfaßt. Von erheblicher Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch die Änderung von §73 Abs. 2 Nr. 6a. Die Bezugsmöglichkeiten von Arzneimitteln durch Patienten aus dem Ausland werden konkretisiert, daß diese Möglichkeit des Bezuges durch Verbraucher oder Patienten nicht für gewerbsmäßige oder berufsmäßige Vermittler gilt. Eine grundsätzliche Streichung dieser Bezugsmöglichkeit ist aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes nicht möglich. Es wird erwartet, daß über diese Regelung der Versandhandel mit Arzneimitteln aus dem Ausland eingeschränkt werden kann. Außerdem wird im Heilmittelwerbegesetz die Werbung für den Bezug von Arzneimitteln im Wege des Teleshopping verboten. Das Verbot basiert auf einer EG-Richtlinie, die alle zulassungspflichtigen Arzneimittel umfaßt. Aus Gründen der Praktikabilität und Gleichbehandlung erfaßt die Regelung im Heilmittelwerbegesetz alle Arzneimittel. Die Regelung betrifft nur die Werbung für den Bezug von Arzneimitteln, nicht die Werbung für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel an sich.
Bundesoberbehörde darf informieren Ihren Niederschlag findet in der 8. AMG-Novelle auch eine gerichtliche Auseinandersetzung zwischen der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AKdÄ) und einem Arzneimittelhersteller. Die AKdÄ hatte im Rahmen eines Stufenplanverfahrens nicht nur über die zu klärenden Fragen berichtet und die Ärzte um entsprechende Meldungen gebeten, sondern auch auf alternative Behandlungsmöglichkeiten hingewiesen. Anschließend war der AKdÄ gerichtlich untersagt worden, über entsprechende Verfahren zu berichten. Im AMG wird jetzt eine gesetzliche Grundlage geschaffen, daß die zuständige Bundesoberbehörde die Öffentlichkeit über Arzneimittelrisiken und beabsichtigte Maßnahmen informieren kann. In der Begründung wird ergänzend darauf hingewiesen, daß solche Informationen vor Abschluß der betreffenden Verfahren ≥ergebnisoffen" erfolgen, um Mißverständnisse zu vermeiden. Eine Information durch die zuständige Bundesoberbehörde sei insbesondere bei breit angewendeten Arzneimitteln zur sachgerechten Unterrichtung der Anwender und Patienten notwendig und damit geeignet, das Risikobewußtsein zu schärfen und zugleich Verunsicherungen entgegenzuwirken. Die Befugnis zur Unterrichtung der Öffentlichkeit schließe ein, die Fachöffentlichkeit neben oder soweit sinnvoll anstelle der allgemeinen Öffentlichkeit zu informieren. Einzelheiten zur Durchführung der Information, insbesondere zur Beteiligung der betroffenen Hersteller und der Stufenplanbeteiligten (dazu gehört auch die Arzneimittelkommission der Apotheker), einschließlich der Bestimmung von Informationsmitteln und -wegen sollen durch die allgemeine Verwaltungsvorschrift nach §63 AMG erfolgen. Die satzungsmäßigen Aufgaben und Befugnisse der Arzneimittelkommissionen der Heilberufe, ihre Mitglieder zu informieren, sollen von der Neuregelung unberührt bleiben.
EDV-gestütztes Informationssystem beim DIMDI Ferner soll die Rechtsgrundlage für ein EDV-gestütztes Informationssystem über Arzneimittel beim Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) geschaffen werden. Mit Hilfe dieses Systems soll der Datenaustausch zwischen den Zulassungsbehörden, den Überwachungsbehörden der Länder und den zuständigen Behörden der Europäischen Gemeinschaften erleichtert werden. Das DIMDI verarbeitet zu diesem Zweck die beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte vorhandenen Datenbestände. Ferner soll das DIMDI auch andere Datenbanken, die einen Bezug zu Arzneimitteln haben, bereitstellen können. Einzelheiten zur Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der Daten sollen in einer Rechtsverordnung festgelegt werden. Das Informationssystem ist dem Vernehmen nach bereits weitgehend fertiggestellt. Die Öffentlichkeit hat nach derzeitigem Stand einen eingeschränkten Zugang zu den Daten. In diesem Teil des Systems werden nur die Daten bereitgestellt, die auch über andere Quellen wie die Zulassungsbekanntmachungen der Zulassungsbehörden ohnehin öffentlich zugänglich sind.
Weitere Regelungen der 8. AMG-Novelle
Weitere Regelungen betreffen eine Vielzahl von Einzelfragen, die aber im Einzelfall auch Auswirkungen für die Arzneimittelanwendung haben können:
JMehrere Änderungen betreffen die Kennzeichnung von Arzneimitteln. Alle Bestandteile müssen künftig nicht nur bei Arzneimitteln zur Injektion, sondern bei allen parenteralen Darreichungsformen auf den Behältnissen und Verpackungen angegeben werden.
Auf Behältnissen und Verpackungen müssen, falls erforderlich, künftig neben Vorsichtsmaßnahmen zur Beseitigung nicht verbrauchter Arzneimittel auch Vorsichtsmaßnahmen zur Vermeidung von Gefahren für die Umwelt angegeben werden.
Die Ausnahmeregelung, daß bei Kleinstpackungen nicht alle Angaben auf den Behältnissen gemacht werden müssen, wird von Gefäßen von bislang 3 ml Rauminhalt auf 10 ml Rauminhalt erweitert. Diese Änderung wurde erforderlich, weil die Angaben zur Zusammensetzung, die Hinweise zur Beseitigung und Vermeidung von Gefahren für die Umwelt auf Behältnissen mit einem Volumen unter 10 ml oft nur mit einem erheblichen technischen Aufwand in lesbarer Schrift aufgebracht werden können.
Zugelassene Arzneimittel müssen ein Jahr nach der ersten Zulassungsverlängerung vom Hersteller entsprechend diesen neuen Vorschriften in den Verkehr gebracht werden. Homöopathische Arzneimittel müssen spätestens nach fünf Jahren umgestellt sein.
• Für die Herstellung und Prüfung von Transplantaten, PET Radiopharmaka und Wirkstoffen werden, wie dies bereits u.a. für Blutzubereitungen, Sera und Impfstoffe gilt, spezifische Sachkenntnisse als Voraussetzung für die Tätigkeit als Herstellungs- oder Kontrolleiter verlangt bzw. zugelassen, die den Besonderheiten dieser Arzneimittel besser Rechnung trägt. Die Möglichkeiten, daß Vertreter anderer Berufsgruppen diese Tätigkeiten anstelle von Apothekern übernehmen können, dürften damit erweitert werden. Wer eine entsprechende Tätigkeit zum Zeitpunkt des Inkrafttretens ausübt, darf diese im bisherigen Umfang weiterhin ausüben.
• Es wird klargestellt, daß die Ausnahme von der Zulassungspflicht nach §21 Abs. 2 Nr. 1 AMG nur dann gilt, wenn die Tagesproduktion nicht mehr als 100 abgabefähige Packungen beträgt. Bislang durfte die Chargengröße 100 nicht übersteigen. Durch die tägliche Herstellung mehrerer Chargen konnte die Zulassungspflicht umgangen werden.
• In die Kostenverordnung, die die von den Zulassungsbehörden zu erhebenden Gebühren regelt, sollen künftig auch Gebühren für Auskünfte und Beratungen der Zulassungsbehörden aufgenommen werden, sofern es sich nicht um mündliche oder einfache schriftliche Auskünfte handelt.
• Zulassungsunterlagen können künftig auch auf elektronischen Speichermedien eingereicht werden. Dabei ist den Belangen kleiner und mittlerer Unternehmen Rechnung zu tragen.
• Es wird ausdrücklich klargestellt, daß Personen, die die im AMG hierfür vorgeschriebenen Qualifikationen nicht nachweisen können, die Tätigkeit des Informations- oder Stufenplanbeauftragten nicht wahrnehmen können. Durch eine Bewehrung mit einem Bußgeld soll einer Besetzung durch nicht ausreichend qualifizierte Personen begegnet werden.
Der Entwurf enthält keine Vorschriften zur Verschärfung der Gefährdungshaftung der Arzneimittelhersteller. Es gibt jedoch nachhaltige Bemühungen, hier in absehbarer Zeit zu einer Neuregelung zu kommen. Das Bundesjustizministerium arbeitet derzeit an einer übergeordneten Regelung, die alle Bereiche einschließt, beispielsweise auch den Umweltschutz. Die Befürworter einer Neuregelung der Haftung für Arzneimittelschäden befürchten jedoch, daß das Anliegen damit auf unbestimmte Zeit verschoben würde. Andererseits erscheint es angesichts der in der jetzigen Legislaturperiode verbleibenden Zeit fraglich, ob bis zur Sommerpause eine diesbezügliche Regelung noch gefunden werden kann.
Die 8. AMG-Novelle soll noch in
dieser Legislaturperiode verabschiedet werden. Der Bundesrat soll sich mit dem Entwurf Anfang Februar befassen. Die endgültige Verabschiedung soll im Juni erfolgen.
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