Randnotitz

Liebes Christkind,

es ist bitterkalt geworden draußen, für uns kleine Apothekerleins. Von allen Seiten weht uns eisiger Wind ins Gesicht. Wir schuften und rackern uns tagtäglich für unsere Patienten ab; wir malochen im Nachtdienst und bringen unseren Computern das Eurorechnen bei; wir schaffen täglich ein neues Billiggenerikum heran, das wieder 2 Pfennige weniger kostet - bloß weil es der Doktor so will und obwohl vier andere gleichwertige in der Schublade liegen; wir hören uns geduldig die Reklamationen von Oma Pfleiderer an, die schon zum dritten Mal einen anderen Import bekommen hat (wie sie uns verriet, hat sie alle Packungen - noch unangebrochen - nebeneinander auf den Tisch gelegt und verglichen und jede war anders...da müsse was nicht stimmen); meine PTA fährt jeden Abend bis spät in die Nacht Arzneimittel aus, die wir tagsüber beim besten Willen nicht liefern konnten; wir waren auf vielen Fortbildungskursen - nein, nicht was du denkst, ich meine richtige Fortbildung - Palma, Meran und Davos können wir uns nicht leisten, wir hören Fortbildung in Gießen, Heidelberg, Hamburg und Stuttgart. Ja, und dann betreuen wir schon mit großem Zeitaufwand und Einsatz unsere Diabetiker und Asthmatiker so richtig pharmazeutisch - ich kann dir sagen, da wird bei uns in der Apotheke vielleicht gepiekst, gepustet und gemessen, was die Geräte hergeben, und dann ordentlich Protokoll geführt. Einfach toll, was wir dabei schon an Fehlmedikation und schlechter Compliance festgestellt und korrigiert haben. Macht Spaß, zu helfen, nur: Geld werden wir dafür wohl nie bekommen - obwohl wir eine Menge Geld für die Krankenkassen dadurch einsparen.

Alles ist selbstverständlich, was wir machen. Im Gegenteil, bald müssen wir den Kassen noch ein Prozent mehr Rabatt geben, damit wir ihre Versicherten beliefern und umtütteln dürfen, und müssen unsere Arzneipreisverordnung drehen. Unsere supertolle Leistung, unsere perfekte Logistik, die 1a-Distribution, die Info- und Beratungsleistungen und die psychosozialen Seelsorgedienste an unseren Patienten - was alles in allem nur läppische 2,9 % der Kassenausgaben ausmacht -, das ist den Kassen zu teuer! Aber die Kassenbosse selbst genehmigen sich Star-Gagen, bauen Glaspaläste und verwalten auf Teufel komm raus, dass diese Kosten nur so explodieren. Was meinst du liebes Christkind, ist das nicht in höchstem Maße ungerecht? Sind wir nicht schon die Deppen des Gesundheitswesens?

Statt auf uns, die Basis zu hören, lässt sich Ulla von Groß-Eberhard und Klein-Gert besäuseln, die ihr einreden wollen, der Postbote könnte alles viel besser als wir. Aber, wer will denn schon Versandhandel? Oma Pfleiderer freut sich jedes Mal, wenn sie zu uns kommen kann. Und selbst der Cyber-Freak von nebenan holt sich seinen Pfefferminztee lieber selbst bei uns ab - na ja, vielleicht ist daran ja auch Marietta, unsere neue PTA schuld.

Zu allem Übel glauben so oberg'scheite Wirtschaftsfuzzis auch noch, mit freien Preisen, Ketten, Fremd- und Mehrbesitz würde alles noch billiger werden. Beim Otto-Versand, bei BigMäc und bei Vodafone mag das ja alles noch stimmen, aber bei Abciximab, Alemtuzumab, Capecitabin und Imatinib ist das bitteschön etwas vollkommen anderes. Ich behaupte einfach mal, da ist es gut, wenn sich jemand vor Ort, so wie wir Apothekers in unserer Offizin, drum kümmert und dem Patienten von Mensch zu Mensch hilft.

Eines versteh ich nicht, liebes Christkind: Wenn die Krankenkassen heute Pups machen und der Nation verkünden, dass es ein Versandhandel billiger macht, dann steht es morgen in allen Zeitungen. Wenn unsere Eschborner heute Pups machen, dann gibt's nur heiße Luft und es passiert gar nichts. Schick' ihnen doch mal eine Eingebung, wie man sich heute in der Medienwelt Gehör verschafft. Geld ist doch da in Eschborn. Ach, was sollte dein Räuspern? Was wolltest du sagen? Ja, jetzt fang bloß nicht wieder mit den Berliner Peanuts und den gebunkerten Millionen an. Gönn' uns' Hans-Günter, Johannes und Hermann Stefan doch ihr neues Kaminzimmer, du weißt doch, Politiker in Nadelstreifen lieben das! Und ich hab' gehört, liebes Christkind, die besten politischen Geschäfte soll man ja auf dem Golfplatz machen. Wie wär's, wenn du für unsere Burschen ein bisschen Fairway und ein kleines Green in Berlin suchst? Wie, keine gute Idee?

Na gut, dann erfüll' mir bitte meinen letzten kleinen Herzenswunsch: Unterstütz' doch bitte unsere beiden wackeren Mädels, die Schwaben-Karin und die Hessen-Gabi. Vielleicht schaffen sie es ja doch noch mit deiner Unterstützung, in Eschborn kräftig einzuheizen. Sonst wird's noch kälter und dunkler in unserem Apothekerdasein.

In diesem Sinne wünsch ich dir auch ein munteres, mit Hoffnung gespicktes Weihnachtsfest.

Dein Apothekerlein Peter

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