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- DAZ 13/2001
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Die Seite 3
Wenn Sie vor zehn oder zwanzig Jahren Ihr Staatsexamen gemacht und sich nicht laufend fortgebildet haben, dann dürften Sie über viele und wichtige moderne Arzneimittel nicht mehr ausreichend Bescheid wissen. Denken Sie zurück: Das Prinzip einer Cox-2-Hemmung steckte damals in den Kinderschuhen, nicht sedierende Antihistaminika gab es so gut wie nicht, CSE-Hemmer gegen hohe Blutfettwerte, Triptane gegen Migräne, potente Protonenpumpenhemmer gegen Magenprobleme, Neuraminidasehemmer gegen Grippeviren - moderne Arzneimittel, die wir uns heute kaum noch wegdenken können, die aber vor zehn, zwanzig Jahren erst entwickelt wurden oder noch in den Phasen der klinischen Prüfungen steckten. Ganz zu schweigen von den monoklonalen Antikörpern, den Fortschritten bei gentechnisch hergestellten Arzneistoffen, z. B. die modernen Insuline, und die vielen anderen High-tech-Arzneimittel, mit denen es erstmals möglich wird, auch seltenere Krankheiten zu therapieren.
Hand aufs Herz: wenn Sie heute eines dieser modernen Arzneimittel über den Handverkaufstisch abgeben, könnten Sie dann auch - nein nicht die chemische Formel, sondern - den dazugehörigen Wirkmechanismus erklären? Es muss auf Anhieb ja nicht das letzte Detail einer langen Rezeptor-Interaktionskette sein, aber so in groben Zügen? Wissen Sie immer sofort, worauf es ankommt, vielleicht auch, ob es galenische Besonderheiten zu berücksichtigen gilt, auf die Sie auch den Patienten hinweisen sollten?
Demjenigen, der heute den Apothekerberuf ergreift, muss klar sein, dass er sein Wissen kontinuierlich auffrischen muss, dass dies ständige Fortbildung bedeutet. Da gibt es verschiedene Möglichkeiten, dies zu tun, die sich in aller Regel ergänzen, so z. B. lernen mit der Fachzeitschrift, mit den neuesten Auflagen von Standard-Fachbüchern, mit Internetrecherchen oder mit Videopharm, dem Fortbildungsmagazin auf Video. In dieser Ausgabe geben wir Ihnen u. a. eine Überblick über die neueste Kassette.
Und dann gibt es natürlich die Fortbildung mit dem Besuch von Kongressen. Die Interpharm ist z. B. eine solche Möglichkeit. Der Interpharm-Kongress am vorletzten Wochenende in Hamburg zeigte, wie spannend es sein kann, dazu zu lernen, sich mit pharmazeutischen Wissensgebieten zu befassen. Zum Beispiel mit den komplementären Therapieformen, als Alternative oder Ergänzung zur Schulmedizin: Anthroposophie, Homöopathie und die chinesische Medizin. Oder das hochaktuelle Thema der Allergien (z. B. Heuschnupfen), die heute immer häufiger auftreten. Ein Thema, mit dem Sie jeden Tag in der Praxis konfrontiert werden, sind Infektionen durch Viren und Bakterien. Die Interpharm widmete diesen Krankheiten gleich fünf Vorträge.
Ein weiterer topaktueller Brennpunkt auf der Interpharm: Gentechnik. Versuchen Sie sich doch einmal klar zu machen, wie genetische Information gespeichert, abgerufen und weitergegeben wird, was beim "genetic engineering" passiert und wo der Unterschied liegt zwischen einem murinen und einem humanisierten Antikörper.
In dieser DAZ-Ausgabe haben wir für Sie die wissenschaftlichen Vorträge zusammengefasst, zum Nacharbeiten, wenn Sie dabei waren, als Fortbildungsanregung, als Anstoß, sich mit dieser Materie zu befassen. Und wenn Ihnen die Fortbildungskongresse im Ausland zu weit, zu teuer und zu umständlich sind: im nächsten Frühjahr findet die Interpharm, der größte pharmazeutische Fortbildungskongress in Deutschland, wieder in Stuttgart statt.
Von der Fortbildung zur Berufs- und Gesundheitspolitik: Internet und Versandapotheke, zwei Schlagworte, die uns vermutlich noch länger beschäftigen werden. Aktuell: die Gmünder Ersatzkasse (GEK) hat einen Vorstoß in Richtung Versandapotheke gestartet. Sie schloss mit der Versandapotheke Mediservice in der Schweiz einen Vertrag, aufgrund dessen sich ihre Versicherten Arzneimittel per Post liefern lassen können - das gilt allerdings nur für die in der Schweiz lebenden Versicherten. "Gerne" so heißt es in einer Pressemitteilung dieser Krankenkasse vollmundig, würde sie "diesen sicheren und kostengünstigen Service auch ihren deutschen Kunden anbieten". Tja, aber leider, leider fehlen in Deutschland noch die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen.
Ich meine: gottseidank fehlen sie und hoffentlich werden sie nie etabliert. Denn dadurch kommen auch weiterhin die GEK-Versicherten in den Genuss einer wirklich sicheren und preiswerten Arzneimittelversorgung, mit Beratung, mit Betreuung, mit prompter Lieferung, mit Nacht- und Notdienst. Liebe GEK, diesen Full-Service sofort und rund um die Uhr soll deine ach so hochgejubelte Mediservice AG erst mal bieten. Und ehrlicherweise sollte man das den GEK-Versicherten in der Schweiz auch sagen, welche Einbußen sie dadurch in Kauf nehmen.
Peter Ditzel
Das A und O
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