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Phytotherapie bei Herzinsuffizienz: Stark genug für das schwache Herz

Mit entsprechenden Vorsorgeuntersuchungen sowie einer frühzeitigen und individuell angepassten Behandlung kann der Entwicklung einer Herzinsuffizienz heute einigermaßen gut begegnet werden. In der Therapie haben auch Phytopharmaka ihren Platz: Die Zwischenergebnisse einer langfristigen Crataegus-Studie zeigen: Weißdorn optimiert die Therapie von Patienten mit Herzinsuffizienz.

Die Anzahl der Patienten mit Herzinsuffizienz nimmt in Deutschland seit Jahren kontinuierlich zu, sie stellt heute eine der häufigsten behandlungsbedürftigen Erkrankungen dar. 1 bis 3% der Bevölkerung sind davon betroffen, 10% aller über 70-Jährigen leiden daran. Zwar werden heute die Menschen älter, aber nicht immer macht das Herz mit. Herzinsuffizienz tritt außerdem als Folge von Bluthochdruck, bei koronaren Herzerkrankungen (KHK) oder bei Diabetes auf.

Prognose von Herzinsuffizienz immer noch beängstigend

Die Versorgungssituation von Patienten mit angeschlagenem Herzen ist allerdings alles andere als befriedigend – trotz einiger neuer Erkenntnisse, die in den letzten Jahren die Forschung liefern konnte. Nach wie vor gibt es keine medikamentöse Therapie, welche die fortschreitende und innerhalb von fünf Jahren zu 50% tödlich verlaufende Erkrankung stoppen oder gar heilen könnte. Es mag überraschend klingen, aber die Prognose für eine Herzinsuffizienz im fortgeschrittenen Stadium ist durchaus mit der von malignen Grunderkrankungen vergleichbar.

Da die Betroffenen nicht nur unter beängstigenden Aussichten, sondern auch das Alltagsleben stark beeinträchtigenden Beschwerden wie Luftnot, leichte Ermüdbarkeit, Beinschwellungen und nächtlichem Harndrang leiden und sie im Ernstfall hospitalisiert werden müssen, hat eine Behandlung, die auf die Verringerung dieser Symptomatik und eine Verbesserung der Lebensqualität abzielt, einen hohen therapeutischen Stellenwert. Aber als ebenso wichtig erachtet man inzwischen eine Prognoseverbesserung. Heutzutage wird für jedes Medikament mit Indikation Herzinsuffizienz auch eine Mortalitätsstudie gefordert. Zeitweise gab es nämlich Therapieansätze, die zwar die Symptome verbesserten, aber gleichzeitig zu einer Übersterblichkeit führten.

Kombinationstherapien bevorzugt

In jedem Fall muss eine Herzinsuffizienz so schnell und so früh wie möglich behandelt werden; der Schweregrad bestimmt die Behandlungsmethode. Entsprechend der evidenzbasierten Medizin kommen heute vier therapeutische Strategien vorwiegend zum Einsatz:

  • Digitalis. Diese ältesten herzwirksamen Medikamente wirken nur symptomatisch, ohne die Prognose zu verbessern. Bei Überdosierung besteht die Gefahr von Arrhythmien. In Deutschland werden noch verhältnismäßig viel Digitalisglykoside verschrieben, während man in anderen Ländern inzwischen Kombinationstherapien bevorzugt.
  • ACE-Hemmer (als Alternative bei Unverträglichkeit AT1-Antagonisten). Sie verbessern Beschwerden und Prognose, d. h., sowohl die Mortalität als auch Hospitalisation kann gesenkt werden. Sie sind bei jedem Schweregrad einsetzbar und sind die Basis für Medikamentenkombinationen. Häufigste Nebenwirkung ist Reizhusten.
  • Spironolacton. Anders als bei den nur symptomatisch wirkenden Schleifendiuretika (Furosemid) konnten neuere Studien (Rales II) für den Aldosteronantagonisten auch eine Prognoseverbesserung bei schwerer Herzinsuffizienz (NYHA III und IV) nachweisen. Trotzdem ist Spironolacton nur begrenzt einsetzbar, da vor allem bei älteren, bereits mit ACE-Hemmern behandelten und häufig niereninsuffizienten Herzpatienten die Gefahr von Hyperkaliämie besteht.
  • β-Blocker. Bezüglich der β-Blocker-Therapie hat ein Paradigmenwechsel stattgefunden. In jüngsten Studien konnte auch ein eindeutiger prognoseverbessernder Effekt belegt werden, besonders in Kombination mit ACE-Hemmern. Diese neuen Erkenntnisse schlagen sich aber nur sehr zögernd in der deutschen Behandlungspraxis nieder, zu diffizil und nebenwirkungsreich ist die Einstellung und Behandlung, aber auch die Voreingenommenheit der Patienten. In der ca. achtwöchigen Einstellungsphase kann zudem noch eine kurzzeitige Verschlechterung der Symptomatik eintreten.

Neue Behandlungsschemata konnten die Krankheitssituation und die Sterblichkeitsraten für herzkranke Patienten entscheidend verbessern – dies lässt sich auch an den stagnierenden Zahlen der gelisteten Patienten für eine Herztransplantation ablesen. Trotzdem wird weiterhin intensiv nach neuen pharmakologischen Ansätzen gesucht. Endothelin-Antagonisten, Endopeptidase-Inhibitoren, Calcium-Sensitizer, auch die hochdosierte Substitution von natürlichen Elektrolyten, Vitaminen und Aminosäuren erscheinen vielversprechend.

Crataegus in der Allgemeinpraxis nach wie vor gut etabliert

In der Praxis des niedergelassenen Arztes hat sich daneben gerade in den letzten Jahren der Weißdornextrakt zur Behandlung des insuffizienten Herzens immer breiter durchgesetzt. Crataegusextrakt-Präparate gehören heute zu den bestuntersuchten Phytopharmaka.

Umfassende pharmakologische Untersuchungen und zahlreiche kontrollierte, klinische Studien aus den letzten zehn Jahre belegen: Mit Weißdornextrakt wird der schwache Herzmuskel besser durchblutet und gestärkt. Die Steigerung des Koronardurchflusses erfolgt durch Dilatation der Koronararterien. Die Effektivitätssteigerung der Herzarbeit ist nicht cAMP-abhängig. Für die Wirksamkeit werden in erster Linie die Flavonoide und oligomeren Procyanidine verantwortlich gemacht.

Crataegus ist bei leichten bis mittelschweren Formen der Herzinsuffizienz ebenso angezeigt wie bei unspezifischen Herzsymptomen. Bei guter Verträglichkeit und unveränderten Blutparametern verbessert sich die Lebensqualität der behandelten Patienten. In einer Gegenüberstellung erwies sich Crataegus mit dem ACE-Hemmer Captopril in der Wirkung vergleichbar. Eine hochdosierte Weißdorntherapie stellt in den Stadien NYHA I und II eine gut steuerbare, wirksame und verträgliche adjuvante Therapiealternative dar.

Crataegus-Studien auf Hochtouren

Seit Ende 1998 läuft mit einem Crataegusextrakt-Präparat (WS 1442) die SPICE-Studie (Survival and Prognosis Investigation of Crataegus Extract) mit mehr als 1000 Teilnehmern; sie ist zugleich die erste Überlebensstudie eines Phytopharmakons.

In einer weiteren langfristigen prospektiven kontrollierten Kohortenstudie mit demselben Extrakt wird der Einfluss einer Crataegus-Therapie auf die Symptomatik von Patienten mit Herzinsuffizienz im Stadium NYHA II untersucht. In 276 Prüfzentren werden 590 Patienten mit geschädigtem Myokard nach individuell festgelegten Therapieschemata mit Craegusextrakt WS 1442 als Monotherapie (37%) oder als Kombinationstherapie mit konventionellen chemisch-synthetischen Präparaten behandelt.

Eine Vergleichskohorte (365 Patienten) erhält nur eine konventionelle Therapie. Um bessere Vergleichsmöglichkeiten zwischen den Kohortenteilnehmern zu haben, werden jeweils Paare mit möglichst übereinstimmenden Ausgangsparametern (gleiches Geschlecht und Alter, Links- oder Rechtsherzinsuffizienz, ähnliche Begleiterkrankungen etc.) zusammengestellt. Diese "Matched-Pairs-Technik" ermöglicht eine befriedigende wissenschaftliche Evaluierung der Ergebnisse. Die vorläufige Auswertung nach zweijähriger Behandlung ergab, dass sich im Mittel alle beobachteten Symptome in beiden Behandlungsgruppen stabilisierten bzw. verbesserten.

Erstaunlicherweise fielen aber die Verbesserungen bei den mit Crataegusextrakt behandelten Patienten durchwegs stärker aus als in der Vergleichskohorte. Bei den Symptomen Müdigkeit, Belastungsdyspnö und Herzklopfen war dieser Unterschied statistisch signifikant. Es bleibt abzuwarten, ob und inwieweit sich die für Crataegusextrakt günstigen Ergebnisse bis zum Abschluss der dreijährigen Langzeitstudie weiter vertiefen.

Kein aut idem für Phytopharmaka

Auch bei dieser Gelegenheit wurde wieder darauf hingewiesen, dass eine Aut-idem-Substitution von Phytopräparaten nicht mit den festgeschriebenen Austauschregeln konform geht. Eine Substitution kann – wie in der Leitlinie zur guten Substitutionspraxis der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft ausgeführt – nur bei wirkstoffgleichen Präparaten gefahrlos vorgenommen werden.

Bei Phytopharmaka handelt es sich beim "Wirkstoff" aber durchwegs um Pflanzenextrakte, also Vielstoffgemische, deren Konstanz der Zusammensetzung und deren gleichbleibende Wirkung von vielen Faktoren abhängen, angefangen vom Ausgangsmaterial bis hin zum Herstellungsverfahren. Allem voran entscheidend ist der Rohstoff, der "von Natur aus" schon stark variabel ist. Von Hersteller zu Hersteller wird diesen Problemen unterschiedlich begegnet (z. B. mit einheitlichem, patentiertem Saatgut, Chargendurchmischung etc.).

Es versteht sich von selbst, dass gleiche Voraussetzungen von unterschiedlichen Phytopharmakaherstellern nur schwer, wenn überhaupt, zu erfüllen sind. In den DPhG-Richtlinien zu aut idem wird daher die Substitution eines Phytopharmakons durch ein anderes abgelehnt, sofern nicht eindeutige klinische Belege für die therapeutische Äquivalenz der betreffenden Präparate vorliegen.

Quelle

Pressekonferenz "Phytotherapie: Stark genug für das schwache Herz!", veranstaltet vom Komitee Forschung Naturmedizin e.V. (KFN) am 13. Juni 2002 in München mit Prof. Dr. M. Habs, Karlsruhe, Prof. Dr. C. Holubarsch, Waldkirch, Prof. Dr. Dr. E. Mutschler, Mainz, und Dr. med. C. Spanier, Magdeburg. Mehr unter: www.phytotherapie-komitee.de

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