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Hortus Eystettensis – Der Garten von Eichstätt

Zum Thema "Bischof und Apotheker: Der Hortus Eystettensis: Seine Geschichte, seine Pflanzen" hielt der Bamberger Apotheker und Pharmaziehistoriker Prof. Dr. Werner Dressendörfer am 15. Januar in Würzburg einen Vortrag. Eingeladen hatte die Regionalgruppe der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft in Kooperation mit der Landesgruppe Franken der Deutschen Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie. Der Referent ist Apothekenleiter und lehrt an den Universitäten Regensburg und Erlangen das Fach Geschichte der Pharmazie. Er beschäftigt sich unter anderem mit der Darstellung von Arznei- und Zierpflanzen in der Kunstgeschichte.

Johann Konrad von Gemmingen und der "Hortus"

Die mittelfränkische Bischofsstadt Eichstätt – malerisch im Altmühltal gelegen – ist aus mehreren Gründen eine Reise wert. Neben dem Dom sowie den Baudenkmälern der Altstadt gehört auch ein Besuch der Willibaldsburg zum "Sight-seeing"-Programm. Dort kommt nicht nur der Geologe oder Paläontologe im Naturkundemuseum auf seine Kosten (Jurakalke!). Seit dem Jahr 1998 kann man auch den rekonstruierten "Hortus Eystettensis" bestaunen. Dabei handelt es sich um einen Arznei- und Zierpflanzengarten sui generis.

Auftraggeber und Mäzen des originalen "Hortus" war Johann Konrad von Gemmingen, der im Jahre 1594 zum Bischof von Eichstätt ernannt worden war. Die Aufgaben eines hohen geistlichen Würdenträgers waren im beginnenden Barockzeitalter anderer Natur als heute. So umfasste das Oberhirtenamt auch die Verwaltung politischer und administrativer Angelegenheiten; denn der Bischof war zugleich Reichsfürst. Entgegen unserem heutigen Verständnis war es für einen Bischof an der Schwelle vom 16. zum 17. Jahrhundert entscheidend, seine Macht und finanzielle Potenz zur Schau zu stellen.

Der pflanzenkundlich interessierte Johann Konrad von Gemmingen favorisierte zu diesem Zweck die Anlage eines Prachtgartens nahe bei der Willibaldsburg. Um den "Hortus" von seiner Residenz besser erreichen zu können, ließ er eine Wendeltreppe bauen. Eine Granatapfeldarstellung im Treppenhaus der Willibaldsburg erinnert heute noch an die floralen Vorlieben des Eichstätter Bischofs.

Von Eichstätt nach Wien

Mit der Anlage des Gartens beauftragte Johann Konrad von Gemmingen zunächst den Nürnberger Gelehrten Joachim Camerarius den Jüngeren (1534 – 1598). Dieser kannte das Herbar des Apothekers Georg Öllinger (1487 – 1557), das pharmaziehistorisch ebenfalls von Interesse ist. Bemerkenswerterweise ist gerade die Reichsstadt Nürnberg in der frühen Neuzeit ein Brennpunkt der botanischen Abbildungskunst gewesen.

Nach dem Tod von Camerarius musste der Bischof einen Nachfolger suchen, um sein Vorhaben fortzuführen. Er fand ihn in Gestalt des Nürnberger Apothekers Basilius Besler (1561 – 1629), Inhaber der Apotheke am Heumarkt. Besler regte die Herausgabe eines großformatigen Tafelwerkes an, das über 1000 in Kupfer gestochene Pflanzen umfasst. Dieser 1613 gedruckte "Hortus Eystettensis" gilt nicht ohne Grund als eins der schönsten Pflanzenbücher. Auf diese Weise wurde auch dem realen "Hortus" an der Willibaldsburg, der im 30-jährigen Krieg zerstört wurde, ein Denkmal gesetzt.

Johann Konrad von Gemmingen erlebte weder die Vollendung seines Gartens noch die des zugehörigen Buches. Er starb am 7. November 1612 im Alter von 51 Jahren. Seinem Rang und seiner Position entsprechend wurde er im Eichstätter Dom beigesetzt. Zwar erinnert heute noch ein barockes Grabmal an den Kirchenfürsten; die Nachwelt kennt ihn jedoch vor allem als Initiator des "Gartens von Eichstätt".

Hundert Jahre später wurde der "Hortus Eystettensis" noch einmal neu aufgelegt. In der Epoche der Aufklärung ist er dann in Vergessenheit geraten. Ein Grund dafür ist der Charakter des Werkes. Es war weniger als Kräuterbuch mit lehrreichen wissenschaftlichen Texten, sondern als "Florilegium" konzipiert worden. Für diese Literaturgattung hatte die eher an wissenschaftlichen Fakten interessierten Aufklärung wenig Interesse.

Aus dem Jahre 1803 finden sich Zeitungsanzeigen, in denen zum Kauf des Tafelwerkes geraten wurde, denn sonst sei zu befürchten, dass die Druckplatten eingeschmolzen werden. Indessen sind sie damals entgegen mancher Befürchtung doch nicht eingeschmolzen wurden, denn 1994 fand man auf dem Dachboden der Graphischen Sammlung Albertina in Wien 329 "Hortus"-Druckplatten wieder. Dass sie nach Wien gelangt waren, hat, wie so oft in der Geschichte, politische Gründe: Nach der Säkularisation (1803) hatte das ehemalige Fürstbistum Eichstätt für kurze Zeit zum habsburgischen Herzogtum Salzburg-Toscana gehört, und während dieser Episode oder bei ihrem Ende hatte man wohl die Druckplatten in die Habsburger-Metropole Wien geschafft.

Exotische und einheimische Pflanzenschönheiten

Obwohl der "Hortus Eystettensis" aufgrund seines Charakters als Florilegium nicht zur pharmazeutischen Fachliteratur zählte, verrät sich die Handschrift des Apothekers Basilius Besler in den Titelblättern der Buchabschnitte. Dort sind in der Nähe seines Familienwappens die Allegorien von Flora und Salus vertreten. Ein Gefäß mit der Aufschrift "Panacea" sowie mehrere Apothekengefäße lassen den Bezug zur Pharmazie deutlich werden. Dennoch sind insbesondere schmucke Zierpflanzen im "Hortus" vertreten.

Große Bedeutung kommt vor allem der Tulpe zu, die seit Mitte des 16. Jahrhunderts Eingang in die Gärten und Blumentöpfe Mitteleuropas fand. Wahrscheinlich war es der im diplomatischen Dienst stehende flämische Pflanzenliebhaber Ogier de Busbecq, welcher die ersten Tulpenzwiebeln von Konstantinopel nach Wien gebracht hatte. Von dort aus verbreiteten sie sich im übrigen Europa. Der Preis einer Tulpenzwiebel soll nach heutigen Begriffen fast den Wert eines kleinen Einfamilienhauses erreicht haben. Kein Wunder, dass sich der große Botaniker Carolus Clusius (1526 – 1609) darüber beklagte, dass man ihm Tulpenzwiebeln aus seinem Garten gestohlen habe.

Auch Rosen, Narzissen, Hyazinthen und Pfingstrosen sind häufig im "Hortus" vertreten. Die Pfingstrose wurde arzneilich zur Bekämpfung von Gicht und Epilepsie verwendet. Als "Rose ohne Dornen" wurde sie zudem der Jungfrau Maria zugeordnet und erscheint daher auf Altarbildern wie etwa der "Stuppacher Madonna" von Matthias Grünewald.

Auch die Seerose findet im "Hortus" Berücksichtigung. Ihre Bezeichnung "Mummel" erklärt sich aus dem Aberglauben, dass sie mit Wassergeistern in Verbindung steht. Diese sollen denjenigen ertränken, der sich in allzu große Nähe der Pflanze begibt. Tatsächlich kann das dichte, sich unter der Wasseroberfläche befindliche Rankenwerk einen wenig geübten Schwimmer in die Tiefe reißen.

Pflanzen zwischen Mythos und Praxis

Die Entscheidung, welche Pflanze im "Hortus" abgebildet wurde, hing nicht nur von ästhetischen Motiven ab. Mitentscheidend waren sicherlich auch die jeweilige Symbolik und die Mythen der Pflanzen, wie sie z. B. in den Metamorphosen des Ovid überliefert sind. So erinnert die Narzisse an den in sein Spiegelbild verliebten Narziss.

Die Nelke soll so entstanden sein: Einmal kam die Göttin Diana von der Pirsch zurück, ohne Wild erlegt zu haben. Den Übeltäter konnte sie schnell ausmachen. Der Hirtengott Pan hatte nämlich durch lautes Spielen auf seiner Flöte die Tiere aufgeschreckt und damit das Jagdglück der Göttin zunichte gemacht. Zur Strafe riss Diana dem Pan die Augen heraus und warf sie zu Boden; an dieser Stelle wuchsen sofort prächtige Nelken. Der französische Name "oeillet" ("Äugelchen") für diese Pflanze erinnert noch heute an diese mythologischen Hintergründe.

Aber der "Hortus" bildet auch ganz "handfeste" Objekte ab. Wie etwa den "Liebesapfel", besser bekannt als Tomate. In der italienischen Bezeichnung "pommodore" ("Goldapfel") ist dieser Name vielleicht etwas besser übersetzt. Auch eine für die Ernährung Mitteleuropas so zentrale Pflanze wie die Kartoffel ist im "Garten von Eichstätt" vertreten. Solanum esculentum ist in Südamerika beheimatet und gelangte bereits im 16. Jahrhundert aus der "neuen" in die "alte" Welt. Kochbücher aus dem Barockzeitalter belegen, dass die Kartoffel bald Einzug in die "haute cuisine" hielt, wenn sie sich auch erst später zum Volksnahrungsmittel entwickelte.

Somit sind Pflanzen als Nahrungsquelle, Heilmittel oder einfach nur als ästhetisches Objekt schon immer aufs engste mit der Kulturgeschichte Mitteleuropas verbunden. Davon zeugt das nach wie vor als Faksimile-Druck erhältliche Tafelwerk des Hortus Eystettensis.

Auftraggeber und Mäzen des Hortus Eystettensis war Johann Konrad von Gemmingen, der im Jahr 1594 zum Bischof von Eichstätt ernannt worden war. Mit dem Bau beauftragte er zunächst Joachim Camerarius den Jüngeren, nach dessen Tod den Nürnberger Apotheker Basilius Besler. Die Geschichte des Hortus Eystettensis stellte der Bamberger Pharmaziehistoriker Professor Dressendörfer in einem Vortrag vor.

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