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- AZ 26/2003
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Gesundheitsreform: Regierung und Opposition verhandlungsbereit
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Franz Müntefering bot CDU-Chefin Angela Merkel eine Verfahrensverständigung im Bundestag an: "Lassen Sie uns offen darüber reden! Wir wollen, dass die Sache gelingt". Wenn die Kompromisssuche sich schon vor dem 8. Juli - dem geplanten Termin für die nächste Lesung des GMG im Bundestag - erfolgversprechend gestalte, sei man hinsichtlich dieses Termins flexibel, erklärte Müntefering. "Wenn nicht, lassen wir uns allerdings auch nicht aufhalten; dann machen wir das, was wir aus eigener Kraft stemmen können, auch gegen Sie und gegen die Mehrheit im Bundesrat".
Merkel reagierte auf das Angebot Münteferings offen: Sofort nach der Debatte könnten die Gespräche unter den Gesundheitsexperten der Parteien beginnen. Immerhin habe man das gemeinsame Ziel eines GKV-Beitragssatzes von 13 Prozent. Allerdings wies sie zurück, dass das Gesetz von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt in seiner jetzigen Form durchgesetzt werden könne: "Der Gesetzentwurf von Frau Schmidt enthält nach unserer festen Überzeugung zu viel Tendenzen in Richtung Zentralismus, Kassenhoheit, Einheitskasse und zu wenig Tendenzen in Richtung Wettbewerb, Freizügigkeit und Gleichheit des Arztberufes", so die CDU-Chefin.
Insbesondere kritisierte sie die Anbindung des geplanten Zentrums für Qualität an das Ministerium - die angedachten Aufgaben will Merkel der Selbstverwaltung überlassen wissen. Sie verteidigte die Vorhaben der Union, den Zahnersatz aus der GKV zu streichen und in eine private Versicherung zu überführen, sowie einen Selbstbehalt von 10 Prozent auf sämtliche Gesundheitsleistungen einzuführen.
Die Fraktionsvorsitzende der Grünen Krista Sager warf den Oppositionsparteien "Dirigismus" und "windige Finanzpolitik" vor. Mit Blick auf die FDP erklärte sie: "Es ist wirklich absurd, dass die Partei, die den Dirigismus am meisten beklagt und immer Wettbewerb will, jetzt die Aufrechterhaltung des Verbots für einen Apotheker, mehr als eine Apotheke zu besitzen, fordert". Positiv wertete sie, dass Seehofer über die Einführung einer Bürgerversicherung zu sprechen begann. "Das war ein völlig richtiger Diskussionsansatz". Wenn er diese Diskussion nicht mehr mit seiner Fraktion führen könne, sei er herzlich eingeladen, sie mit der Regierung zu führen. Sager: "Wir sind im geduldigen Umgang mit älteren querköpfigen Herren bestens geübt". Auch im Anschluss an die Debatte wiederholten Regierung und Union, dass sie verhandlungsbereit seien, ohne dass jedoch eine konkrete Annäherung stattfand.
Schmidt bekräftigte am 19. Juni im Deutschlandradio, sie sehe gute Chancen für eine gemeinsame Lösung von Regierung und Opposition. Die Ziele der Bundesregierung und der Unionsfraktion würden zu 80 bis 90 Prozent übereinstimmen, so die Ministerin. Als Verhandlungsführer wünsche sie sich Seehofer. Dem Sender N24 sagte sie, sie habe zwar oft andere Auffassungen als der CSU-Politiker, "aber eins kann man ihm nicht absprechen: Er hat mehr soziales Gewissen als manche anderen, die heute den Ton anführen in der CDU/CSU".
Wer führt Gespräche?
CDU und CSU waren sich bis Redaktionsschluss nicht einig, wer die Gespräche mit Rot-Grün zur Gesundheitsreform führen soll. Seehofer, der nach wie vor die Privatisierung der Kosten für Zahnersatz ablehnt, ist noch im Rennen. Sein Fraktionskollege Wolfgang Bosbach sprach sich zwar gegen ihn aus: Die Verhandlungen könne nur führen, wer auch voll hinter dem Konzept der Fraktion stehe. Unterstützung erfuhr der Ex-Gesundheitsminister aber von CSU-Landesgruppenchef Michael Glos. Seehofer selbst will es den Parteispitzen von CDU und CSU überlassen, ob er Verhandlungsführer wird. "Wenn ich das Vertrauen von beiden Vorsitzenden habe, ist es gut, wenn nicht auch", sagte er am 19. Juli in Berlin. "Was immer sie entscheiden, respektiere ich."
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