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Phagro: Was Apotheken künftig vom Großhandel zu erwarten haben
Ringenaldus hob das partnerschaftliche Verhältnis des pharmazeutischen Großhandels und der Apotheken zueinander hervor. Die jüngsten Unstimmigkeiten zwischen den Verbänden sollten nicht überbewertet werden. Sie beruhten auf der Durchsetzung des Kombimodells im Rahmen des GKV-Modernisierungsgesetzes. Die ABDA habe dabei einen deutlichen verbandspolitischen Erfolg erzielt und sich gegen die Vorstellungen des Großhandels durchgesetzt.
Mit dem Kombimodell werde ein großer Teil der bisherigen Großhandelsspanne in die Apothekenspanne überführt. Die fakturierte Handelsspanne des Großhandels werde von derzeit 12,66% auf 5,99% sinken. Damit könne der Großhandel künftig praktisch keine Rabatte mehr gewähren.
Die bisher für die verschiedenen Apotheken sehr unterschiedlichen Rabatte würden so zugunsten aller Apotheken sozialisiert. Die effektiven Einkaufspreise der Apotheken blieben damit im Durchschnitt etwa unverändert, aber ihre große Spreizung werde entfallen, weil die Rabatte entfallen.
Weiterhin Anreize für Rosinenpicker
Das Modell des Großhandels sah nicht nur eine größere Spanne für den Großhandel, sondern auch eine stärkere Drehung der Aufschlagsstruktur des Großhandels und eine Kappung bei einem Einkaufspreis von 102 Euro vor. Die neue Großhandelsspanne sei bei den niedrigen Preisen noch immer zu gering und bei hohen Preisen zu groß.
Unter Einbeziehung der Großhandelsspanne gebe es daher auch künftig noch Anreize für Versandapotheken und Rosinenpicker. Dies sei auf die Politik der ABDA zurückzuführen, die ihr Modell allein ohne Zusammenarbeit mit dem Großhandel durchgesetzt habe.
Keine Rabatte ...
Aufgrund der neuen Regelung hätten sogar Vertreter der Bundesregierung öffentlich erklärt, dass dem pharmazeutischen Großhandel eine Rabattgewährung künftig nicht mehr möglich sei. Doch nach Einschätzung von Ringenaldus werden die Veränderungen noch weiter gehen müssen.
Sogar wenn die Rabatte auf Null reduziert würden, erreiche der pharmazeutische Großhandel als Branche noch keine Umsatzrendite von 1,5%. Diese sei aber unbedingt erforderlich, da die Großhändler praktisch ein Kreditgeschäft betreiben und die Banken eine solche Rentabilität als Bonitätskriterium verlangen.
... und weniger Leistung
Daher müsse der Großhandel seine Kosten künftig erheblich reduzieren. Die Lieferfrequenzen würden überprüft. In Flächenländern würde die Lieferfrequenz voraussichtlich stärker als in Ballungsräumen reduziert, denn bei langen Wegen zwischen den Apotheken besteht ein größeres Sparpotenzial.
Weitere Maßnahmen seien Mindestbestellwerte und Servicegebühren für Mehraufwand, z. B. für Telefonanrufe. Es sei fraglich, unter welchen Bedingungen eine Funktion als Zweitlieferant sich noch lohne. Drittlieferanten würden sicher entfallen.
Das Rand- und Nebensortiment im Großhandel werde beträchtlich eingeschränkt. Das typische Lager sollte von 110 000 bis 120 000 auf etwa 30 000 bis 40 000 Artikel reduziert werden. Bei "echten" Arzneimitteln werde das Vollsortiment erhalten bleiben, aber nicht bei "Semi-Arzneimitteln", wie sie in der Boulevardpresse beworben werden.
Das "Museum" mit Artikeln, die nur alle zwei Jahre umgesetzt werden, werde abgeschafft. Bei Bedarfsartikeln müsse zwischen den Herstellern substituiert werden.
Apotheken in der Bonitätsfalle
Nach dem Wegfall der Rabatte werde das Skonto einen großen Stellenwert erhalten und zu einem "interessanten Wettbewerbsfeld". Hauptlieferanten könnten so vermutlich noch einen Rest-Einkaufsvorteil bieten und die Warenlieferungen zumindest zeitlich vorfinanzieren. Dagegen würden Zweitlieferanten die Leistung reduzieren und Kostenzuschläge berechnen.
Aufgrund des engen finanziellen Spielraumes werden die Apotheken künftig gezwungen sein, eine ausgezeichnete Bonität zu entwickeln. Großhändler würden ihre Kunden in dieser Hinsicht sehr genau beobachten und dabei besonders auf Apotheken achten, die bisher hohe Rabatte erhalten haben. Denn solche Apotheken, die beispielsweise in Ärztehäusern mit hochspezialisierten Ärzten angesiedelt sind, würden künftig besonders belastet.
Für die Zukunft: Neue Sorgen ...
Aussichten auf eine langfristige Entspannung dieser Problematik hatte Ringenaldus nicht parat, denn die Regierung habe bereits angekündigt, alle künftig möglicherweise entstehenden Vorteile abzuschöpfen. Künftige Rationalisierungsreserven und sogar Einkaufsvorteile würden dem Großhandel durch neue Regelungen entzogen. Dieser solle nicht mehr als den notwendigen Gewinn von 1,5% vom Umsatz vor Steuern erhalten.
... und neue Chancen
Dennoch gebe es aussichtsreiche neue Arbeitsfelder für die Zukunft. Die Apotheker sollten sich offen mit den Kooperationsmodellen der Großhändler auseinander setzen. Wer es dem Großhandel einfach mache, habe gute Chancen auf Skonti und Boni.
Auch die neuen Versorgungsstrukturen böten Chancen für eine neue Zusammenarbeit. So hätten verschiedene Landesapothekerverbände den Großhändlern einen Vorschlag für die Organisation von Versandapotheken unterbreitet. Der Großhandel könne den Apotheken vorbereitete Päckchen für den Versand liefern, die in der Apotheke kontrolliert und mit den Namen der Empfänger versehen und dann von einem Paketdienst abgeholt und weiter versendet würden.
So könnte jede Apotheke als Versandapotheke tätig werden und die Bedingungen für den Versandhandel einhalten. Als Voraussetzung werde vermutlich schon am 9. Oktober eine neue Schnittstelle für den Datenaustausch definiert, mit der diese Logistik bei Großhändlern und Apothekensoftwarehäusern vorbereitet werden kann.
Rabatte wird der pharmazeutische Großhandel nach der grundlegenden Veränderung der Arzneimittelpreisbildung künftig wohl nicht mehr gewähren können. Wahrscheinlich werden sich die Apotheker von vielen lieb gewonnenen Gewohnheiten im Geschäft mit dem Großhandel verabschieden müssen. Es drohen Tourenstreichungen, Gebühren und die Verringerung des Sortiments. Was Apotheken künftig vom Großhandel zu erwarten haben, erläuterte PHAGRO-Geschäftsführer Hermann Ringenaldus am 24. September bei der Wirtschaftstagung des Apothekerverbandes Mecklenburg-Vorpommern in Rostock-Warnemünde.
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