Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit: Nutzenbewertung von Arzneimittel

Bonn (im). Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, das per Gesetz den Nutzen von Arzneimitteln bewerten soll, ist jetzt gegründet worden. Wie der Gemeinsame Bundesausschuss am 22. Juli in Siegburg offiziell bekanntgab, ist Professor Peter T. Sawicki vom St. Franziskus-Hospital in Köln der neue Leiter.

Der 47-jährige Chefarzt Sawicki nannte die Nutzenbewertung von Medikamenten "eine ganz wesentliche Aufgabe" des Instituts. Bevölkerung und Ärzte benötigten unabhängige Informationen über Arzneimittel, erklärte er nach seiner Ernennung. "Wir werden uns dafür einsetzen, dass unabhängige Evaluationen der Innovationen schnell nach der Zulassung des Präparates erfolgen und zwar derart, dass sie für die Ärzte, für die Pharmaindustrie und vor allem für die Patienten ausreichen, um die positiven und die negativen Effekte dieser Innovationen zu erkennen", so der Diabetologe und Facharzt für Innere Medizin in einer in Siegburg veröffentlichten Mitteilung. Er teilt nicht die Befürchtung, dadurch könnten echte Innovationen nur nach Verzögerung auf den Markt gelangen. Zunächst seien valide Untersuchungen notwendig. Stelle sich eine Neuentwicklung als Verbesserung heraus, solle sie auch zu Lasten gesetzlicher Krankenkassen verordnet werden. Die Pharmaindustrie lehnt die Nutzenbewertung als "vierte Hürde" nach der regulären Zulassung der Arzneimittel ab.

Leitlinien stehen im Zentrum

Hauptaufgabe des neuen Instituts wird laut Sawicki allerdings die Bewertung medizinischer Leitlinien sein. Die Kritik aus Ärzteschaft und Pharmaindustrie, die mit dem Institut den Weg in die Staatsmedizin befürchten, wies er zurück. "Es wird keine Kochbuchmedizin geben", so Sawicki. Vielmehr würden die Ärzte entlastet, weil sie besser über den Effekt bestimmter Maßnahmen informiert werden. Da das Institut für Qualität in der Medizin mit öffentlichen Mitteln bezahlt wird, sei es "als Dienstleister der Öffentlichkeit verpflichtet". Über den Bundesausschuss werde er Aufträge annehmen, in deren Ausformulierung er aber nur der Wissenschaft verpflichtet sei, sagte Sawicki, der unter anderem das deutsche Institut für evidenzbasierte Medizin in Köln gegründet hat. Seiner Meinung nach fehlen für Patienten valide, quantifizierte Informationen zu Gesundheitsfragen wie etwa zur Wirkung von Vitaminpräparaten. Das Institut soll, so ein weiterer Auftrag, Patienteninformationen bereitstellen. Darüber hinaus wird das Institut Gutachten zur Qualität und Wirtschaftlichkeit von GKV-Leistungen erstellen.

"Guter Tag für Patienten"

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt, die das Qualitätsinstitut in ihrem GKV-Modernisierungsgesetz verankert hatte, nannte die Gründung einen "guten Tag für die Patienten". Die Kranken erhielten hier objektive, verständliche Informationen über den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse. Schmidt hob hervor, dass zu den gesetzlichen Aufgaben der neuen Einrichtung die Bewertung der Arzneimittel auf ihren Nutzen für Patienten gehört. Laut Schmidt steht Professor Sawicki dafür, dass das Institut "das Informations- und Kompetenzzentrum im Gesundheitswesen wird".

Sawicki ist ein unabhängiger und kritischer Kopf, so die Ministerin. Ursprünglich hatte die rotgrüne Koalition an ein staatliches Institut nach englischem Vorbild gedacht, das Kosten-Nutzen-Bewertungen von Arzneimitteln erstellen sollte. Im GKV-Modernisierungsgesetz blieben letztlich die Nutzenbewertung und eine "staatsferne Lösung" für die neue "Denkfabrik" übrig. Für das neue Institut hatte der Gemeinsame Bundesausschuss die "Stiftung für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen" als Trägerin des gleichnamigen Instituts errichtet, anschließend wurden Stiftungsrat und Vorstand gebildet. Der fünfköpfige Vorstand, in dem je ein Vertreter der Ortskrankenkassen, der Ersatzkassen, der niedergelassenen Ärzte, der Krankenhäuser sowie des Bundesgesundheitsministeriums sitzt, hatte Sawicki als Institutsleiter bestellt.

Zitate

"Deutschland ist ja das Land mit den meisten Leitlinien pro Kopf der Bevölkerung." Professor Peter T. Sawicki, Köln

"Eine Innovation (unter Arzneimitteln, die Red.) ist ja nicht per se etwas Gutes. Eine Innovation ist eine Neuentwicklung. Für eine Neuentwicklung gibt es drei Möglichkeiten: Sie kann besser sein, als das, was man bisher verwendet, sie kann schlechter sein und sie kann gleich gut sein. Die Voraussetzung für eine solche Beurteilung sind valide klinisch-wissenschaftliche Untersuchungen dieser Medikamente, die aber so bisher in vielen Fällen nicht durchgeführt wurden." Professor Peter T. Sawicki, Köln

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