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Festvortrag beim Pharmacon Meran: Deutschland muss zu sich selbst finden
Mithilfe zweier Zahlen verdeutlichte Vogel die Bedeutung der europäischen Osterweiterung: Die europäische Union zählt nun doppelt so viele Einwohner wie die Vereinigten Staaten, 2005 wird das europäische Bruttosozialprodukt mit erwarteten 16,4 Billionen Euro höher als das der USA sein. Was jedoch in Vogels Augen noch weitaus mehr zählt als diese Zahlen ist die Tatsache, dass die Vereinigung Europas als Garant gegen Kriege gilt. "Das alleine wäre in jedem Fall Grund genug, Europa zu bauen", betonte der Politiker. Er ist sich jedoch bewusst, dass viele Deutsche seine Meinung nicht teilen. Die Mehrheit der deutschen Bevölkerung steht der europäischen Osterweiterung skeptisch gegenüber.
Auch hierzu nannte Vogel Zahlen:
- 59 % der Deutschen halten die Erweiterung der Europäischen Gemeinschaft für verfrüht.
- 85 % fürchten Billiglöhne aufgrund der Erweiterung.
- 83 % fürchten eine verstärkte Zuwanderung aus dem Osten.
- 78 % fürchten eine Zunahme der Kriminalität.
Diese Ängste, so Vogel, müssen von der Politik ernst genommen werden und sind teilweise sicher auch berechtigt. So sei die Gefahr einer vermehrten Kriminalität aufgrund der Grenzöffnungen nicht von der Hand zu weisen. "Hier müssen gemeinsam mit den neuen Beitrittsländern Sicherheitskonzepte entwickelt werden", forderte Vogel.
75 Millionen potenzielle Konsumenten
Die Bedenken vieler Deutschen, dass sich die Osterweiterung negativ auf die Wirtschaft auswirken könnte, versuchte er dagegen abzuschwächen. Wie bereits in der Vergangenheit beim Beitritt von Spanien und Portugal in die EU sind auch mit den neuen Beitrittsländern Übergangsregelungen geschaffen worden, die z. B. noch auf Jahre hinaus Lohndumping verhindern sollen. Davon abgesehen sieht Vogel im Wirtschaftsgefälle der Ostländer auch eine Chance für die deutsche Wirtschaft. "75 Millionen konsumbedürftige und konsumwillige EU-Bürger sind hinzugekommen. Das ist ein riesiges Potenzial. Das zu erwartende Wirtschaftswachstum im Osten wird auch die deutsche Wirtschaft ankurbeln."
Mit sich ins Reine kommen
Deutschland kommt in Europa eine zentrale Rolle zu, meinte Vogel. Allerdings fällt es uns schwer, dies zu akzeptieren. Damit Deutschland die Chancen, die sich ihm in Europa bieten, ergreifen kann, muss das Land anfangen, Verantwortung zu übernehmen. "Solange Deutschland geteilt und besetzt war, hatte es eine hervorragende Ausrede, sich aus allen europäischen Problemen herauszuhalten. Diese Zeit ist vorbei. Wir sind mitverantwortlich für das, was Europa macht", erläuterte Vogel.
In erster Linie seien die Deutschen allerdings verantwortlich für sich selbst. Deutschland, so Vogel, muss mit sich und seiner Vergangenheit ins Reine kommen, es muss zu sich selbst finden und endlich aktiv die wirtschaftlichen Probleme angehen, vor denen es so lange die Augen verschlossen hat. Kritik übte Vogel in diesem Zusammenhang an der "fortschreitenden Regulierung und Bürokratisierung", die das Unternehmertum behindern.
"In den USA lernen schon die Kinder, dass der erste Apple-Computer in einer Garage entwickelt wurde. In Deutschland lässt die Garagenverordnung keine Erfindungen in einer Garage zu." Die Wirtschaft lässt sich auf diese Weise nicht ankurbeln. Nur wenn Bedingungen herrschen, die Unternehmer dazu animieren, zu investieren und Risiken einzugehen, kann Deutschland im internationalen Wettbewerb wieder bestehen. An jeden einzelnen richtete Vogel den Appell, an "seiner Stelle" ein Stück dazu beizutragen, um die Zukunft Deutschlands in Europa zu sichern.
Prof. Dr. Bernhard Vogel
Prof. Dr. Bernhard Vogel
Prof. Dr. Bernhard Vogel
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