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- AZ 39/2005
- Beim Wort zu nehmen
Kommentar
Beim Wort zu nehmen?
Nein, sprachlos waren sie nicht - die Politiker, die von ihren Parteien zur Eröffnung des Apothekertages in Köln abkommandiert worden waren. Wahl hin, Wahl her. Aber natürlich war schwer auszumachen, für wen, für welche Konstellation - einer zukünftigen Regierung, einer zukünftigen Opposition - sie gesprochen haben. –Neben Erwartetem (z. B. durch den CSU-Abgeordneten Zöller) gab es überraschende Festlegungen (vor –allem durch die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Gudrun Schaich-Walch). Trotzdem blieben viele Fragezeichen. Und das nicht nur, weil Grüne und die Linke/PDS in Köln bedauerlicherweise gar nicht erst aufgetreten sind.
Frau Schaich-Walch, die für den neuen Bundestag nicht mehr kandidierte, hörte sich in Köln noch vernünftiger an als ehedem oft. Ja, das Thema Gesundheit werde auch im nächsten Bundestag eine herausragende Rolle spielen - schon allein wegen der Alterung der Gesellschaft und wegen des galoppierenden medizinischen Fortschritts. Kurzfristigen Handlungsbedarf gebe es aber nicht. Ein Vorschaltgesetz - zuletzt ein beliebtes Instrument am Beginn einer neuen Legislaturperiode - stehe nicht an. Sie kritisierte das wiederholte Gerede von den Jahrhundertreformen. Kleine Schritte, gut bedacht, seien oft zielführender als der große Umsturz. Die großen Konzepte für die Reform der Einnahmen - hier Bürgerversicherung, dort Gesundheitsprämie - seien beide so nicht realisierbar.
Dass die Architekten der Bürgerversicherung, die SPD-Linke Andrea Nahles und der Professor mit der Fliege, Ulla Schmidts Berater Karl Lauterbach, dies ebenso sehen, ist sehr unwahrscheinlich. Welche Rolle werden sie in der neuen SPD-Fraktion spielen? Teilen sie Schaich-Walchs Sicht, das GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) habe das Profil des Apothekers als Heilberuf gestärkt? Wenn ja: will das auch die neue Fraktion - oder will sie das ändern?
Im neuen Bundestag hat Rot-Rot-Grün eine Mehrheit. Ob daraus, allen derzeitigen Dementis und persönlichen Animositäten zum Trotz, nicht doch letztendlich eine Regierungsmehrheit (sogar mit Schröder als Kanzler?) –gezimmert wird? Dann werden die freundlichen Anmerkungen des neuen gesundheitspolitischen Sprechers der FDP-Bundestagsfraktion wenig weiterhelfen. Während Frau Schaich-Walch meinte, die Einführung des Versandhandels sei den Bedürfnissen der Menschen entgegen gekommen, konterte Dr. Kolb: der Versandhandel (und die Aufweichung des Mehrbesitzverbotes) habe Probleme gelöst, die "so nicht bestanden". Nicht zuletzt deshalb sei die FDP aus dem angestrebten GMG-Allparteienkompromiss ausgestiegen. Auch bei der Integrierten Versorgung zeigte Kolb sich skeptisch. Sie sei nicht immer der große Wurf. Was sich bewähre, werde man sehen. Ob die Liberalen die neu gewonnenen Einsichten in Regierungshandeln einmünden lassen können, wird sich erst noch zeigen müssen.
Klaus G. Brauer
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