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- DAZ 33/2005
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Öffentliches Gesundheitswesen
Apotheker in amtlichen Untersuchungseinrichtungen
Probenentnahme und Untersuchung: mit System
Werden die in Deutschland erhältlichen Arzneimittel eigentlich auch von staatlichen Einrichtungen untersucht? Regelmäßig und geplant? Wird auch die Richtigkeit der Kennzeichnung und der Packungsbeilage überprüft? Werden auch Arzneimittel aus Apothekenherstellung in die Überprüfung mit einbezogen? Alle diese Fragen sind mit "Ja" zu beantworten, diese Aufgaben werden von spezialisierten Apothekern wahrgenommen.
Die behördliche Zuständigkeit und Arbeit beim Thema "Arzneimittel" ist in Deutschland zwischen Bund und Bundesländern aufgeteilt. Vereinfacht ausgedrückt: Der Bund ist zuständig für die Zulassung bzw. Registrierung (homöopathische Arzneimittel), das "Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte" in Bonn für Humanarzneimittel, das "Paul-Ehrlich-Institut" in Langen (bei Frankfurt/M.) für (Human-)Impfstoffe, Sera und Blutprodukte, das "Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit" (Hauptsitz: Bonn) für Tierarzneimittel.
Die Bundesländer sind zuständig für die "Überwachung des Verkehrs mit Arzneimitteln" (ausgenommen: Impfstoffe, Sera und Blutprodukte, die von der zuständigen Bundesoberbehörde – "Paul-Ehrlich-Institut" – überwacht und untersucht werden). "Überwachung des Verkehrs mit Arzneimitteln" heißt – neben der Durchführung von Apotheken-Revisionen und Industrie-Inspektionen – auch: Untersuchungskapazität und pharmazeutischen Sachverstand für die Untersuchung der bei Herstellern und im Handel entnommenen Arzneimittelproben vorzuhalten. Alle Bundesländer verfügen über die erforderliche Untersuchungskapazität und den für die Beurteilung der Ergebnisse notwendigen pharmazeutischen Sachverstand: entweder werden die entsprechenden Einrichtungen in eigener Regie betrieben (Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt) oder in einer gemeinsamen Einrichtung (gemeinsam für Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Saarland, Schleswig-Holstein) oder – vertraglich geregelt – von der Einrichtung eines anderen Bundeslandes (Berlin für Brandenburg und Thüringen). Die Probenpläne tragen der Vorgabe Rechnung, dass im Grundsatz jedes zugelassene Fertigarzneimittel in einem Zeitraum von fünf Jahren wenigstens einmal als amtliche Probe zur Untersuchung vorgelegen haben soll – Arzneimittel, die ein höheres Risiko beinhalten, eher öfter, solche mit niedrigerem Risiko ggf. in längeren Zeitabständen.
Der Wert der "amtlichen Arzneimitteluntersuchung" besteht darin, dass die analytische Untersuchung eines Arzneimittels unter Anwendung naturwissenschaftlicher Methoden die einzige Möglichkeit ist, die "materielle Wahrheit" herauszufinden. Dies ist die zentrale Bedeutung, die diese Untersuchung hat. Sie kommt in besonderem Maße zum Tragen bei Verdachtsproben mit unbekannter Zusammensetzung und wenn es um Arzneimittelfälschungen geht.
Würde der Staat auf eigene Untersuchung verzichten, begäbe sich die Arzneimittelüberwachung in die Situation, dass sie bei allen Diskussionen und Maßnahmen nicht mehr mit eigenem Wissen zur "wahren" Beschaffenheit dieses Arzneimittels operieren könnte, für das unabhängige Experten die Verantwortung tragen. Vielmehr müsste sie dann wohl oder übel glauben, was andere ihr präsentieren. Und dies ist – Plausibilität hin oder her – qualitativ weitaus weniger als eigenes Wissen.
Ziel der Untersuchung
Primäres Ziel der Untersuchung ist die Beantwortung der Frage, ob die Arzneimittelprobe in allen Kriterien dem zugelassenen "Modell" entspricht und damit die "erforderliche Qualität" aufweist. Zur Beantwortung dieser Frage sind alle gängigen Analysenmethoden, die Stand der Technik sind, heranzuziehen, um die galenischen Parameter zu bestimmen, um Identität, Gehalt und Reinheit des Wirkstoffes (heutzutage in aller Regel mit chromatographischen Verfahren) zu überprüfen sowie mikrobiologische Parameter (Sterilität, mikrobielle Reinheit) und ggf. weitere Parameter. Zur Bewertung der Ergebnisse sind grundsätzlich die Spezifikationen heranzuziehen, die Gegenstand der Zulassung waren, also von der Zulassungsbehörde im Zulassungsverfahren kritisch überprüft und bewertet wurden. Darüber hinaus sind die anerkannten pharmazeutischen Regeln wie z.B. das Arzneibuch anzuwenden.
Immerhin werden von den staatlichen Arzneimitteluntersuchungseinrichtungen in Deutschland Jahr für Jahr rund 6000 amtliche Arzneimittelproben untersucht, davon etwa 4000 Planproben und rund 2000 "ungeplante" Proben: Das sind insbesondere solche Proben, die aufgrund eines bestimmten Verdachts entnommen oder aufgrund einer Beschwerde eingeliefert wurden oder bei denen jeweils zu klären ist, ob es sich "noch" um ein Lebensmittel oder um ein unrechtmäßig (also ohne Zulassung) in Verkehr gebrachtes Arzneimittel handelt oder auch um die Frage, Kosmetikum oder Arzneimittel.
Im übertragenen Sinne gelten gleichartige Kriterien auch für die Untersuchung von Medizinprodukten.
Taugt die Prüfmethode des Herstellers?
Wenn das Wissen über die herstellungsbedingte Qualität eines Arzneimittels nur anhand einer einzigen Arzneimittelprobe in fünf Jahren beurteilt werden sollte, wäre die Antwort mit außerordentlich großen Unsicherheiten behaftet, denn in diesen fünf Jahren verlassen viele, bei umsatzstarken Arzneimitteln auch Hunderte von Chargen dieses Arzneimittels den Herstellbetrieb und gelangen zur Anwendung an Patienten, und dies ohne Kenntnis und ohne Detailwissen der Arzneimittelüberwachungsbehörde über die Qualität jeder dieser Chargen. Um den Belangen der Arzneimittelsicherheit in hinreichendem Maße Rechnung zu tragen und um sicher zu sein, dass jede in den Handel und damit zur Anwendung gelangende Charge die erforderliche Qualität aufweist, müssen zwei Anforderungen erfüllt sein: zum einen muss der Herstellungsprozess in allen entscheidenden Kriterien so ausgelegt sein, dass mit hinreichender Gewissheit die erforderliche Qualität erzeugt wird. Dies wird behördlicherseits durch so genannte GMP-Inspektionen regelmäßig überprüft: Das schriftlich dargestellte Qualitätssicherungssystem muss den aktuellen Anforderungen genügen, und die alltägliche Praxis in dem Betrieb muss sich tatsächlich an diese Vorgaben halten und darf nicht ein unkontrolliertes "Eigenleben" entwickeln. Zum anderen müssen die analytischen Verfahren, die zur Chargenfreigabe bei diesem Arzneimittel angewandt werden, geeignet sein, eventuell auftretende Qualitätsmängel mit Sicherheit zu erkennen.
Um diese Eignung einer Prüfmethode zur Erkennung von Qualitätsmängeln zweifelsfrei zu beurteilen, gibt es nur einen Weg: Man muss die Methode in allen beschriebenen Details nacharbeiten. Nur dann sind Ungereimtheiten und auch "Unmöglichkeiten" sicher zu erkennen. Die exakte Nacharbeitung der Prüfmethoden des Herstellers ist eine zeit- und arbeitsaufwändige Angelegenheit, aber sie lohnt sich im Interesse der Arzneimittelsicherheit. Wiederholt fiel auf, dass im Zulassungsverfahren eingereichte Prüfmethoden zwar "auf dem Papier" plausibel erschienen, in der Praxis aber nicht oder nicht in allen Schritten funktionierten, was dann den Verdacht nahe legte, dass der Hersteller für die Entscheidung über die Chargenfreigabe sicherlich nicht die beschriebene und vorgelegte Prüfmethode verwendet, sondern irgendeine andere. Diese Nachprüfungen haben im Einzelfalle aber auch zur Aufdeckung ungeeigneter Prüfmethoden geführt (ungeeignet, relevante Qualitätsmängel mit Sicherheit zu erkennen). In diesen unerfreulichen Fällen ergibt sich dann ein dringender Aufklärungsbedarf für den Hersteller (dieser wichtige Punkt hat im Arzneimittelrecht derzeit leider nicht die Bedeutung, die ihm bei vernünftiger Betrachtung zukommt).
Schließlich wird auch die Kennzeichnung der Arzneimittel und die Richtigkeit der Packungsbeilage überprüft: Stimmen sie überein mit der Zulassung bzw. den rechtlichen Vorgaben (Arzneimittelgesetz, Apothekenbetriebsordnung)?
Mit vereinten Kräften!
Die zuständige Arzneimittelüberwachungsbehörde setzt den jeweiligen Probenplan um und trägt Sorge, dass die angeforderten Proben amtlich entnommen werden und der zuständigen Arzneimitteluntersuchungsstelle zur Untersuchung und Beurteilung überlassen werden.
Im Gegenzug erhält die Arzneimittelüberwachungsbehörde nach Abschluss der Untersuchung ein Gutachten mit den Analysenergebnissen und – in aller Regel – einer rechtlichen Bewertung der Ergebnisse.
Ein wichtiges Feld der Zusammenarbeit ist die Beteiligung von Sachverständigen der amtlichen Untersuchungseinrichtungen an GMP-Inspektionen, um den dort vorgehaltenen Sachverstand nutzbringend einzusetzen bei allen Fragen, die die Analytik und die analytische Qualitätssicherung im weitesten Sinne betreffen. Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass die Beteiligung dieser Experten mit ihrem Spezialwissen, das durch die tägliche Berufspraxis auf aktuellem Stand gehalten wird, sich nur positiv auf die Qualität der Inspektion und damit auf die Belange der Arzneimittelsicherheit auswirkt.
Auch Gerichte und andere staatliche Einrichtungen (Zoll, Polizei) nutzen den pharmazeutischen Sachverstand der amtlichen Arzneimitteluntersuchungsstellen.
Noch Lebensmittel? Oder schon Arzneimittel?
Neben der Untersuchung und Beurteilung solcher Erzeugnisse, die unstrittig (und rechtmäßig) Arzneimittel sind, nimmt auch die rechtliche Zuordnung von Erzeugnissen aus der Grauzone, der so genannten Borderline-Produkte einen mehr oder weniger großen Anteil der Arbeit ein. Hier geht es beispielsweise um die Frage, ob ein bestimmtes Erzeugnis "noch" Lebensmittel ist – ein Lebensmittel muss nicht aufwändig zugelassen werden, und Herstellung und Qualität unterliegen nicht den strengen Arzneimittelanforderungen – oder ob es "schon" ein Arzneimittel ist – mit allen Konsequenzen, die sich daraus ergeben (Zulassungspflicht, Nachweis der Wirksamkeit, positive Nutzen-Risiko-Abwägung, Herstellungserlaubnis notwendig, etc.).
Das Problem der Grauzone ist, dass sich hier massenhaft solche Produkte tummeln, mit denen viel Geld gemacht werden kann, weil man den Anschein eines Arzneimittels erweckt, aber alle arzneimittelbedingten hohen Nebenkosten (siehe oben) wegfallen: Man verwendet einen Firmennamen, in dem "Pharma" vorkommt, gibt den Produkten den Anschein eines Arzneimittels, verwendet möglichst auffällig die "Pharmazentralnummer", und wirbt vollmundig und farbenfroh mit vielfältigen Wirkungen, die die gesundheitlichen Probleme der Zielgruppe genau treffen. Unerfreulich ist, dass auch die pharmazeutischen Fachzeitschriften oft mehr als nötig bei diesem Spiel mitmachen und kritische Distanz und wissenschaftlichen Anspruch vermissen lassen (Merke: Nicht alles, was aussieht wie ein Arzneimittel und angepriesen wird wie ein Arzneimittel, ist tatsächlich ein [legales] Arzneimittel).
Die grundsätzlich gleiche Problematik stellt sich auch bei der Abgrenzung zwischen Kosmetika und Arzneimitteln.
Europäische Zusammenarbeit
Die Schaffung der zentralen Europäischen Zulassungsbehörde "EMEA" (European Medicines Agency; Sitz: London) und des "EDQM" (European Directorate for the Quality of Medicines; Sitz: Strasbourg), das zunehmend die europaweite amtliche Arzneimitteluntersuchung koordiniert, hat auch für die deutschen Arzneimitteluntersuchungsstellen Konsequenzen: Es genügt nicht mehr, Aufgaben und Tätigkeit nur im nationalen Rahmen zu sehen oder gar nur in den Grenzen des eigenen Bundeslandes. Es ist auch in dieser Hinsicht für den Pharmastandort Deutschland notwendig, an der Gestaltung und Verbesserung des europäischen Systems mitzuwirken und unsere Leistungsfähigkeit im europäischen Rahmen einzubringen. Und – in aller Bescheidenheit – da brauchen sich die deutschen Untersuchungseinrichtungen wirklich nicht zu verstecken.
Blick nach vorn
Trotz kleinerer Detailunterschiede in der organisatorischen Einbindung: die staatlichen deutschen Arzneimitteluntersuchungseinrichtungen ziehen bei den wichtigen Fragen "an einem Strang" und bringen ihre Leistungsfähigkeit auch im europäischen Rahmen mit ein.
Wo föderale Eigenheiten dem innerdeutschen Austausch noch hinderlich sind, müssen Lösungen gesucht und die Zusammenarbeit weiter verbessert werden. Auch die deutschen Arzneimitteluntersuchungseinrichtungen brauchen die Unterstützung der Politik – es wäre verhängnisvoll, wenn der Staat darauf verzichtete, eigene Untersuchungskapazität und eigene, unabhängige Experten vorzuhalten: das, was bisher aufgrund von wissenschaftlichen Untersuchungen "gewusst" werden kann, könnte dann nur noch "geglaubt" werden, und dies wäre sicherlich ein gravierender Rückschritt und nicht im Sinne der Arzneimittelsicherheit.
Für den Bundesverband der Apotheker im Öffentlichen Dienst: Dietrich Demmer, Nackenheimer Straße 2, 55130 Mainz
BApÖD-Beiträge
Bereits erschienene BApÖD-Beiträge zu Tätigkeitsfeldern für Apotheker im öffentlichen Dienst (1)Mattern, G.: Apotheker im öffentlichen Gesundheitswesen (Einführung). DAZ Nr. 24/2005, S. 58. (2)Schmidt, M.: Apotheker als GMP-Inspektoren. DAZ Nr. 28/2005, S. 68.
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