"Am 29. Juni 2006 hat das Ministerium für Justiz, Gesundheit und Soziales als zuständige Behörde der DocMorris N.V., Voskuilenweg 131b, 6416 AJ Heerlen, einer niederländischen Aktiengesellschaft, zum 1. Juli 2006 die Erlaubnis zum Betrieb einer Filialapotheke in Saarbrücken erteilt. Diese Erlaubniserteilung verstößt in eklatanter Weise gegen deutsches Recht. Die Vertreterversammlung ruft deshalb den zuständigen Minister, Herrn Josef Hecken, auf, die der DocMorris N. V. erteilte Betriebserlaubnis zurückzunehmen und sich zukünftig bei Erteilungen zum Betrieb einer Apotheke an geltendes deutsches Recht zu halten.
Gegen die Entscheidung des Ministeriums sprechen neben der Rechtswidrigkeit zahlreiche Gründe:
Das deutsche Apothekergesetz geht, basierend auf einer jahrhundertealten Tradition, von dem Grundsatz der inhabergeführten Apotheke aus. Als Ausnahme zu diesem Grundsatz sieht § 8 Apothekengesetz vor, dass mehrere Personen eine Apotheke nur in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer OHG betreiben können. Das Betreiben einer Apotheke durch eine Aktiengesellschaft ist demgegenüber also unzulässig. Vorliegende Betriebserlaubnis verstößt daher eindeutig gegen § 8 Apothekengesetz.Der Hinweis auf ein "umfängliches europarechtliches Gutachten eines renommierten Rechtswissenschaftlers" ist nicht geeignet, geltendes deutsches Recht außer Kraft zu setzen. Zumal zahlreiche andere Gutachten zu dem Ergebnis kommen, dass das im Apothekengesetz verankerte Verbot des Fremd- und Mehrbesitzes europarechtskonform ist.Wenn die Entscheidung durch das Ministerium für Justiz, Gesundheit und Soziales bestehen bleibt, bedeutet dies für Deutschland die Einführung von Apothekenketten "durch die Hintertür". Zahlreiche Beispiele in den europäischen Nachbarstaaten zeigen aber, dass Apothekenketten weder volkswirtschaftlich noch qualitativ überlegen sind. In Norwegen gehören fast 80% aller Apotheken einer Kette an. Folge ist, dass es "in der Fläche" immer weniger Apotheken gibt. Auf die Preise hatte die Marktfreigabe für Apothekenketten ebenfalls nicht den erhofften Effekt.Durch die gegen geltendes deutsches Recht erteilte Erlaubnis werden Arbeitsplätze in den saarländischen Apotheken gefährdet. Dass die Entscheidung von dem Gesundheitsminister in einer Presseerklärung als ≠Beweis für die Innovationsbereitschaft der Landesregierung‘ gefeiert wird, können die Mitglieder der Apothekerkammer und die Arbeitnehmer/innen in den saarländischen Apotheken nur als blanken Zynismus empfinden.Es hätte guten Gepflogenheiten entsprochen, wenn das Ministerium vor Erlaubniserteilung der Apothekerkammer des Saarlandes als Körperschaft des öffentlichen Rechts Gelegenheit gegeben hätte, zu dem Antrag Stellung zu nehmen, zumal zu den gesetzlich zugewiesenen Aufgaben der Apothekerkammer auch gehört, ≠die zuständigen Behörden in Fragen der Gesetzgebung und der Verwaltung zu beraten‘. Vorliegend ist zu mutmaßen, dass dies im Hinblick auf den beabsichtigten Verstoß gegen das Apothekengesetz bewusst unterlassen wurde.Die Vertreterversammlung der Apothekerkammer des Saarlandes fordert Herrn Minister Josef Hecken auf, zukünftig Entscheidungen auf Basis geltender deutscher Gesetze zu treffen. Wenn die jetzige Praxis Schule macht und geltendes deutsches Recht allein unter Hinweis auf ein (!) rechtliches Gutachten nicht mehr zur Anwendung gelangt, ist eine Rechtssicherheit und vor allem -gleichheit im Saarland nicht mehr gewährleistet.
Auch die Vertreterversammlung der Apothekerkammer des Saarlandes ist bestrebt, das Aufsteigerland Saarland durch innovative und zukunftsweisende Konzepte und Ideen nach vorne zu bringen. Basis dafür muss aber sein, dass der Mittelstand als tragende Säule der saarländischen Wirtschaft und damit auch die wohnortnahe Apotheke gestärkt wird und Wettbewerb auf Basis von für alle geltenden Gesetzen stattfindet, insbesondere Kapitalgesellschaften nicht bevorzugt behandelt werden.
Saarbrücken, den 6. Juli 2006
Manfred Saar
Präsident
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