Feuilleton

Autobiographie

Überlebenschance Pharmazie: Imaginäre Schlösser 1921–1950
Von Horst Skopp
458 S., 67 Abb., Kart. 29,80 €
Mein Buch, Hamburg 2006
ISBN 3-86516-657-1
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Von Breslau nach Workuta

Die ersten 30 Jahre seines Lebens hat der Apotheker Horst Skopp jetzt in einem Buch nacherzählt: Kindheit und Jugend in gutbürgerlichen Verhältnissen, dann vier Jahre in der Wehrmacht und fünf Jahre Kriegsgefangenschaft. Dass er den Weltkrieg überlebt hat, verdankt er indirekt auch der Pharmazie.

Horst Skopp wurde 1921 in Breslau geboren und machte dort sein Abitur. Es folgte der Reichsarbeitsdienst, die Immatrikulation für das Jurastudium an der Universität Breslau und anschließend die Einberufung zur Wehrmacht. Den Russlandfeldzug machte Skopp von Anfang mit. 1943 erkrankte er an einer Hepatitis und nutzte einen Heimataufenthalt, um sein Studienfach zu wechseln und sich für Pharmazie einzuschreiben, denn Pharmaziestudenten durften – ebenso wie Medizinstudenten – ihre Ausbildung schon während des Krieges beginnen. Insofern war die Pharmazie für Skopp die "Überlebenschance". Er war nun wechselweise als Apotheker-Praktikant und in einer Studentenkompanie tätig und geriet im April 1945 in sowjetische Kriegsgefangenschaft. Dort nützten ihm seine pharmazeutischen Kenntnisse allerdings nicht viel. Die schlimmste Zeit war der Aufenthalt in einem Sträflingslager in Workuta. 1950 wurde Skopp entlassen, worauf er in der Bundesrepublik seine Ausbildung fortsetzte, heiratete und eine eigene Apotheke gründete. Seither hat er viele Arzneimittelsammlungen und -transporte für Estland und die Ukraine organisiert und damit einen wichtigen Beitrag zur Völkerverständigung geleistet.

Skopp schreibt sehr persönlich und lebendig, teilweise sogar spannend; er war immer ein aktiver Mensch und hat sicher mehr erlebt als viele seiner Zeitgenossen. Durch seine eindrücklichen Schilderungen erfährt der Leser unmittelbar, wie sich große geschichtliche Ereignisse auf den Alltag ausgewirkt haben. Ein Beispiel ist das Verschwinden der jüdischen Mitschüler: "Die unbesetzten Plätze in der Klasse wurden zwar bemerkt, aber nicht bewusst registriert. Sie blieben ohne Vorankündigung frei und niemand verlor ein Wort darüber. Es wurde einfach totgeschwiegen." Selbst seiner Kriegsgefangenschaft kann Skopp noch etwas Positives abgewinnen: "Zwar sind fünf Jahre aus dem Leben gestrichen, aber diese Eindrücke hätte mir kein in den allgemeinen Bahnen geflossenes Leben vermitteln können. So nackt mit all seinen Schwächen wäre mir der Mensch niemals entgegengetreten."

Der Autor ergänzt seine Autobiographie hin und wieder durch aufschlussreiche, ebenfalls sehr persönliche Berichte von Freunden und Bekannten. Insgesamt bietet die Lektüre einen exemplarischen Einblick in die Lebensverhältnisse und Erlebnisse der um 1920 geborenen Generation. <W. Caesar

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