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DAZ aktuell
Alte Fehler nicht neu auflegen!
Seitz machte in seinem Statement deutlich, dass die deutschen Apotheken leistungsstark und effizient sind und bei weitem nicht die Kostentreiber im Gesundheitswesen sind, als die sie in der Öffentlichkeit dargestellt werden. Lediglich 2,6% betrage der Anteil der Apotheken an den Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung. Die öffentlichen Apotheken haben die Herausforderung Rabattverträge hervorragend gemeistert, die mittlerweile von der Ausnahme zur Regel geworden sind. Durch großen persönlichen Einsatz der einzelnen Apotheker ist es gelungen, Unzulänglichkeiten in den Rabattverträgen auszugleichen. Auch wenn auf Seiten der Apotheke die Belastungen durch aufwendige Lagerhaltung und Datenverarbeitung nach wie vor hoch sind, so haben die Apotheker doch alles getan, um verunsicherte Patienten zu beraten und so die Compliance aufrechtzuerhalten. Seitz forderte die Politik und die Kassenvertretungen auf, in den anstehenden Verhandlungen alte Fehler nicht neu aufzulegen und zum Beispiel die Lieferfähigkeit der Hersteller im Vorfeld abzuklären. Allerdings stellt sich für Seitz nach wie vor die Frage der Transparenz über das Ausmaß der wirklich erzielten Einsparungen, das unklar ist. In seinem Statement forderte Seitz von den Apothekern, sich konsequent auf eine Stärkung des freien Heilberufs auszurichten sowie eine klare strategische Positionierung der Apotheker in ihrem lokalen Umfeld.
Glaubwürdigkeit der Apotheker ein hohes Gut
Der Schlussantrag des Generalanwalts des Europäischen Gerichtshofs, Yves Bot, hat zwar zu einer gewissen Erleichterung und Beruhigung in der Apothekerschaft geführt, doch ob das Gericht im Endeffekt den Ausführungen folgt, ist nach wie vor ungewiss. Die Gesprächsteilnehmer der sich anschließenden Diskussion – neben Seitz ABDA-Justiziar Lutz Tisch, Fritz Becker, Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbands, Dr. Ulrich Krötsch, Präsident der Bundesapothekerkammer, Dr. Christiane Eckert-Lill, Geschäftsführerin Pharmazie – versuchten auf dem Podium die Fragen der Apothekerinnen und Apothekern zu beantworten. Sie waren sich einig: auf gar keinen Fall dürfe man sich zurücklehnen und tatenlos abwarten. In der Podiumsdiskussion wurde auch die Frage aufgeworfen, in wieweit es denn möglich sei, den EuGH in seiner Entscheidungsfindung in irgendeiner Art und Weise dahingehend zu beeinflussen, dass er im positiven Sinne für die Apothekerschaft entscheiden könnte. Krötsch und Tisch stellten klar, dass der Europäische Gerichtshof seine Neutralität wahren und lediglich durch die Glaubwürdigkeit der Apotheke zu beeindrucken sein wird. Und, so Krötsch, wer seine Helferin in den HV stelle, der sei nicht glaubwürdig. Länderspezifisch wird daran gearbeitet, solche Verstöße mit standesrechtlichen Strafen zu ahnden. Ziel mit oberster Priorität muss sein, die Qualitätsoffensive weiter voranzutreiben. Mit der Weiterentwicklung der Fortbildungszertifikate der Kammern ist man hier auf dem richtigen Weg. Eckert-Lill betonte, dass das "Kammer-QMS" locker die Anforderungen erfüllt, die ein Qualitätsmanagementsystem nach den DIN ISO-Normen vorschreibe, die für die Krankenkassen verbindlich sind. Es werde daran gearbeitet, die Gleichstellung der Qualitätsmanagementsysteme durchzusetzen.
Pseudo customer als Hilfe zur Selbsthilfe
Eckert-Lill widersprach vehement dem Vorwurf, dass Testkäufer oder Pseudo customer es darauf anlegen, den Apothekenbetrieb zur Hauptgeschäftszeit zu stören und Fehler in der Beratung provozieren. Auch Tester sind Kunden wie jeder andere auch und es sei zulässig und legitim, dass diese zu jeder Tageszeit eine Apotheke besuchen könnten. Die Apotheker sollten die Pseudo-customer-Angebote als Hilfe zur Selbsthilfe wahrnehmen und annehmen. Auf Forderungen nach einer Honorierung qualitätsgesicherter Dienstleistungen durch die Krankenkassen verwies Eckert-Lill auf einen entsprechenden Konzeptkatalog, den die ABDA erstellt hat, der aber bisher leider nicht das Interesse des Abnehmers Krankenkasse gefunden hat. Die ABDA arbeitet weiter daran dies zu ändern. Zum Beispiel wird mit der Barmer darüber verhandelt, einen entsprechenden Vertrag hinsichtlich der Betreuung von Diabetikern abzuschließen.
Bürokratischer Supergau
Krötsch bezeichnete die mit den Rabattverträgen einhergehende überbordende Bürokratie als "eine Aushöhlung des Berufsstandes", die es sehr schwer macht, die eigentlichen Aufgaben in der Apotheke zu erfüllen. Aber man müsse sich stets vor Augen halten, dass die Alternativen zu diesen Rabattverträgen noch viel schrecklicher wären. Das langfristige Ziel könnten auf gar keinen Fall die Rabattverträge sein. Krötsch hofft, dass der momentane Zustand nicht so bleibt, zumal er durch die erzwungenen häufigen Präparatewechsel das Vertrauensverhältnis Arzt-Apotheker-Patient und damit im Endeffekt die Compliance des Patienten gefährdet sieht. Die Rabattverträge müssen ernst genommen und erfüllt werden, aber es besteht nach wie vor die – leider viel zu selten ergriffene – Möglichkeit, pharmazeutische Bedenken anzumelden: Die Sonder-PZN für diese Fälle wird noch viel zu wenig genutzt!
Forderung: Gendiagnostik nicht ohne Apotheker
Mit großem Bedauern wurde auf dem Podium festgestellt, dass die Apotheker in das Gendiagnostikgesetz, das sich auf dem Weg durch die parlamentarischen Instanzen befindet, zum jetzigen Zeitpunkt nicht eingebunden sind. Die Regierung will dieses Gesetz unbedingt noch in dieser Legislaturperiode durchbringen. Eckert-Lill sicherte zu, dass, auch wenn die Apotheker jetzt keine Berücksichtigung finden, ABDA und die DPhG sich intensiv darum bemühen, dies in der Zukunft zu ändern. Es geht dabei nicht darum, Krankheiten zu identifizieren, zu diagnostizieren oder zu behandeln – das ist den Ärzten vorbehalten. Es geht dabei um das ureigenste Betätigungsfeld eines Apothekers: mithilfe diagnostischer Maßnahmen (Genotyp-Bestimmung) Vorhersagen von Arzneimittelwirksamkeit und -verträglichkeit zu treffen, um Kunden und Ärzte hinsichtlich der optimalen individuellen Arzneistoffauswahl beraten zu dürfen. Die Forderung nach einem Arztvorbehalt bei diagnostischen Verfahren muss dabei sehr ernst genommen werden, weil der Laie mit dem Begriff Diagnostik unwillkürlich Krankheiten verbindet. So sieht es auch das momentan diskutierte Gendiagnostikgesetz vor, das einen strengen Arztvorbehalt definiert.
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