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Arzneimittelporträt
Lidocain in der Behandlung der akuten Pharyngitis
Viele Menschen haben gerade während der nasskalten Jahreszeit mit Halsschmerzen zu kämpfen. Sie kündigen sich durch ein leichtes Kribbeln und Kratzen im Hals an, die Schleimhäute im Hals-Rachen-Raum schwellen an und röten sich, hinzu kommen Schluckbeschwerden, Xerostomie und oftmals auch Schmerzen beim Reden. Auslöser für den Halsschmerz ist meist eine durch Viren verursachte Entzündung.
Durch Reizung und/oder Schädigung der Zellen im Hals wird die Durchblutung gesteigert – eine natürliche Reaktion des Körpers, den Erreger schneller abzutransportieren – das Schleimhautgewebe reagiert mit Rötung (rubor), Erwärmung (calor) und Schwellung (tumor). Über die Nervenbahnen werden die Vorgänge dem Gehirn gemeldet, und es entsteht die Schmerzempfindung (dolor), die sich dann in Form des Halsschmerzes äußert.
Symptomatische Behandlung
Akute Halsschmerzen stellen in der Apotheke eine wiederholte Fragestellung dar, bei welcher der Patient eine Medikationsempfehlung erwartet, die ihm eine rasche und effiziente Linderung der Beschwerden verschafft. Eine kausale Behandlung der viralen Infektion im Hals-Rachen-Raum ist weder möglich noch indiziert, daher sollte bei einer akuten Pharyngitis in erster Linie eine symptomatische Behandlung im Vordergrund stehen, welche dem Patienten eine rasche Schmerzlinderung verschafft.
Der Hals-Rachen-Raum bietet sich für eine lokale Therapie an – er ist prinzipiell leicht zugänglich, und Arzneimittel können direkt am Wirkort appliziert und in tiefer liegende Regionen des Rachens transportiert werden; daher stellen Lutschtabletten eine gute therapeutische Möglichkeit bei der topischen Behandlung von akuter Pharyngitis dar. Infolge des Schluckreflexes werden bei dieser Formulierung sowohl der vordere Teil der Mundhöhle als auch der untere Teile des Rachens erreicht.
Gegenwärtig sind in der Apotheke zahlreiche OTC-Präparate mit dem lokalanästhetisch wirkenden und etablierten Wirkstoff Lidocain in den unterschiedlichsten Konzentrationen erhältlich. Hierbei handelt es sich zumeist um Produkte, die mit einem oder zwei anderen Wirkstoffen kombiniert sind. Lokalanästhetisch wirkende Monopräparate, wie Trachisan® Halsschmerztabletten mit 8 mg Lidocain, welche zur kurzzeitigen lokalen Behandlung von Halsschmerzen bei nicht eitrigen Infektionen indiziert sind, bilden in Deutschland hingegen noch die Ausnahme, gewinnen jedoch immer mehr an Bedeutung.
Halsschmerzen
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Wirkungsweise von Lidocain
Die topische Anwendung von Lidocain auf Schleimhäuten ist seit Jahrzehnten bekannt. Das Lokalanästhetikum vom Säureamidtyp ist in seiner Wirkung, Sicherheit und Verträglichkeit sehr gut untersucht und gehört zu den meist verwendeten Lokalanästhetika. Nach Applikation diffundiert Lidocain rasch zu den Nozizeptoren, deren Erregbarkeit dadurch reversibel und örtlich begrenzt herabgesetzt wird. Als Folge kommt es zu einer umgehenden Suppression der Schmerzempfindung und damit der Halsschmerzen und der Schluckbeschwerden, den typischen Symptomen einer akuten Pharyngitis.
Die untersuchte Medikation der referierten Studie ist eine neu entwickelte Formulierung mit 8 mg Lidocainhydrochlorid für die Behandlung bei akuten Halsschmerzen, die nicht notwendigerweise mit Antibiotika behandelt werden müssen. Diese Dosierung wurde in einer Dosisfindungsstudie als die optimal verträgliche Wirkstoffkonzentration je Tablette ermittelt. Hierbei wurden Patienten mit Halsschmerzen mit Lutschtabletten, die unterschiedliche Mengen an Lidocain enthielten, behandelt. Die Lutschtabletten mit 8 mg Lidocainhydrochlorid zeigten hierbei die beste Wirksamkeit bei gleichzeitig guter Verträglichkeit [4].
Die im Folgenden beschriebene randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Studie hatte die Bewertung der Wirksamkeit und Sicherheit der Therapie mit Lidocain 8 mg Halsschmerztabletten zum Ziel.
Indikationen für einen Arztbesuch
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Patienten und Studiendesign
Insgesamt wurden 240 Patienten beiderlei Geschlechts mit einer akuten Pharyngitis in diese Studie eingeschlossen. Standardausschlusskriterien innerhalb dieser Studie waren z. B. primäre und sekundäre bakterielle Infektionen des Rachens oder der Mandeln.
Gemäß einem im Voraus festgelegten Zufallsprinzip wurden die Patienten dann in zwei Gruppen aufgeteilt, wobei die Verumgruppe das zu Prüfmedikament Lidocain 8 mg Halsschmerztabletten erhielt (weitere Inhaltsstoffe: Sorbitol, Pfefferminzöl als Aromastoff und Magnesiumstearat), wohingegen die andere Gruppe ein Placebo erhielt. Durch die vorgenommene Doppelverblindung wussten weder Patient noch Prüfarzt, ob das Prüfpräparat oder ein Placebo verabreicht wurde.
Die Studie bestand aus zwei Haupt-Studienphasen: einer zweistündigen, stationären Phase, gefolgt von einer zweitägigen ambulanten Phase. Während der stationären Phase bewerteten die Patienten den Effekt einer einzelnen Lutschtablette über den Zeitraum von zwei Stunden anhand der Änderung des Schmerzgeschehens. In der darauffolgenden ambulanten Phase war die Bewertung der Einnahme von maximal elf Tabletten vorgesehen (je nach Bedarf konnten bis zu 6 Tabletten innerhalb von 24 Stunden im Abstand von mindestens zwei Stunden eingenommen werden).
Direkt vor dem Lutschen der ersten Halsschmerztablette (erste Studienphase) wurden die Patienten aufgefordert, eine Schmerzbeurteilung anhand der visuellen Analog Skala (Visual Analogue Scale, VAS) durchzuführen. Bei dieser Methode, einem etablierten Standardverfahren in klinischen Prüfungen von schmerzstillend wirksamen Medikamenten, schätzt der Patient die empfundene Schmerzintensität auf einer Skala von 100 mm Länge, wobei 0 mm "keinem Schmerz" und 100 mm einem "sehr starken Schmerz" entsprechen. Einschlusskriterium war eine Schmerzintensität von über 60 mm.
Unter Beobachtung eines Mitglieds des Studienteams lutschte jeder Patient die erste Tablette, bis diese vollständig aufgelöst war. Anschließend beurteilte er die Schmerzintensität zu folgenden Zeitpunkten: 0 Minuten (d. h. direkt nach Auflösen der Tablette) sowie 10, 20, 30, 40, 60, 80, 100 und 120 Minuten danach.
Am Ende der stationären Phase erhielt jeder Patient ein Tagebuch, um in der ambulanten Phase Datum und Uhrzeit weiterer Tabletteneinnahmen sowie weitere Schmerzbeurteilungen 4, 6, 24 und 48 Stunden nach der ersten Applikation einzutragen. Darüber hinaus wurden individuelle Einschätzungen zur Wirksamkeit und Verträglichkeit anhand eines Vier-Punkte-Scores (1 = sehr gut, 2 = gut, 3 = mittelmäßig, 4 = schlecht) ebenfalls auf diese Weise gesammelt. Mögliche Nebenwirkungen und weitere eingenommene Begleitmedikamente sollten ebenfalls in das Tagebuch eingetragen werden. Generell wurden die Patienten dazu angehalten, möglichst keine weiteren Medikamente einzunehmen (außer z. B. erlaubte Medikation für chronische Erkrankungen).
Nach der zweitägigen ambulanten Phase kamen die Patienten zur Abschlussuntersuchung nochmals zur Visite und gaben eine erneute Einschätzung der globalen Verträglichkeit und Wirksamkeit ab. Eine Abschlussuntersuchung mit Messung von Blutdruck und Puls sowie einer Untersuchung des Halses und Respirationstraktes beendete die klinischen Maßnahmen. Falls notwendig, wurden weitere therapeutische Maßnahmen eingeleitet.
Auswertung und Ergebnisse
Die Schmerzbeurteilung durch die Patienten anhand der VAS zeigte in beiden Phasen der Studie eine klare Überlegenheit der Lidocain-Behandlung gegenüber dem Placebo. Eine spürbare Schmerzlinderung (≤ 50% bezogen auf die VAS) erzielten fast 40% der Patienten innerhalb der ersten 2 Stunden; nach mehrfacher Gabe des Prüfmedikaments in den nachfolgenden 48 Stunden waren es sogar über 70%. Unter Placebo lagen die Werte mit 11,7% bzw. 34,2% deutlich niedriger (s. Grafiken).
Die statistische Auswertung (ANCOVA-Analyse) zeigt, dass in den ersten beiden Stunden nach Gabe der ersten Lutschtablette der Unterschied in der Schmerzintensität zwischen der Verumgruppe und der Placebogruppe statistisch hoch signifikant war (p < 0,001). Im Mittel war die Fläche unter der Kurve (Area Under the Curve, AUC) in der Verumgruppe 20% kleiner als in der Placebogruppe. Während der ambulanten Phase ergaben die Werte in der Verumgruppe sogar eine 25% kleinere AUC als in der Placebogruppe, d. h. einen relativen Behandlungseffekt von 75%. Demnach waren die Lidocain-haltigen Halsschmerztabletten in der Schmerzlinderung dem Placebo klar überlegen.
Die Mehrheit der Patienten bewertete die allgemeine Wirksamkeit der Verum-Medikation auf der 4‑Punkte-Skala mit 2 ("gut"), wohingegen die Mehrheit der Patienten in der Placebogruppe zu jedem Beobachtungszeitpunkt die Note 4 ("schlecht") gab Das Ergebnis zeigt also auch hier einen klaren Vorteil des Medikaments gegenüber dem Placebo.
Die allgemeine Verträglichkeit wurde von der Mehrheit der Patienten sowohl in der Verum- als auch in der Placebogruppe mit "sehr gut" bis "gut" bewertet. Das Vorkommen von unerwünschten Ereignissen war gering und über beide Gruppen gleichmäßig verteilt, wobei keine als schwerwiegend einzustufenden Ereignisse auftraten. Eine Erklärung für das Vorkommen von unerwünschten Ereignissen könnte die – therapeutisch durchaus erwünschte – lokale Betäubung im Hals-Rachen-Raum sein, die gelegentlich zu einem leichten Unbehagen des Patienten führt, da die Empfindung für Kälte, Wärme und Berührung herabgesetzt wird. Insgesamt zeigt das Ergebnis, dass mit den Halsschmerztabletten eine sichere und gut verträgliche Behandlung gewährleistet werden kann.
Arzneimittelinformation
Trachisan
®
Halsschmerztabletten
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Schlussfolgerung
Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass durch die Anwendung von Trachisan® Halsschmerztabletten mit 8 mg Lidocain eine rasche und effiziente Schmerz- und Beschwerdelinderung bei Patienten mit akuter Pharyngitis erzielt werden kann und die Lutschtabletten somit ein gutes Mittel in der Selbstmedikation darstellen. Darüber hinaus ist für die Empfehlung in der Selbstmedikation wichtig, dass eine hochsignifikante Patientenzufriedenheit nachgewiesen werden konnte und damit auch die Compliance hoch war.
Allergische Reaktionen kommen bei Lidocain selten vor (< 1%). Im Gegensatz dazu zählt das ebenfalls lokalanästhetisch wirksame Benzocain laut Literatur [2] zu den Stoffen, die weltweit als eine der häufigsten Ursachen einer arzneimittelbedingten Kontaktallergie genannt werden. Hierbei kommt es häufig zu allergischen Reaktionen bis hin zur Anaphylaxie oder zum Bronchospasmus. In diesem Fall wird ein Wechsel zu einem Lokalanästhetikum vom Säureamidtyp wie z. B. Lidocain empfohlen.
Für Benzocain liegen keine eindeutigen Wirksamkeitsuntersuchungen für die Anwendung bei schmerzhaften Entzündungen im Hals-Rachen-Raum vor, wohingegen die Anwendung von Lidocain zur Schleimhaut- und Oberflächenanästhesie bei Eingriffen im HNO-Bereich als gesichert gilt.
Abgerundet wird das Wirkprofil des Lidocain durch eine als sehr gering einzustufende Toxizität. Dies konnte in einer pharmakokinetischen Studie [5] nachgewiesen werden.
Im Hinblick auf Wirksamkeit und Verträglichkeit ist die Anwendung von Lidocain vor Benzocain deutlich zu favorisieren, um eine sichere und risikoarme Therapie zu gewährleisten.
Die meisten Kombinationspräparate enthalten häufig nur Antiseptika, einige in Kombination mit lokal wirksamen Antibiotika. Einige der Produkte enthalten zusätzlich ein Lokalanästhetikum, aber meist in zu niedriger Konzentration. Da Halsschmerzen häufig durch Viren ausgelöst werden, ist der Einsatz von antiseptisch oder antibiotisch wirkenden Substanzen nicht indiziert. Schlimmstenfalls kann es bei den auf der Schleimhautoberfläche siedelnden Bakterien sogar zu einer Selektion resistenter Keime führen, da die Antibiotika die in der Tiefe des Gewebes sitzenden Erreger nicht erreichen, sodass sie auch diesbezüglich keine Wirksamkeit entfalten können.
Für die Pharyngitis-Patienten steht eine möglichst rasche Linderung der Schmerzen im Vordergrund. Dies wird durch das Monopräparat Trachisan® Halsschmerztabletten mit 8 mg Lidocain erreicht.
Aus obigen Ausführungen und den Ergebnissen der beschriebenen Studie lässt sich für Trachisan® Halsschmerztabletten mit 8 mg Lidocain insgesamt ein positives Nutzen-Risiko-Profil ableiten. Dies schafft eine gute Basis für eine verantwortungsvolle Beratung in der Apotheke und kann als wichtiges Entscheidungskriterium dienen sowie zur Kundenzufriedenheit beitragen.
Literatur[1] Wonnemann M, et al. Lidocaine 8 mg sore throat lozenges in the treatment of acute pharyngitis. A new therapeutic option investigated in comparison to placebo. Arzneimittel-Forschung / Drug Research 2007;57(11):689 – 697.[2] Blaschek W, et al (Hrsg). Hagers Enzyklopädie der Arzneistoffe und Drogen, 6. Aufl., Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2007.[3] Mutschler E, et al. Arzneimittelwirkungen, 9. Aufl., Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2008.[4] Unveröffentlichte Daten Engelhard Arzneimittel: A study to investigate the pharmacokinetic profile of lignocaine from lozenges at steady state. [5] Unveröffentlichte Daten Engelhard Arzneimittel: Clinical dose-finding trial of lidocaine lozenges in comparison to placebo in patients with acute pharyngitis.AutorenSaynab Atiye und Dr. Manuela Stauss-Grabo Engelhard Arzneimittel GmbH & Co. KG Herzbergstr. 3, 61138 Niederdorfelden Dr. Meinolf Wonnemann, SocraMetrics GmbHMainzerhofplatz 14, 99084 ErfurtProf. Dr. Henning Blume, SocraTec R&D GmbHFeldbergstr. 27 – 29, 61440 Oberursel
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