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Arzneimittel und Therapie
Kein eindeutiges Votum für Sibutramin-Marktrücknahme
Sibutramin-haltige Schlankheitsmittel stehen in Europa seit Anfang 2010 nicht mehr zur Verfügung. Die Präparate wurden vom Markt genommen, nachdem der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) dem Appetitzügler ein negatives Nutzen/Risiko-Verhältnis bescheinigt und das Ruhen der Zulassung empfohlen hatte. Ausschlaggebend waren unter anderem die vorläufigen Ergebnisse der SCOUT-Studie (Sibutramine Cardiovascular Morbidity/Mortality Outcomes in Overweight or Obese Subjects at Risk of a Cardiovascular Event), die auf ein potenziell erhöhtes kardiovaskuläres Risiko hingewiesen hatten.
Anders dagegen in den USA. Dort sind Sibutramin-haltige Schlankheitsmittel nach wie vor im Handel, weil die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA eine Bewertung erst auf Basis der vollständigen Veröffentlichung der SCOUT-Studie vornehmen wollte. Inzwischen ist die Studie im New England Journal of Medicine publiziert (s. Kasten) und von einem 16-köpfigen Gremium der FDA begutachtet worden.
Die SCOUT-StudieIn die SCOUT-Studie (Sibutramine Cardiovascular Morbidity/Mortality Outcomes in Overweight or Obese Subjects at Risk of a Cardiovascular Event) wurden 10.744 übergewichtige oder adipöse Patienten mit kardiovaskulären Vorerkrankungen und/oder Typ-2-Diabetes aufgenommen, die 55 Jahre und älter waren. Mit der Studie sollte geklärt werden, wie sich eine durch Sibutramin-Langzeitbehandlung unterstützte Gewichtsreduktion auf kardiovaskuläre Ereignisse von dafür besonders prädisponierten Patienten auswirkt. Zunächst erhielten alle Patienten im Rahmen eines Gewichtsmanagement-Programms über sechs Wochen Sibutramin, danach wurden 9804 Patienten randomisiert und doppelblind entweder mit Sibutramin (4906 Patienten) oder Placebo (4898 Patienten) weiterbehandelt. Als primärer Endpunkt war die Zeit von Beginn der Randomisierung bis zum Auftreten eines nichttödlichen Herzinfarkts, eines nichttödlichen Schlaganfalls, Wiederbelebung nach Herzstillstand oder kardiovaskulärer Tod definiert. Die durchschnittliche Behandlungsdauer betrug 3,4 Jahre. Im Schnitt nahmen die Patienten in den ersten sechs Wochen 2,6 kg ab, nach Randomisierung betrug der zusätzliche Gewichtsverlust in der Sibutramin-Gruppe 1,7 kg. Ein Ereignis des primären Endpunktes erreichten 11,4% der Patienten der Sibutramin- und 10% der Placebo-Gruppe. Nichttödliche Herzinfarkte traten dabei bei 4,1% der Patienten der Sibutramin-Gruppe und 3,2% der Patienten der Placebo-Gruppe auf, nichttödliche Schlaganfälle erlitten 2,6% der Verum- und 1,9% der Placebo-Gruppe. Kardiovaskuläre und andere Todesfälle traten unter Sibutramin-Behandlung nicht häufiger auf. |
Das Ergebnis ist gespalten. Acht Gutachter votierten vor dem Hintergrund eines erhöhten kardiovaskulären Risikos und dem zweifelhaften Nutzen für eine Marktrücknahme, sechs Mitglieder empfahlen einen zusätzlichen verschärften Warnhinweis (boxed warning) sowie eine eingeschränkte Abgabe nur über speziell geschulte Ärzte. Zwei Mitglieder hielten den verschärften Warnhinweis verbunden mit einem intensivierten Monitoring von Blutdruck, Herzfrequenz und Körpergewicht für ausreichend.
Vor diesem Hintergrund ist es unklar, ob die FDA Sibutramin in den USA vom Markt nehmen wird. Im Januar 2010 hatte die FDA aufgrund der vorläufigen SCOUT-Ergebnisse weitere Kontraindikationen verfügt wie koronare Herzerkrankung, Herzinsuffizienz, Rhythmusstörungen, unkontrollierte Hypertonie.Schlaganfall und TIA in der Anamnese. Möglicherweise wird dies als ausreichend erachtet.
Quelle www.endocrinetoday.com 17. 9. 2010 James WPT et al: N Engl J Med 2010; 363: 905 – 917
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Zum WeiterlesenSibutramin wieder in der Diskussion. DAZ 2010, Nr. 36, S. 38 – 39 Sibutramin-Vermarktung europaweit ausgesetzt. DAZ 2010, Nr. 4, S. 52 – 53 Erhöhtes kardiovaskuläres Risiko unter Sibutramin. DAZ 2009, Nr. 48, S. 35 – 36 |
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