Gesundheitspolitik

ABDA droht schwerer Imageschaden

Spionage im BMG - ABDA: nichts damit zu tun – Im Fokus: Verbindung zu Apotheke adhoc

Berlin (lk). Der Spionagefall im Bundesgesundheitsministerium (BMG) erschüttert die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA). Ein "Lobbyist der Apothekerschaft" soll sich gegen Bezahlung mithilfe eines IT-Spezialisten auf illegale Weise geheime Unterlagen beschafft haben. Medien spekulieren, dass es sich dabei um den früheren ABDA-Pressesprecher Thomas Bellartz handelt. Die ABDA beteuert, von den Vorgängen nichts gewusst zu haben. In den Fokus geraten nun aber die Verbindungen der ABDA zum von Bellartz mitgegründeten Branchendienst Apotheke adhoc. Der Standesvertretung der Apothekerschaft droht ein schwerer Imageschaden.

Ins Rollen gebracht wurde der Spionagefall durch eine Anzeige des BMG. Nach eigenen Angaben wunderte sich Minister Daniel Bahr (FDP) seit längerer Zeit über immer wieder auftauchende Unterlagen und Details aus seinem Ministerium. Erster Anstoß war die Veröffentlichung eines noch nicht einmal Bahr bekannten Entwurfs zur Apothekenbetriebsordnung im Sommer 2010 auf dem Onlineportal Apotheke adhoc. Jetzt ermitteln die Staatsanwälte, ob diese Dokumente auf illegale Weise beschafft wurden.

Anfang September erhielt Bahr einen konkreten Hinweis auf Datenklau im BMG. Am 11. September erstattete Bahr Strafanzeige und am 14. September Strafantrag. Das Landeskriminalamt schaltete sich in die Ermittlungen ein. Bahr: "Das ist keine Lappalie, sondern eine Riesensauerei." Einige Medien sehen in den Vorgängen sogar den größten Lobbyskandal des deutschen Politikbetriebs. Am 10. Dezember berichtete DAZ.online als erstes Medium über den Spionagefall.

Am 20. November fanden Durchsuchungen im BMG, bei einem externen IT-Experten und beim "Lobbyisten der Apothekerschaft" statt. Es wurden Computer und Daten sichergestellt. Nach bisheriger Kenntnis stellt sich die Sachlage so dar: Ein IT-Spezialist der Firma Bechtle soll über einen längeren Zeitraum regelmäßig geheime Daten aus dem BMG gegen Bezahlung kopiert und an den Lobbyisten weitergeleitet haben. Die Firma Bechtle wartet nicht nur für das BMG die EDV-, Informations- und Computersysteme. Der Mitarbeiter war in der höchsten Sicherheitsstufe eingestuft, ist identifiziert, beurlaubt und wird von der Staatsanwaltschaft befragt.

Keine offiziellen Angaben macht die Staatsanwaltschaft zur Identität des "Lobbyisten aus der Apothekerschaft". In den Medien konzentriert sich der Verdacht inzwischen jedoch auf den früheren ABDA-Pressesprecher Thomas Bellartz. Seine Art der Amtsführung steht jetzt unter verschärfter Beobachtung. Offiziell will die ABDA nicht wissen, gegen welchen Lobbyisten ermittelt wird. Gleichwohl hat der designierte ABDA-Präsident Friedemann Schmidt inzwischen Fehler im Umgang mit dem Arbeitsverhältnis von Thomas Bellartz und seinen Verbindungen zu Apotheke adhoc eingeräumt. Nach Angaben Bahrs arbeitet die Staatsanwaltschaft mit Hochdruck an der Aufklärung des Falles, sodass in Kürze mit weiteren Einzelheiten zu rechnen ist.


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AZ 2012, Nr. 51/52, S. 1

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