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"Es geht nur gemeinsam"

Apotheken als integraler Bestandteil einer zukunftsorientierten Gesundheitsversorgung

POTSDAM (diz). Auch wenn sich der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen in seinem letzten Gutachten von 2009 zum Thema "Koordination und Integration – Gesundheitsversorgung in einer Gesellschaft des längeren Lebens" schwerpunktmäßig nicht mit Apotheken befasst hat, so werden sie dennoch erwähnt als integraler Bestandteil einer zukunftsorientierten gesundheitlichen Versorgung. Dies machte Prof. Dr. Ferdinand M. Gerlach, stellvertretender Vorsitzender des Sachverständigenrates, in seinem Vortrag auf dem Wirtschaftsforum des Deutschen Apothekerverbands in Potsdam deutlich.
Prof. Dr. Ferdinand M. Gerlach betonte auf dem Wirtschaftsforum die Bedeutung einer guten Zusammenarbeit zwischen Apothekern und Ärzten. Foto: DAZ/diz

Das Gutachten widmet sich in weiten Teilen der Frage der Primärversorgung, bei der Ärzte die große Rolle spielen. Apotheken sollen dagegen im Rahmen eines Behandlungsnetzes oder einer integrierten Versorgung zu Beratungszentren in der Arzneimitteltherapie werden sowohl für die Ärzte und die Angehörigen anderer Gesundheitsberufe als auch für die Patienten und Verbraucher. Es gebe hierzu bereits Beispiele im Ausland, wie Apotheken einbezogen sein können. Dabei stellt das Gutachten fest, dass in keinem dieser Beispiele Organisationsform und Besitzverhältnisse der Apotheke (eigentümergeführte Apotheke, Versandapotheken, Apotheke im Fremdbesitz wie z. B. eine Kettenapotheke) weder fördernd noch behindernd eine erkennbare Rolle spielten. Die Übernahme professioneller Verantwortung durch die Apotheker und ihr Beitrag einer arzneimittelorientierten Kompetenz im Rahmen der Kooperation mit anderen Leistungserbringern ist allerdings an bestimmte qualifikationsfördernde Ausbildungs- oder Weiterbildungsmaßnahmen gebunden, heißt es im Gutachten weiter. Voraussetzung sei zudem, dass die Medikationsübersicht für die jeweiligen Patienten transparent und vollständig vorliege.

Der Sachverständigenrat sieht die Apotheken in einem zukünftigen System einer sektorübergreifenden populationsbezogenen Versorgung als Institution, die stärker als heute die Verantwortung für die Qualität und Wirtschaftlichkeit bei der Arzneimittelauswahl mitträgt. Wörtlich heißt es in dem Gutachten: "Sie sind dann eingebunden in ein integratives Versorgungsnetz mit einer versichertenbezogenen pauschalen Honorierung … Sie sind dann mitverantwortlich für die finanziellen und qualitativen Auswirkungen der Arzneimitteltherapie für die jeweilige Population … Bei einer Weiterentwicklung des Gesundheitssystems hin zu einer koordinierten generationenspezifischen und regional differenzierten Versorgung muss eine Apotheke in Kooperation mit den Ärzten die Verantwortung für die Auswahl und Bereitstellung der Arzneimittel übernehmen und sich an einer patientenorientierten pharmazeutischen Betreuung und Begleitung (pharmaceutical care, medication reviews) aktiv beteiligen. Die Honorierung der Apotheken wird in diesem Fall wie die der beteiligten Ärzte und nichtärztlichen Berufsangehörigen im Rahmen des Capitation-Modells nach intern abgestimmten Verteilungsmustern geregelt."

Die Gutachter können sich auch vorstellen, dass die Arzneimittelversorgung aufrecht erhalten werden kann durch den Versandhandel aus Apotheken oder in Rezeptsammelstellen der Netzapotheken "vor Ort" (Pick-upStationen, z. B. in Supermärkten): "Die gesammelten Rezepte werden von Mitarbeitern der Netzapotheke abgeholt, die verordneten Arzneimittel werden dann am nächsten Tag in der Rezeptsammelstelle ausgegeben. In solchen Fällen ist allerdings sicherzustellen, dass eine telefonische Beratung jederzeit möglich ist."

Zusammen mit weiteren Maßnahmen kommt das Gutachten für die Apotheken zu dem Schluss, dass sich "die Rolle der Apotheken von einer derzeit eher passiven Institution für die Arzneimitteldistribution zu einer Institution, die gemeinsam mit den Ärzten und den Angehörigen nichtärztlicher Gesundheitsberufe im Rahmen veränderter Organisations- und Finanzierungsstrukturen aktiv in den erfolgreichen Einkauf, in die richtige Auswahl, in die effektive Anwendung, in die Vermittlung industrieunabhängiger und auf den Ergebnissen der evidenzbasierten Medizin beruhenden Informationen sowie in das Monitoring der Arzneimitteltherapie eingebunden ist".


Infos im Web


Das Gutachten kann in einer Lang- oder Kurzfassung im Internet heruntergeladen werden:

www.svr-gesundheit.de



DAZ 2012, Nr. 18, S. 24

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