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Ab Januar kann geLOBt werden

Tarifvertrag zur Leistungsorientierten Bezahlung (LOB) abgeschlossen

Nach zähen Verhandlungen haben sich die Apothekengewerkschaft Adexa und die Tarifgemeinschaft der Arbeitgeber (TGL) Nordrhein am 16. August auf einen neuen Gehaltstarifvertrag geeinigt mit Geltung vom 1. September 2012. Für Berufsanfänger steigen die Einstiegsgehälter überproportional. Die Vergütung für Pharmazeuten im Praktikum wird im ersten Halbjahr auf BAföG-Niveau (670 Euro) angehoben. Zum 1. Januar 2013 tritt außerdem ein Tarifvertrag zur Leistungsorientierten Bezahlung (TV LOB) in Kraft, mit dem weitere 1,5% erreicht werden können.
Bessere Leistung, mehr Gehalt Neu in einem Tarifvertrag ab Januar 2013: die Leistungsorientierte Bezahlung (LOB). Das Verhalten, messbar mithilfe von Leistungsmerkmalen, soll das Gehalt mitbestimmen. Foto: DAZ/Schelbert

Apothekenleiter können zum Jahreswechsel entscheiden, ob sie den Tarifvertrag zur Leistungsorientierten Bezahlung (LOB) für ihre Mitarbeiter anwenden, und müssen dies dann individuell und schriftlich mit ihren Angestellten vereinbaren. Ziel von LOB ist es, die eigenverantwortliche und selbstständige Arbeit sowie die Arbeitszufriedenheit zu fördern, die Kommunikation und Zusammenarbeit zu verbessern und eine positive Feedbackkultur in der Apotheke aufzubauen bzw. zu unterstützen. Dafür ist für die Laufzeit ein jährliches Volumen von 1,5% des tariflichen Grundgehalts vereinbart worden. Wir fragten bei den beiden Tarifparteien nach, ob sie mit dem Erreichten zufrieden sind und wie sie den Zusatzvertrag, der nun LOB einführen wird, beurteilen.


Dr. Heidrun Hoch Foto: TGL Nordrhein

"Leistung soll sich lohnen dürfen!"

Interview mit Dr. Heidrun Hoch, Vorsitzende der TGL Nordrhein:


DAZ: Frau Hoch, nach "zähen Verhandlungen", wie es heißt, konnte sich die TGL Nordrhein und die Adexa Apothekengewerkschaft nun doch auf einen neuen Gehaltstarifvertrag einigen. Er soll ab 1. September 2012 gelten. Ab 1. Januar 2013 tritt darüber hinaus ein Tarifvertrag zur Leistungsorientierten Vergütung (TV LOB) in Kraft. Sind Sie mit dem Erreichten zufrieden? Ein Durchbruch in der Tariflandschaft?

Hoch: Wir haben in diesem Jahr mit den Gremien der Adexa außerordentlich konstruktive und atmosphärisch stimmige Gespräche geführt. Die wirtschaftliche Situation der Apotheken wurde auf beiden Seiten realistisch eingeschätzt und ich denke, wir können mit dem Erreichten sehr zufrieden sein. Einmal mehr wurde uns bewusst, wie wichtig ein Schulterschluss gerade in schwierigen Zeiten ist.

Als echten Durchbruch möchte ich den Tarifvertrag zur Leistungsorientierten Bezahlung (LOB) bezeichnen. Hier hat Nordrhein nun eine echte Vorreiterrolle. Die Bewertung erfolgt ergebnisorientiert. Interessanterweise hat das der Vorsitzende des ADA vor wenigen Jahren als nicht machbar bezeichnet.

Die Vertreter der Mitarbeiter, die das Konzept mitentwickelt haben, zeigten sich innovativ und leistungsbereit. Die Bedingungen unseres Konzepts sind fair, transparent und motivationsfördernd.


DAZ: Könnten Sie die wesentlichen Elemente des neuen Gehaltstarifvertrags kurz erläutern? Was steht im Vordergrund, worauf wurde besonders Wert gelegt?

Hoch: Der neue Gehaltstarifvertrag ist insbesondere darauf angelegt, jüngere Mitarbeiter zu fördern. Leider setzte uns unser eingeschränkter finanzieller Handlungsspielraum dabei enge Grenzen.

Wir sind bemüht, gemeinsam mit der Adexa den "Arbeitsplatz Apotheke" attraktiv zu gestalten.


DAZ: Warum fiel es dieses Mal so schwer, bis ein neuer Gehaltstarifvertrag unter Dach und Fach war?

Hoch: Wie Sie wissen, wurde unser Fixaufschlag mit heutigem Datum (7. September 2012) seit genau 3172 Tagen nicht angepasst. Die Teuerungsrate vom 1. Januar 2004 bis August 2012 beträgt 14,4%, der Personalkostenzuwachs im Bundesdurchschnitt 28%. Im Bereich Rezeptur, Notdienst und Betäubungsmittelversorgung wird – gesetzlich verordnet – mit Unterdeckung gearbeitet. Da steht man in Tarifverhandlungen mit dem Rücken zur Wand.


DAZ: Wie kam die ausgehandelte Gehaltserhöhung bei den Mitgliedern der TGL Nordrhein in dieser für viele Apotheken finanziell schwierigen Zeit an?

Hoch: Das Ergebnis einer Umfrage bei unseren Mitgliedern zeigte unter anderem den ausdrücklichen Wunsch nach einem neuen Tarifabschluss. Selbstverständlich ist eine neue Gehaltstabelle immer mit Mehrkosten verbunden. Nach einer Nullrunde im Jahr 2011 haben wir uns die Entscheidung nicht leicht gemacht und mit einem Höchstmaß an Verantwortung nach beiden Seiten gehandelt. Schließlich sitzen wir gewissermaßen mit unseren Mitarbeitern in einem Boot. Kampfgeist sollten wir an anderer Stelle einsetzen, nämlich dort, wo man den Wert unserer Arbeit missachtet, uns mit unzumutbaren Vorschriften einengt, mit Bürokratie überfrachtet und unsere berechtigten Forderungen ignoriert.


DAZ: Ein Novum in der Tariflandschaft der Apotheke ist der TV LOB. Warum hat man das LOB-System eingeführt? Was sind die wichtigsten Elemente von LOB? Was steht im Hintergrund?

Hoch: Leistung soll sich lohnen dürfen! Bereits im Jahr 2008 beschloss die Jahreshauptversammlung der TGL die Entwicklung eines entsprechenden Konzepts zur Leistungsorientierten Bezahlung. Wichtige Voraussetzung sollte die Ergebnisorientierung der Leistungsbewertung sein, d. h., nicht der Schulungsaufwand sollte entscheidend das Gehalt bestimmen, sondern das Verhalten, messbar mithilfe von Leistungsmerkmalen. Diese müssen ein Maximum an Objektivität und Transparenz ermöglichen und als fair empfunden werden.

LOB soll einen Beitrag leisten zur Förderung der eigenverantwortlichen und selbstständigen Arbeit, zur Arbeitszufriedenheit, zur Verbesserung der Kommunikation, der Zusammenarbeit und dem Aufbau einer positiven Feedback-Kultur in der Apotheke. Außerdem ist LOB bestens geeignet die Qualität zu verbessern. Wir stellen hierfür einen gesonderten Prozess für die QM-Handbücher zur Verfügung.


DAZ: Haben Sie schon ein Feedback aus dem Mitgliederkreis, wie groß die Bereitschaft sein wird, LOB im nächsten Jahr einzuführen?

Hoch: Es gab schon seit Erstellung des Konzepts Anfang 2010 reges Interesse, auch aus anderen Bundesländern, das sich allerdings nicht in Zahlen messen ließ. Ab Januar 2013 ist LOB auf freiwilliger Basis tariflich verankert. Wir planen zunächst Informationsveranstaltungen zum Prozedere des Leistungsbewertungsverfahrens und den Möglichkeiten der praktischen und arbeitsrechtlichen Umsetzung. Veränderungen sind immer eine Herausforderung, kosten Überzeugungsarbeit und Zeit. Wir sind sicher, dass sich unser Konzept mehr und mehr durchsetzen wird. Es bildet die Grundlage, gewissermaßen eine Basis zur Weiterentwicklung.


Tanja Kratt Foto: Adexa

Für attraktivere Arbeitsplätze in Apotheken

Interview mit Tanja Kratt, zweite Vorsitzende von Adexa und Expertin für Tarifverträge


DAZ: Frau Kratt, nach "zähen Verhandlungen", wie es heißt, konnte sich die Apothekengewerkschaft Adexa und die TGL Nordrhein nun doch auf einen neuen Gehaltstarifvertrag einigen. Er soll ab 1. September 2012 gelten. Ab 1. Januar 2013 tritt darüber hinaus ein Tarifvertrag zur Leistungsorientierten Vergütung (TV LOB) in Kraft. Sind Sie mit dem Erreichten zufrieden? Ein Durchbruch in der Tariflandschaft?

Kratt: Wir sprechen von zähen Verhandlungen, weil wir über diverse Monate hinweg und mit Unterbrechungen gleich zwei Verträge verhandelt haben. Der Tarifvertrag zur leistungsorientierten Bezahlung war schon seit einigen Jahren Thema in den Verhandlungen. Jetzt beide Verträge gleichzeitig abzuschließen ist angesichts des umfangreichen Inhalts ein beachtlicher Erfolg. Insofern sind wir mit dem Ergebnis zufrieden!


DAZ: Könnten Sie die wesentlichen Elemente des neuen Gehaltstarifvertrags kurz erläutern? Was steht im Vordergrund, worauf wurde besonders Wert gelegt?

Kratt: Ein wesentliches Ziel war, die Attraktivität von Arbeits- und Ausbildungsplätzen in öffentlichen Apotheken zu steigern. In Zeiten von Nachwuchs- und absehbarem Fachkräftemangel sind die Eingangsgehälter daher prozentual stärker gestiegen. Grundsätzlich haben aber alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Gehaltserhöhungen profitiert.

Ganz wichtig war auch die Anhebung der Ausbildungsvergütung für PhiP im ersten halben Jahr auf BAföG-Niveau, damit wieder mehr Pharmaziestudierende den Weg in die öffentlichen Apotheken gehen.


DAZ: Warum fiel es dieses Mal so schwer, bis ein neuer Gehaltstarifvertrag unter Dach und Fach war?

Kratt: Um es einmal salopp auszudrücken: Tarifverträge im Apothekenbereich fallen grundsätzlich nicht vom Himmel. Sie sind regelmäßig harte Verhandlungsarbeit – auch schon in wirtschaftlich einfacheren Zeiten. Umso mehr jetzt, als die politischen Rahmenbedingungen immer und immer wieder die finanzielle Planbarkeit beeinflussen. Kaum ein anderer Bereich im Gesundheitswesen ist wohl so häufig mit gesetzlichen Änderungen und Sparauflagen konfrontiert wie die öffentlichen Apotheken. Dies wirkt sich natürlich auf das Tempo und die Ergebnisse von Tarifverhandlungen aus.


DAZ: Wie kam die ausgehandelte Gehaltserhöhung bei den Mitgliedern der TGL Nordrhein in dieser für viele Apotheken finanziell schwierigen Zeit an?

Kratt: Das können wir tatsächlich noch nicht beurteilen, da wir bisher nur sehr wenige Rückmeldungen erhalten haben. Wir gehen aber davon aus, dass die Nordrheiner Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber diesen Tarifvertrag akzeptieren, schon weil einige Zeit ins Land zog, bis es zu diesen Gehaltserhöhungen kam, und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht länger auf adäquate Anpassungen ihrer Gehälter verzichten können.

In der aktuellen Auseinandersetzung mit der Politik um die Apothekenhonorierung sind diese moderaten Gehaltserhöhungen in Nordrhein nachvollziehbar und beinhalten natürlich steigende Personalkosten, die aber unumgänglich sind.


DAZ: Ein Novum in der Tariflandschaft der Apotheke ist der TV LOB. Warum hat man das LOB-System eingeführt? Was steht im Hintergrund?

Kratt: Wie der Name des Vertrages schon sagt, soll sich die persönliche Leistung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter lohnen und entsprechend honoriert werden – dafür werden maximal 1,5% des Bruttolohns ausgelobt. Dies war bisher nicht der Fall, da Tarifverträge unabhängig von der individuellen Leistung abgeschlossen wurden.

Wesentlich ist, dass ein Austausch zwischen Apothekenleitung und Angestellten über Ziele und Erwartungen stattfindet und gefördert wird. Im Vordergrund steht dabei die Verantwortung für den eigenen Arbeitsbereich und die Selbstständigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wodurch sich die Arbeitszufriedenheit steigern soll.

Insgesamt soll der LOB-Vertrag zu einer guten und zielführenden Kommunikation zwischen Apothekenleitung und Team beitragen. Wichtig ist uns auch gewesen, dass die Bewertung im Gespräch erörtert wird und für Streitfälle eine Schiedsstelle vorgesehen ist.


DAZ: Haben Sie schon ein Feedback aus dem Mitgliederkreis, wie groß die Bereitschaft sein wird, LOB im nächsten Jahr einzuführen?

Kratt: Bisher gibt es dazu noch kein Feedback. Das ist aber auch nicht verwunderlich, denn der LOB-TV tritt ja erst zum 1. Januar 2013 in Kraft und Apothekenleiter sowie Mitarbeiter müssen sich zunächst ausführlich damit beschäftigen. Eine detaillierte Erläuterung veröffentlichen wir dazu in der nächsten Ausgabe unserer Mitgliederzeitschrift Spektrum. Ausschlaggebend ist allerdings vor allem die Entscheidung der Apothekenleitung, ob LOB in dem jeweiligen Betrieb etabliert werden soll.



DAZ 2012, Nr. 37, S. 33

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