Gesundheitspolitik

Verweis und 750 Euro Bußgeld für Easy-Apothekerin

Gießen (ks). Derzeit befassen sich Berufsgerichte quer durch die Republik mit von Apotheken beworbenen Geldprämien für die Einlösung von Rezepten. Wer dachte, nach den Urteilen des Bundesgerichtshofs vom September 2010 bestehe Klarheit über die (Un-)zulässigkeit solcher Werbemaßnahmen, hat sich getäuscht. Es zeigt sich immer wieder: Was wettbewerbsrechtlich zulässig sein mag, kann berufs- oder auch aufsichtsrechtlich durchaus Konsequenzen haben. Nun hat das Berufsgericht für Heilberufe beim Verwaltungsgericht Gießen eine Easy-Apothekerin wegen der Auslobung einer Prämie von bis zu 3 Euro pro Rezept verurteilt.

Die Apothekerin hatte im November 2010 in ihrem Einzugsbereich über Zeitungsannoncen und Flyer für die "easyRezept-Prämie" geworben. Darin hieß es: "Für die Einlösung eines Rezeptes bekommen Sie pro verschreibungspflichtigem Arzneimittel einen 1,00-Euro-Einkaufsgutschein geschenkt – sofort einlösbar! Pro Rezept erhalten Sie für maximal drei Arzneimittel einen Einkaufsgutschein. Einkaufsgutscheine können nur beim Kauf von nicht-rezeptpflichtigen Artikeln eingelöst werden. Eine Barauszahlung des Gutscheinbetrags und eine Auszahlung von Restbeträgen ist nicht möglich."

Die Landesapothekerkammer Hessen sieht durch diese Auslobung die Preisbindung für apotheken- bzw. verschreibungspflichtige Arzneimittel umgangen. Die beschuldigte Apothekerin argumentierte dagegen, sie habe ihre Apotheke – eine Filialapotheke – damals neu eröffnet, und Werbemaßnahmen zur Kundenbindung müssten ihr rechtlich möglich sein, um ein auskömmliches Betriebsergebnis zu erreichen. Ein Preiswettbewerb unter Apothekern sei angesichts der im Grundgesetz verankerten Berufsausübungsfreiheit zuzulassen.

Der Bundesgerichtshof hatte im September 2010 entschieden, dass derartige Rx-Boni wettbewerbsrechtlich unzulässig sind, wenn sie geeignet sind, die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern "spürbar" zu beeinträchtigen. Das Berufsgericht weist in seiner Pressemitteilung darauf hin, dass teilweise die Auffassung vertreten werde, im Hinblick auf das Postulat der "Einheit der Rechtsordnung" oder den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz müsse diese "Spürbarkeitsschwelle" auch im öffentlichen Recht (z. B. bei Untersagungsverfügungen) oder im disziplinarähnlichen Berufsrecht – wie hier – angewendet werden. Bei der Auslobung von einem Euro pro Medikament sei diese Geringfügigkeitsschwelle nicht überschritten.

Das hessische Berufsgericht folgte dieser Auffassung jedoch nicht und verurteilte die Apothekerin wegen Verstoßes gegen die Vorschriften der Arzneimittelpreisbindung. Ihr wurde unter Erteilung eines Verweises eine Geldbuße von 750 Euro auferlegt. Die schriftlichen Urteilsgründe sind nun noch abzuwarten. Nach ihrer Zustellung ist die Berufung an das Landesberufsgericht bei dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof möglich.

Erst wenige Tage zuvor hatte das Gießener Gericht eine andere Apothekerin, die 50-Cent-Gutscheine gewährte, verurteilt – hier kam die Beschuldigte allerdings mit einer Verwarnung davon (AZ 2013, Nr. 18, S. 2). Auch das Berufsgericht Berlin hatte in einigen am 16. April ergangenen Urteilen mehrere Apotheker wegen der Werbung für Rx-Gutscheine verurteilt – die ausgesprochenen Maßnahmen reichten von der Warnung bis zu einer Geldbuße in Höhe von 5000 Euro (AZ 2013, Nr. 17, S. 3).

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