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Die Seite 3

Totgesagte leben länger!

Die Apothekenbetriebsordnungsnovelle von 2012 war noch gar nicht in Kraft, schon machte die Nachricht vom „Tod der Defektur“ die Runde. Besonders bedauerlich war dabei, dass selbst einige Standesvertreter meinten, das Totenglöcklein läuten zu müssen.
Dr. Andreas Ziegler, Redakteur der DAZ

Manche riefen gar nach dem Verordnungsgeber und verlangten eine Nachbesserung in Sachen Defektur, ohne zu realisieren, welch großen Gestaltungsspielraum der Verordnungstext diesbezüglich eröffnet. Doch statt die hieraus resultierenden Möglichkeiten im Sinne des Berufsstandes zu nutzen und mit Leben zu erfüllen, verstärkten sie die Verunsicherung vieler Apotheken. Das Hauptproblem der Defektur besteht mithin nicht etwa in den unüberwindlichen Hürden der Apothekenbetriebsordnung, sondern vor allem in der Verwirrung, die durch die vage Formulierung des Verordnungstextes und die prominent vorgetragenen, unreflektierten Meinungsäußerungen Einzelner gestiftet wurde.

Vielerorts hoffte man, ein eindeutiges Statement der Pharmazieräte könnte verbliebene Unklarheiten beseitigen und der Defektur wieder ein festes Fundament geben, insbesondere nachdem die Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte Deutschlands in ihrer Resolution von 2012 ein klares Bekenntnis für den Erhalt der Defektur abgelegt und die Veröffentlichung allgemeiner Standards für die Defekturprüfung angekündigt hatte. Was im Oktober 2013 folgte, war zwar ein eindeutiger Fingerzeig in Richtung einer risikoorientierten Defekturprüfung, der Konkretisierungsgrad blieb jedoch hinter den Erwartungen zurück. So bieten letztlich auch die Ausführungen der Pharmazieräte große Interpretationsspielräume und lassen die erhoffte Klarheit vermissen.

Diese DAZ-Ausgabe will einen Beitrag leisten, die in puncto Defekturprüfung nach wie vor bestehende Verunsicherung zu beseitigen. Dreh- und Angelpunkt ist hierbei eine standardisierte Risikobeurteilung, aus der sich konkrete Prüfempfehlungen ableiten lassen, ohne jedoch Anspruch auf Allgemeinverbindlichkeit zu erheben. Das Konzept versteht sich vielmehr als flexible Handreichung, die jederzeit modifiziert und auf den einzelnen Apothekenbetrieb angepasst werden kann.

Die grundsätzliche Notwendigkeit pragmatischer Lösungen für die Defekturprüfung steht indes außer Frage, denn industriell hergestellte Fertigarzneimittel können nicht alle individuellen Patientenbedürfnisse befriedigen. Rezeptur und Defektur sind demnach unverzichtbare Elemente der Arzneimittelversorgung. Damit Apotheken diese Aufgabe auch weiterhin erfüllen können, bedarf es jedoch geeigneter Rahmenbedingungen, die einen adäquaten Ausgleich schaffen zwischen berechtigtem Patienteninteresse einerseits und dem für Apotheken zumutbaren Aufwand andererseits. In diesem Sinne ist die risikoorientierte Defekturprüfung ein wegweisendes Konzept, das geeignet ist, die Defektur auch unter den neuen rechtlichen Gegebenheiten dauerhaft in den Apotheken zu verankern. Auf dass sich das alte Sprichwort bewahrheite: Totgesagte leben länger!

Dr. Andreas Ziegler

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