Gesundheitspolitik

Trümper: AEP-Chef Graefe schwadroniert wie Varoufakis

Phagro-Chef Trümper über die Skonti-Klage und die Konsequenzen

BERLIN (lk) |

Mit einer scharfen ­Reaktion auf die Äußerungen des AEP-Chefs Graefe hat sich der Vorsitzende des Großhandelsverbandes Phagro, Dr. Thomas Trümper, in die Debatte über die Skonti-Klage der Wettbewerbszentrale eingeschaltet. AEP sei kein vollversorgender Großhandel, sondern ein „Rosinenpicker“, der mit seinen Fangprämien den Apothekern schade. Und anstatt sich mit der Klage der Wett­bewerbszentrale sachlich auseinanderzusetzen, „schwadroniere“ AEP-Geschäftsführer Jens Graefe im Stile des griechischen Finanz­ministers Varoufakis „ungezügelt über mögliche Initiatoren“, kritisierte der Phagro-Chef im ­Gespräch mit der AZ.

Foto: AZ/Schelbert

Dr. Thomas Trümper (hier bei der Eröffnung der Expopharm 2014) wirft AEP vor, mit ihrer kurzsichtigen Vorgehensweise den Apotheken zu schaden.

Wie Varoufakis sei Graefe „in Sachen Kommunikation und Eigen-PR stärker als in der Substanz“, so Trümper. Graefe habe sich mit AEP mehrfach als der wahre Freund der Apotheken dargestellt. Das stimme vielleicht für diejenigen, die ohne zu überlegen jeden Euro mitnähmen, der sich biete. „Der Apothekerschaft insgesamt allerdings schadet das Verhalten von AEP ungemein. Bislang gab es noch nie einen Pharmagroßhändler, der seine individuellen Kon­ditionen auf Flugblättern oder Transporterwänden veröffentlicht hat“, so Trümper im Gespräch mit der AZ.

Diese scheinbare Transparenz von AEP erwecke den Eindruck, Angebote in AEP-Größenordnung seien üblich im Markt und flächendeckend verbreitet. Trümper: „Man kann sich nun vorstellen, dass der DAV bei der Politik gegen Betonwände läuft, wenn er eine höhere Vergütung für Apotheken erreichen will.“ Bisher habe man in der Branche nur von hohen Konditionen gesprochen, „wie diese aber im Einzelnen aussehen und verteilt sind, beruht auf Spekulationen und Gerüchten“. Nun habe AEP der Politik „eine Steilvorlage gegen die Interessen der Apotheker“ geboten.

Damit nicht genug: Mit der Behauptung gegenüber der Politik, AEP könne günstiger als der klassische Großhandel arbeiten, werde auch hier auf Bauernfängerei gehofft. AEP sei erst seit Kurzem auf dem Markt und habe finanzkräftige Eigentümer im Hintergrund. Aber aufgrund des kurzen Bestehens des Unternehmens sei noch nicht bewiesen, ob das Konzept überhaupt überlebensfähig sei, so Trümper weiter.

„Und dann kommen wir zu einem entscheidenden fachlichen Aspekt. AEP ist definitiv kein vollversorgender Großhändler im Sinne des Gesetzes“, sagte Trümper zur AZ. Wenn man nicht biete, was andere leisteten, sei es einfach zu behaupten, man arbeite preiswerter. Trümper: „Am Ende läuft dann das Konzept auf Rosinenpickerei hinaus. Es gibt definitiv keine einzige Apotheke, die ausschließlich von AEP beliefert wird.“ Gerne verbesserten einige Apotheken ihren Rohertrag durch den Bezug bei AEP, sicherten aber ganz selbstverständlich ihr Tagesgeschäft mit den Leistungen des vollversorgenden Großhandels ab. Dass für diesen dann das Geschäft teurer wird, werde billigend in Kauf genommen. „Für mich ist das eine sehr kurzsichtige Geschäftspolitik, ökonomisch macht sie eh keinen Sinn“, so Trümper.

Die Klage der Wettbewerbszentrale sei anscheinend zum Lieblingsthema von AEP-Geschäftsführer Graefe geworden: „Anstatt sich mit dem Sachverhalt vernünftig auseinanderzusetzen, schwadroniert Herr Graefe ungezügelt über mögliche Initiatoren“, so Trümper weiter. Dabei entgingen ihm einfachste Sachzusammenhänge. So habe Noweda-Chef Hollmann auf der lnterpharm auf Befragen erklärt, dass eine ganze Reihe von Initiatoren infrage käme, so auch die Industrie. Trümper: „Natürlich musste Herr Graefe das unmittelbar kommentieren, ohne zu verstehen, wie Herr ­Hollmann das eigentlich gemeint hatte.“

Durch die Angebote von AEP werde für die Industrie das Direktgeschäft praktisch unmöglich gemacht. Der Anteil an Direktlieferungen sei in den letzten Monaten dramatisch gesunken. „Es sind also die hohen Gesamtkonditionen aus Rabatt und Skonto ohne entsprechende Gegenleistung, die der Industrie im Direktgeschäft schaden“, sagte Trümper. Es gebe keine gesetzliche Pflicht der Hersteller zur Belieferung von Rosinenpickern. Trümper: „Und mit Skonti der Industrie, wie Herr Graefe die Äußerung von Herrn Hollmann ­interpretierte, hat das alles gar nichts zu tun.“

Trümper versicherte erneut, dass weder er persönlich noch der PHAGRO hinter der Skonto-Klage der Wettbewerbszentrale steckten. Auch AEP-Geschäftsführer Graefe weise dies weit von sich. „Das allerdings, meine ich, wäre wirklich eine gute Tat für die Apotheker gewesen“, sagte Trümper mit Blick auf den Entwurf des Justizministers zum Anti-Korruptionsgesetz. „Stellt sich nach einer gerichtlichen Klärung heraus, dass Skonti in der Form, wie sie von AEP ohne erkennbare Gegenleistung und zudem als Gesamtrabatt angeboten werden, nicht zulässig sind, dann wird es unter dem neuen Gesetz strafrechtlich nicht nur eng für die Herren bei AEP, sondern auch für alle Apotheken, die diese Angebote angenommen haben.“

Diese kontrovers diskutierte Frage gerichtlich klären zu lassen, müsste also im ureigenen Interesse von AEP liegen. Trümper: „Dass sich Herr Graefe so empört, zeigt eigentlich nur, wie sehr er am eigenen Konzept zweifelt und fürchtet, dass hier auch seine Apothekenkunden plötzlich vor ganz unangenehmen Fragen stehen können. Die Akteure in unserem Markt haben immer noch nicht realisiert, dass es sich hier nicht um Kavaliersdelikte, sondern zukünftig um Straftaten handeln kann. Davor kann und darf man nicht die Augen verschließen.“ |

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.