Gesundheitspolitik

Retax-Lösung kommt gut an

BERLIN (ks) | Endlich gibt es den Kompromiss zur Retax-Vermeidung wegen geringfügiger Formfehler. Kassen und Apotheker sind zufrieden – ebenso die Politik.

Lange haben Deutscher Apothekerverband (DAV) und GKV-Spitzenverband um eine Ergänzung ihres Rahmenvertrags über die Arzneimittelversorgung gerungen. Mithilfe der Schiedsstelle unter dem Vorsitzenden Dr. Rainer Hess ist diese seit vergangener Woche Dienstag vollbracht. Am Mittwoch, dem 1. Juni, werden die neuen Regelungen in Kraft treten. Sie gelten dann für alle Beanstandungen, die künftig ausgesprochen werden oder bei denen das Beanstandungsverfahren noch nicht abgeschlossen wurde.

Neuer Ansatz im Rahmenvertrag

Der neue § 3 des Rahmenvertrages, der den Zahlungs- und Lieferanspruch regelt, wird künftig nicht mehr wenige Zeilen lang sein, sondern sich über gut vier Seiten erstrecken. Grundsätzlich entsteht der gesetzliche Vergütungsanspruch des Apothekers, wenn er seine Leistungspflicht erfüllt, eine „gültige ordnungsgemäße vertragsärztliche Verordnung“ zu beliefern. Der Großteil des neuen Paragrafen nennt nun Fälle, in denen der Vergütungsanspruch trotz nicht ordnungsgemäßer Verordnung oder Belieferung entsteht. Das ist unter anderem der Fall, wenn es sich um einen „unbedeutenden, die Arzneimittelsicherheit und die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nicht wesentlich tangierenden, insbesondere formalen Fehler handelt“. Dieser Generalklausel folgt eine „Insbesondere“-Aufzählung möglicher Fälle, die aber nicht abschließend ist.

In der Politik kam die Einigung gut an. Es war schließlich der Gesetzgeber, der Kassen und Apothekern aufgegeben hatte, eine solche Lösung zu finden. Die Grundlage legte die Große Koalition im Sommer 2015 im GKV-Versorgungsstärkungsgesetz. Da sich die Rahmenvertragspartner binnen der gesetzten Sechs-Monatsfrist nicht einigen konnten, wurde die mit Juristen besetzte Schiedsstelle angerufen. Dr. Rainer Hess als Vorsitzender und die beiden anderen unabhängigen Mitglieder, Professor Ingwer Ebsen und Dr. Elmar Mand, schafften es, die streitenden Parteien nach einigen Anlaufschwierigkeiten doch noch zu einem Kompromiss zu bewegen.

SPD und CDU begrüßen mehr Sicherheit für Apotheker

Foto: Tobias Pietsch

Hofft, dass es jetzt Rechtsicherheit gibt Hilde Mattheis, SPD.

„Ich hoffe, die neue Regelung führt zu Rechtssicherheit für Apotheker und Krankenkassen“, sagte Hilde Mattheis, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion. Zu Recht hätten sich Apotheker in den vergangenen Monaten über die uneinheitliche Praxis einzelner Kassen bei der Beanstandung von Rezepten beschwert. „Die vielfach beanstandeten Formfehler waren aufgrund der unterschiedlichen Regeln zustande gekommen und stellten eine Unsicherheit bei der Medikamentenausgabe dar, die für Apotheker so nicht in Ordnung war“, sagte die SPD-Politikerin DAZ.online. Sie wies noch einmal auf das kürzlich von den Regierungsfraktionen entworfene Arbeitspapier zum Pharmadialog hin. Dort habe man empfohlen, das Thema erneut aufzugreifen. „Es ist schön, dass dies nun zeitnah gelungen ist“, so Mattheis.

Ähnlich äußerte sich die gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Maria Michalk. Mag sie auch etwas länger gedauert haben als erwartet: „Wichtig ist, dass die Regelung jetzt Sicherheit für alle Beteiligten bedeutet.“ Dadurch, dass die Regelungen einvernehmlich getroffen wurden, sei die Voraussetzung erfüllt, dass sie auch von allen Seiten schnellstmöglich und konstruktiv umgesetzt werden können.

Auch Michalks Fraktionskollege Roy Kühne (CDU), der sich zuletzt intensiv für die Apotheker im Retax-Streit eingesetzt hatte, freut sich, dass es nun endlich einen ­Beschluss gibt: „Mir war es ein Anliegen, das Thema Retaxierung anzusprechen und zu diskutieren, weil die bisherigen Regelungen die Apotheker in teilweise schwierige wirtschaftliche Situationen gebracht haben“, erklärte er. Und weiter: „In der Versorgung der Patienten darf es keine unterschiedlichen Interpretationen von bestehenden Regelungen durch die beteiligten Akteure geben. Rechtsunsicherheiten schaden letztlich auch den Patienten. Deshalb ist dies eine wichtige Entscheidung, die es schnell umzusetzen gilt.“

Auch Grüne zufrieden

Kordula Schulz-Asche, in der Bundestagsfraktion der Grünen zuständig für das Thema Arzneimittel, zeigte sich ebenfalls zufrieden, „dass es endlich gelungen ist, das leidige Thema der Retaxierung ­zulasten der Apotheker abzuräumen.“ Die Oppositionspolitikerin sagte DAZ.online: „Die ‚Strafe‘ der Retaxierung aufgrund kleinster Formfehler war ja immer wieder ein überflüssiges Ärgernis.“ Eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Krankenkassen und Apothekern sei sehr wichtig. „Nun bleibt abzuwarten, wie sich die Einigung in der Praxis bewährt“, so Schulz-Asche. |

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