Die Seite 3

Ein Trauerspiel

Foto: DAZ/Kahrmann

Dr. Doris Uhl, Chefredakteurin der DAZ

Es ist schon ein Trauerspiel, das sich um den Antrag zur Aufarbeitung der Evidenz von OTC-Arzneimitteln rankt. Dieser Antrag ist auf dem Deutschen Apothekertag 2014 gestellt und mit großer Mehrheit angenommen worden. Und obwohl auch der geschäftsführende Vorstand der ABDA diesen Antrag begrüßt hat, kann man bis heute nicht erkennen, dass er im Sinne der Antragsteller umgesetzt werden soll. Die Antragsteller und die Protagonisten wünschen eine unabhängige Aufarbeitung durch eine unabhängige, apothekereigene und fachlich kompetente Organisation wie die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK). Die Ergebnisse sollten dann idealerweise durch eine Einbindung in die ABDA–Datenbank der Apothekerschaft zur Verfügung gestellt werden. Das haben sie vor Kurzem in einem offenen Brief an Friedemann Schmidt verdeutlicht (DAZ 2016, Nr. 1, S. 20). Doch die ABDA scheut sich.

Im September 2015 wurde ein Fortschreibungsbericht der ABDA publik, dem zu entnehmen war, dass nicht die AMK, sondern die ABDA-Tochter Govi-Verlag den Auftrag erhalten hat, einen Projektplan zu erstellen. Dem Bericht zufolge schwebt dem geschäftsführenden Vorstand wohl ein zu abonnierender Newsletter vor, der den Entscheidungsprozess bei der Auswahl von OTC-Arzneimitteln fördert. Zudem soll eine Datenbank mit Kasuistiken eingerichtet werden. Darüber hinaus ist jetzt noch eine Datensammlung im Gespräch, jedoch, wie BAK-Präsident Dr. Andreas Kiefer betonte, ohne jegliche Wertung. Eine OTC-Ampel werde es nicht geben, so seine Botschaft (s. Bericht „Keine OTC-Ampel, aber eine ­Datensammlung“, Seite 11).

Aber warum scheut nur unser Berufsstand eine offizielle, von einem unabhängigen Gremium zu treffende Evidenzbewertung von OTC-Arzneimitteln? Es ist doch für eine glaubwürdige Beratung Grundvoraussetzung, dass Apotheker und PTA dem Patienten sagen können, was er von Arzneimitteln in der Selbstmedikation zu erwarten hat.

Eine Datensammlung ist sicher ein Schritt in die richtige Richtung, doch erst eine evidenzbasierte Bewertung der Studien wird für die notwendige Transparenz sorgen. Sicher kann jeder Apotheker mit einer Datensammlung leichter eine eigene Wertung vornehmen als ohne. Doch mit einer Einordnung durch eine unabhängige Institution wie der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker hätte man nicht nur den Apothekern und PTA für die Beratung einen besonderen Service geboten. Man hätte auch endlich ein ganz klares Signal gesetzt gegen den Dauervorwurf, Apotheker würden auf Teufel komm raus – ohne aufzuklären – alles verkaufen.

Ein solches Projekt kostet Geld, keine Frage. Aber eine von allen Apothekern getragene evidenzbasierte Bewertung der OTC-Arzneimittel wäre eine vertrauensbildende Maßnahme in die Beratung der Apotheke vor Ort, gegen die eine ebenfalls nicht zum Nulltarif zu habende Hochglanzkampagne lächelnder Apotheker nur verblassen kann. Sie würde die OTC-Hersteller stärken, die schon jetzt in Studien investieren und Belege für die Wirksamkeit ihrer Arzneimittel liefern. Und sie würde den Druck auf die erhöhen, die sich bislang um die Durchführung von Studien und damit um Wirksamkeitsnachweise drücken.

Es ist sicher richtig, dass wir in der Apotheke dem Patienten nicht sagen können, was er zu nehmen hat und was nicht. Unsere Aufgabe ist es, ihn so zu informieren und zu beraten, dass er für sich eine gute Entscheidung treffen kann. Das kann mit einer OTC-Ampel nicht gelingen. Aber die haben die Antragsteller auch nicht gefordert.

Dr. Doris Uhl


1 Kommentar

Trauerspiel

von Bernd Jas am 27.01.2016 um 17:41 Uhr

Danke Frau Dr. Uhl,
das ist sehr gut auf den Punkt gebracht.
Nichtbeachtung findende und ins Leere laufende Hochglanzkampagnen sind rausgeschmissenes Geld genauso wie diese gern verbreitete Rumampelei. Das braucht kein Mensch und es war auch nicht so gemeint. Das schafft nur wieder neue Bürokratie und Ärger genau wie mit der Substitutionsausschlussliste.
Wir bräuchten endlich mal mehr Rückendeckung und Unterstützung in unserer täglichen Arbeit in der Officin.
Aber wenn gute Ideen weder richtig wahrgenommen noch durchgesetzt werden kann man Frau Aures nur Recht geben:
"kognitive Vollblockade"

Schöne Grüße
Bernd Jas

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