Das EuGH-Urteil

Ohne Preisbindung nun das Apothekensterben?

Foto: DAZ/diz
Prof. Gerd Glaeske ist in den Medien als Apotheken­experte gefragt.

Man konnte nach der Verkündung des EuGH-Urteils mitzählen: 21, 22, 23 – und dann kam das böse Wort vom Apothekensterben. Kam das Urteil aber wirklich so überraschend? Die Aufhebung der Preisbindung der zweiten Hand wie für Arzneimittel oder Bücher war schon lange ein Thema vieler Kommissionen oder Sachverständigenräte – schon vor dem Urteil der Luxemburger Richter. Eine solche Regelung passt letztlich nicht in das Umfeld eines wettbewerblich organisierten, verbraucherorientierten Warenverkehrs in der EU. Daher war die gesetzliche Regelung aus dem Jahre 2004 mehr als vernünftig, die finanzielle Basis der Apotheken nicht mehr an den Verkaufspreis von Arzneimitteln zu binden, sondern ein „Abgabehonorar“ zu vereinbaren, das in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nach Abzug eines Kassenrabattes von derzeit etwa 6,60 Euro, in der PKV 8,35 Euro beträgt. Alleine in der GKV macht dieses ­Honorar bei den rund 660 Mio. verordneten Arzneimittelpackungen ca. 4,3 Milliarden Euro aus plus etwa 0,6 Milliarden Euro aus der dreiprozentigen Bewirtschaftungspauschale – ohne die Aufschläge für Rezepturen und die Pauschale für die PKV-Verordnungen. Sicherlich ist es denkbar, dass durch die „Motivation“ einzelner Kassen der Anteil von Versicherten wachsen wird, der bei ausländischen Versandapotheken bestellt, weil Rabatte vor allem für die Kassen einen Anreiz bilden. Daher sollte der verlorengegangenen Preisbindung eine oft fachlich und persönlich optimierungsbedürftige Patientenbindung sowie eine intelligente Vertragsbasis mit den Kassen ent­gegengesetzt werden, all das dürfte auf Dauer weit wirkungsvoller sein als es die Preisbindung je war.

Zurück zum Apothekensterben: Der Wegfall der Preisbindung wird eine ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung nicht gefährden – die wäre auch, wie viele Experten meinen, mit einer Apotheke pro 5000 Einwohner gewährleistet – und davon sind wir weit entfernt. Wie bei den Ärzten geht es nämlich auch bei den Apotheken um die bedarfsgerechte Verteilung – und da wird man feststellen, dass sich noch „viel Luft“ im System befindet.


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